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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Gmelin, Leopold: Internationale Ausstellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legierungen in Nürnberg 1885, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7029#0076

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G- 7 \ -§■

treten. Am Ueppigsten erscheint wohl
der norwegische Schmuck, wo Rosetten
bis zu 8 cm Durchmesser, schnallen
von im Ganzen s8—20 cm Länge keine
Seltenheit sind; meist ist es Silber,
bisweilen leicht vergoldet und an ein-
zelnen Partien durch Gmail gehoben.

Don feinster Wirkung ist namentlich die
geschickte Vertheilung von blinkenden
Schüsselchen, von kleinen Anöpfchen und
viereckigen Silbcrplättchen.

Auch die chinesischen Schmuck-
sachen beruhen durchweg auf der Fili-
grantechnik; in eminenter Leichtigkeit
werden große Blüthenzweige, Laubwerk
mit Vögel, Schmetterlinge aus dünnem
Blech hergestellt und mit dünnen Dräh-
ten an Stirnreisen, an Aufsteckkämmen
befestigt. Dabei sind all' die kleinen
Blechstückchen mit einem feinen Gold-
faden umzogen und mit sorgfältig
ausgeschnittenen farbigen Federn be-
klebt, so daß sie den Gindruck machen
wie Gmailarbeit. Gmail selbst kommt
selten daran vor, höchstens einige Steine, aber Alles in
denkbar naivster Weise. Gs wird nicht leicht einen Schmuck
geben, bei welchem die Biegsamkeit und Glastizität des
Goldes, sowie der heitere Charakter dieses Schmuckes so
zur Geltung kommt, wie an diesen vom orientalischen
Museum in Wien gesandten Stücken.

Line eigene Stellung nehmen die altjapanischen
Schnmckstücke ein, welche das Bayer. Gewerbe-Museum
ausgestellt. Gs sind wohl an die zwanzig Haarnadeln aus
Silber, deren dekorative Behandlung so recht den Charakter
des Leichten, des Fröhlichen an sich tragen; Blümchen,
Rügelchen an zierlichen Retten, Aäfer, Früchte rc. sind da
gleichfalls in der denkbar naivsten Weise, aber immer mit
einer natürlichen Grazie angebracht. Daß sie sehr häufig
in einen Ohrlöffel auslausen, kann ihren japanischen
Trägerinnen nur zur Ghre gereichen!

Sehr reich ist der Renaissance-Schmuck erschienen. Da-
hin rechnen wir auch den Ginband eines Brevier's, der
wegen seines außerordentlichen Reichthums und der ganzen
Behandlungsweise durchaus den Charakter des Schmuckes
trägt. Der prächtige, aus reinem Gold bestehende, mit
Gmail und Gdelsteinen reich bedachte Ginband war un-
streitig die perle der ganzen Ausstellung; er befindet sich
im Besitz des Herzog!. Museums zu Gotha und galt bisher
wegen der minutiösen Feinheit der Modellirung und der
raffinirt geschickten Verwendung des Gmails für eine
Arbeit Bcnvcnuto Cellini's. Dr. Stockbauer nimmt das-
selbe aber in dem von ihm geschriebenen „Führer durch die
Ausstellung" für deutsche, speziell Münchener Arbeit in
Anspruch und begründet diese Behauptung mit den in den
Schatzkammern zu München und Wien befindlichen ähn-
lichen Arbeiten. Das überaus große Gntgegenkommcn des
Herzog!. Museums, welches sich in der Rebersendung dieses
Unikum's bethätigt hat, kann nicht dankend genug aner-
kannt werden; auch an wirklichen Schmucksachen hat es
namhafte Schätze zur Verfügung gestellt. In erster Linie

X_

stehen hier einige plastisch reiche Ghren- und Vrdensketten
mit Gmail, Perlen, Diamanten geschmückt; dann einige
Halsketten in Goldfiligran mit dem seltenen a jour-Gmail
von entzückender Wirkung. An einer anderen Halskette
sind 29 antike geschnittene Steine zu einem vornehmen
Ganzen vereinigt. Gine ganze Reihe von emaillirten An-
hängern, Ringen u. s. w., wozu das Bayer. Gewerbe-
Museum, A. Fröschels in Hamburg, I. Hamburger in
Frankfurt und Dr. Marc Rosenberg in Rarlsruhe große
Contingente gestellt, illustriren die vorwiegend auf farbigen
Gffekt berechneten Arbeiten des XVI. und XVII. Jahr-
hunderts. Das XVIII. Jahrhundert mit seiner Vorliebe
für Diamantschmuck ist wohl am glänzendsten und reich-
haltigsten in den vom Bayer. Gewerbe-Museum und von
Dr. Rosenberg zur Verfügung gestellten Sammlungen
repräsentirt; es sind vorwiegend Chatelaines, Brochen mit
Anhängern und Ohrgehänge. Charakteristisch dafür ist
das im Ganzen bescheidene Relief, welches überall die un-
mittelbare Bearbeitung mit dem Stichel verräth, — der
flache Schnitt der von leichtem, oft unsymmetrischen Ranken-
werke umschlossenen Steine, das Vorwiegen des Diamantes,
dessen Feuer häufig durch eine schwarze Folie erhöht wird,
— dann die im vorigen Jahrhundert besonders beliebten
Nuancen verschiedener Goldlegierungen bei im Ganzen
vorherrschender Verwendung von Silber. Das Gmail ist
fast völlig verschwunden.

Schade, daß die historische Abtheilung mit dem begin-
nenden Gmpire-Stil abschließt! Gs müßte unseren heutigen
Juwelieren eine große Genugthuung sein, Werke der
Dreißiger- bis in die Sechziger-Jahre unseres Jahrhunderts
mit denen der Gegenwart zu vergleichen! Aber auch ein
Vergleich mit den älteren Arbeiten kann die heutigen
Juweliere wohl befriedigen, wenn auch nicht Alles so ist,
wie es sein könnte.

Betrachten wir die verschiedenen Techniken der Jetztzeit
in der Reihenfolge ihrer historischen Gntstehung, so finden
 
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