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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Bericht über die Generalversammlung des Bayer. Kunstgewerbevereins vom 10. Feburar 1885
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https://doi.org/10.11588/diglit.7029#0032

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sowohl, als auch der vorübergehend hier weilenden Fremden, bekundet
sich stets in dem lebhaften Besuch der Ausstellungshalle, welcher nun-
mehr aus circa 50,000 Personen jährlich geschätzt werden darf; aber
auch die Zahl der xroduzirenden Vereinsmitglieder, welche von den
vortheilen der Palle Gebrauch machen wollen, vermehrt sich zusehends,
so daß die vorhandenen Ausstellungsräume zeitweise kaum alle die
eingesandten Erzeugnisse zu fassen vermögen. Auch im verflossenen
Jahre haben uns die wiederholten Besuche der Allerhöchsten pcrr-
schaften unseres Königshauses von deren fortdauernden Gunst über-
zeugt und obliegt es uns vor Allem, des erhabenen Protektors des
Vereins, Sr. Majestät des Königs, an dieser Stelle in Dankbarkeit
zu gedenken, Allerhöchst welcher dem Vereine das gnädigste Wohl-
wollen bewahrt und wieder eine namhafte Summe zu Ankäufen
bestimmt hatte.

Zu den Zahlenbelegen selbst übergehend, sind während des
Jahres 30,940 verkäufliche und 340 bereits in festen fänden befind-
liche Gegenstände im Gesammtwerthe von M. 387,44 t-45 der Aus-
stellungshalle neu cinverleibt und von dem Gesammtwaarenlager über
9356 Gegenstände im werthe von Ht. 359,472.93 verkauft worden,
von fraglichen Gegenständen wurden 70°/o speziell in München, 32°/o
im übrigen Bayern und \8°lo im sonstigen Deutschland erzeugt.
An Verkaufs-Provisionen ist hieraus der vereinskaffa eine Ein-
nahme von M. zs,335.rö erwachsen, ungerechnet der niedrig bemessenen
und mit aller Nachsicht in Anwendung gekommenen Platzmiethen.
An diesem bisher in solcher pöhe noch nicht erreichten Umsatz parti-
zipiren etwa zur pälfte der Fremdenverkehr und die sich stetig mehren-
den Bestellungen von auswärts, welch' letztere insgesammt zur Zu-
sriedenheit der Auftraggeber effektuirt wurden und sicher einen neuen
Beweis davon liefern, welches vertrauen dem Münchener Kunstge-
werbe und seinem Pauptvertreter, unserem Vereine, dauernd entgegen-
gebracht und wie seiner Produktion bereits am Weltmärkte Beachtung
geschenkt wird.

Noch sei erwähnt, daß diese Aufzeichnungen ausschließlich die
vom vereine direkt erzielten Resultate betreffen, während jene Geschäfte,
welche theils durch unsere Empfehlung und die Schaustellungen in der
Palle, theils auch durch das neuerdings in verbesserter Auflage er-
schienene und allgemein verbreitete Vereinsadreßbuch ohne unsere Ver-
mittlung, somit direkt zwischen den Bestellern und unseren Mitgliedern
vereinbart worden sind, sich naturgemäß unserer näheren Kenntniß
und Berechnung entziehen. Aus den uns ab und zu von Mitgliedern
gemachten Andeutungen, wie nach der sichtbaren Entwicklung mancher
hiesigen Firmen, läßt sich jedoch mit einiger Sicherheit schließen, daß
diese Privatbestellungen einen hoch anzuschlagenden Umsatz repräsen-
tiren, der alljährlich insbesondere nach auswärts und den entferntesten
Ländern erheblich zunimmt und zu dessen pflege und pebnng der
Verein im Interesse seiner Mitglieder auch ferners das ihm Mögliche
beizutragen bestrebt sein wird!"

Anknüxfend an diesen von der Generalversammlung mit lautem
Beifall entgegengenommenen Geschäftsbericht über die Vereins-Aus-
stellungshalle bemerkt der Vorsitzende, daß über den so erfreulichen
materiellen Erfolg der Palle nicht übersehen werden dürfe, daß die
aus den Verkäufen erzielte Einnahme keineswegs der pöhe des zur
Unterhaltung der Palle benöthigten Aufwandes gleichkomme, indem die
nicht unbedeutenden Kosten für Lokal, Personal und Regie der Palle
überhaupt aus der so gering bemessenen Verkaufsprovision nicht be-
stritten werden können I Der Mehraufwand für die Palle rechtfertige
sich aber vollkommen durch die andere wichtige Aufgabe dieses Vereins-
organes, durch Vorführung gediegener Arbeiten auf die Geschmacks-
bildung des schaffenden Kunsthandwerkers wie des kaufenden Publikums
fördernd einzuwirken, Wesen und Zweck des Vereines allen Schichten
der Bevölkerung zu verdeutlichen und hiedurch wieder die Wirksamkeit
des Vereines nach Möglichkeit zu erhöhen! Damit die Palle aber
diese ihre weitere Ausgabe so wie bisher auch ferners im vollen Maße
erfüllen kan», sei auf möglichst gute — den Anforderungen eines ge-
läuterten Geschmackes entsprechende Beschickung zu achten und erwachse
hiedurch der Prüfungskommission, welche über die Aufnahme aller
Gegenstände zu entscheiden habe, eine stets sich steigernde verant-
wortungsschwere Obliegenheit.

pierauf ertheilt der Vorsitzende perrn Vereinsarchitekt Brochier
zur Berichterstattung über den Vereinszeichensaal das wort.
Derselbe gibt Folgendes bekannt:

„Die Berichterstattung über die Thätigkeit des Zeichensaales im
verflossenen Jahre kann insoferne mit Befriedigung erfüllen, als die-
selbe ein stets sich steigerndes Interesse der hiesigen wie ganz besonders
der auswärtigen Vereinsmitglieder an diesem Organ der vereins-
thätigkeit erkennen läßt. So kamen im Laufe des verflossenen Jahres
dem Zeichensaale Bestellungen von 33 Auftraggebern zu, wovon 32
auf auswärtige Vereinsmitglieder entfallen. Die Erledigung dieser
Aufträge machte eine Anzahl von 82 Blatt Zeichnungen (gegen 77
im Vorjahre) erforderlich, welche sich auf die einzelnen Sparten kunst-

gewerblicher Thätigkeit in folgender weise vertheilt:

Für Schreiner- und Bildhauerarbeit ........ 38 Blatt

„ Gold-, Silber- und Gürtlerarbeit.35 „

„ Messingguß..• '3 "

„ Vignetten, Aquarelle, Zeichnungen für Zinkographie. 3z „

„ Goldstickerei- und Tapeziererarbeit.3 3 „

„ Eisenguß, Schlosser- und Kupferschmiedarbeit ... 33 „

„ Glasindustrie. • 3 „

somit in Summa 82 Blatt.

Außerdem wurden meinerseits für spezielle Vereinszwecke 3 Blatt
Zeichnungen angefertigt."

Dem gleichfalls beifällig aufgenommenen Bericht über den
Zeichensaal fügt der Vorsitzende die Bemerkung an, daß die zunehmende
Zahl der Entwürfe wohl an sich erfreulich sei, daß jedoch die Inan-
spruchnahme des Zeichensaales noch immer nicht der Größe des Vereins
wie den durch den Jeichensaal den Mitgliedern gebotenen vortheile
entsprechend sei. Der Vorsitzende wendet sich nunmehr zur Schilderung
der außergewöhnlichen Vorkommnisse im Verein und der Beziehungen
des Vereins nach Außen, soweit solche sich im Vorjahre kundgaben.
Derselbe berichtet hierüber:

„In erster Linie obliegt es mir, hier der schönen Feier am
4. November v. Is. zu gedenken, mit welcher wir unfern diesmaligen
Eyclus von Vereinsabenden eröffneten. Die einem vorjährigen vereins-
beschlusse gemäß durch Künstlerhand hergestellte Büste unseres Ehren-
vorstandes v. Miller gelangte an diesem Abende hier in unserm Fest-
saale zur Aufstellung und Enthüllung, und gestaltete sich dieser Fest-
vorgang zu einer erhebenden Feier und Ovation für die Persönlich-
keit unseres Ehrenvorstandes selbst. Mit diesem Akte hat der Verein
sein in der vorjährigen Jubiläumsadresse an perrn v. Miller gegebenes
Wort eingelöst, sich selbst und seinem peim aber eine hohe Zierde geschaffen,
die das Andenken an den „Vater des Vereines" sicher für alle Zeiten
im vereine wach erhalten wird! Allen an der Perstellung der Büste
betheiligten Künstlern aber, vor Allem perrn Bildhauer Paul Sayer
und den um die gelungene Ausführung der Büste in Bronce so ver-
dienten Söhnen des Gefeierten, den perren Friedrich, Ferdinand und
Ludwig v. Miller, sei hiemit wiederholt der wärmste Dank des Vereins
dargebachtl

Der auf unserm II. kunstgewerblichen Kongreß im perbste 3883
provisorisch ins Leben gerufene Verband deutscher Kunstgewerbe-vereine
hat durch die im Frühjahr v. Js. zu Frankfurt a. M. stattgefundene
Delegirtenversammlung, wobei auch unser Verein durch zwei Delegirte
vertreten war, seine definitive Form und Gestalt erhalten. Ist vorerst
auch eine greifbare Leistung des Verbandes nicht zu konstatiren, so
darf doch neben der dieser Vereinigung innewohnenden repräsentativen
Bedeutung der bereits stattgefundene Meinungsaustausch über das
Vorgehen des deutschen Kunstgewerbes in Sachen des Exports wie die
erzielte Verständigung in Angelegenheit der Antwcrxener Weltausstellung
als eine erste Errungenschaft des Verbandes angesehen und gewürdigt
werden, weiters ist hier die Mitwirkung unseres Vereines an dem
voriges Jahr dahier in Gemeinsamkeit mit sechs uns verwandten
hiesigen Körperschaften entstandenen „Bayerischen Lxportmustcrlager"
zu erwähnen, an welches Unternehmen der Verein im pinblick auf
Steigerung und Entwicklung unseres erst in den Anfängen befindlichen
Exportes große poffnungen knüpft. Durch die selbstständige und dem
Wesen des Exportes speziell angexaßte Organisation des Unternehmens
wird dasselbe sicher in der Lage sein, unserm Vereine mit der Zeit
eine wesentliche Stütze zu bieten. Für die Beschickung der in diesem
Jahre in Nürnberg stattfindenden Metallausstellung wurde seitens des
Vereines die Einladung hiezu an hervorragende Vertreter der ein-
schlägigen kunstgewerblichen Zweige bereitwilligst übernommen.

werfen wir noch zu guter Letzt einen Blick auf den vereins-
haushalt und die allseits getroffenen Maßnahmen zur richtigen Funk-
tionirung aller einzelnen vereinsorgane, um auch hier das Bild
 
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