Alte Geleise — neue Pfade.
ob ich ein Altarbild für eilte Dorfkirche male, ein
Grabdenkmal für einen Airchhos meißle oder einen
Aelch für die Abendmahlstafel modellire? Gehören
nicht zu alleit drei „Aünstler" ? Ist es etwas anderes,
wenn ich der Wohlhabenden Eßzimmer mit einem Still-
leben von hängenden pafen, Apfelsinen, italienischen
Weinflaschen und sonstigen malerisch und kulinarisch
erfreulichen Dingen, oder mit einem zweckmäßig ein-
gerichteten, in Form und Farbe anmuthigen Büffet
schmücke? Daß auch so große Aünstler wie Dürer
nicht anders gedacht und empfunden, ja daß eigent-
lich auch bei uits von jeher alle echten Aünstler das
Streben haben und hatten, ihr Pein: nach eigenem
Geschmack auszugestalten, ihm etwas von der Per-
sönlichkeit seines Bewohners mitzutheilen; mit
zuhelfen, Zinn- oder Thontöpfe zu modelliren, und
mit alledem auch — nebenbei aber doch wohl
nicht unwichtig — einem großen Wißstand, dem
Aünstler-Elend ein Ende zu machen, dessen Vor-
handensein nicht daiitit entschuldigt werdet: kann, daß
man sich zu der „hohen Aunst" rechnet. Daß
aber auch hier eine Wandlung sich anbahnt, wird
Niemand leugnet:, der sich die eiitfache Thatsache vor
Augen hält: Die beiden „kunstgewerblichen Zimmer"
befinden sich inmitten der stolzen Räume der
„VII. Internationalen Aunstausste llung"!
Freilich sind es die kleinsten, sind es die entlegensten,
von Licht und Nothausgang nicht eben begünstigten.
Aber sie sind da! Ilitd wer beobachtet, wie sie
wirket:, wie sie nicht bloß die Besucher anregeu,
Tischchen non Kiefer und Deeg. Soplja von A. Bertsch.
einem Wort: das alltägliche Leben künstlerisch zu
adeln, das alles wurde schou oft ausgesprochen, os
gehört ui:d leider ebenso oft unbeachtet gelasten.
Nach wie vor spukt in der deutschei: Aünstlerschaf
das Alärchen voi: einer „hohen" Auitst bic es
sich mit Pinsel, Ölfarbe und Leinwaitd, oder mtt
Aleißel und Alarmor genügen läßt und einer
„niederen", untergeordneten, nicht ganz ffan es
geiitäßen, die sich wie eine Art Aschenbrödel biv zum
Aunstgewerbe — horribile die tu!
würdigt"; nach wie vor verhält sich die große - ^ >r
zahl der deutschen Aünstler, selbst wenn eine aus-
gesprochene Eigenart ihres Talentes deutl, ? m
diese Richtuitg weist, für „viel zu gut , Jb: e
dekorativen Aunst zuzuwenden, reizvolle Tepp:?
Muster zu entwerfen, eigen artige farbenfreudige
rNöbel zu zeichne:,, unserer einst so glanzvollen
Goldschmiedekunst mit neuen Vorlagen wieder au
sondern auch manche Aünstler nachdenklich stimmen,
und wer da weiß, wie oft schon, wenn die ersten
Schranken des vorurtheils gegen eine „neue" Sache
gefallen waren, der Siegeszug mit überraschender
Schnelligkeit eintritt, der wird zugestehen: bjier ist
der Aufaitg gemacht zur Vereinigung von Aunst und
Handwerk; hier fällt das Vorurtheil, als ob es
eine „hohe" und eine „niedere" Aunst gäbe, als ob
Aunst tmd Aunsthandwcrk nicht Blüthen an dein
felbeu Stamme wären!
„Wenn wir erst verstanden haben, daß der
Aünstler seine Zeit viel besser verwerthen kann,
indem er die tägliche Aiitgebung verfeinert und
vereinfacht, als wenn er eine Anzahl mittel-
mäßiger Geinälde erzeugt — vielleicht werden wir
dann dein Ziele näher koinmen und einige jener
werthvollen Eigenschaften wieder erlangen, die in
früheren Tagen so leicht und so unvermeidlich
U
ob ich ein Altarbild für eilte Dorfkirche male, ein
Grabdenkmal für einen Airchhos meißle oder einen
Aelch für die Abendmahlstafel modellire? Gehören
nicht zu alleit drei „Aünstler" ? Ist es etwas anderes,
wenn ich der Wohlhabenden Eßzimmer mit einem Still-
leben von hängenden pafen, Apfelsinen, italienischen
Weinflaschen und sonstigen malerisch und kulinarisch
erfreulichen Dingen, oder mit einem zweckmäßig ein-
gerichteten, in Form und Farbe anmuthigen Büffet
schmücke? Daß auch so große Aünstler wie Dürer
nicht anders gedacht und empfunden, ja daß eigent-
lich auch bei uits von jeher alle echten Aünstler das
Streben haben und hatten, ihr Pein: nach eigenem
Geschmack auszugestalten, ihm etwas von der Per-
sönlichkeit seines Bewohners mitzutheilen; mit
zuhelfen, Zinn- oder Thontöpfe zu modelliren, und
mit alledem auch — nebenbei aber doch wohl
nicht unwichtig — einem großen Wißstand, dem
Aünstler-Elend ein Ende zu machen, dessen Vor-
handensein nicht daiitit entschuldigt werdet: kann, daß
man sich zu der „hohen Aunst" rechnet. Daß
aber auch hier eine Wandlung sich anbahnt, wird
Niemand leugnet:, der sich die eiitfache Thatsache vor
Augen hält: Die beiden „kunstgewerblichen Zimmer"
befinden sich inmitten der stolzen Räume der
„VII. Internationalen Aunstausste llung"!
Freilich sind es die kleinsten, sind es die entlegensten,
von Licht und Nothausgang nicht eben begünstigten.
Aber sie sind da! Ilitd wer beobachtet, wie sie
wirket:, wie sie nicht bloß die Besucher anregeu,
Tischchen non Kiefer und Deeg. Soplja von A. Bertsch.
einem Wort: das alltägliche Leben künstlerisch zu
adeln, das alles wurde schou oft ausgesprochen, os
gehört ui:d leider ebenso oft unbeachtet gelasten.
Nach wie vor spukt in der deutschei: Aünstlerschaf
das Alärchen voi: einer „hohen" Auitst bic es
sich mit Pinsel, Ölfarbe und Leinwaitd, oder mtt
Aleißel und Alarmor genügen läßt und einer
„niederen", untergeordneten, nicht ganz ffan es
geiitäßen, die sich wie eine Art Aschenbrödel biv zum
Aunstgewerbe — horribile die tu!
würdigt"; nach wie vor verhält sich die große - ^ >r
zahl der deutschen Aünstler, selbst wenn eine aus-
gesprochene Eigenart ihres Talentes deutl, ? m
diese Richtuitg weist, für „viel zu gut , Jb: e
dekorativen Aunst zuzuwenden, reizvolle Tepp:?
Muster zu entwerfen, eigen artige farbenfreudige
rNöbel zu zeichne:,, unserer einst so glanzvollen
Goldschmiedekunst mit neuen Vorlagen wieder au
sondern auch manche Aünstler nachdenklich stimmen,
und wer da weiß, wie oft schon, wenn die ersten
Schranken des vorurtheils gegen eine „neue" Sache
gefallen waren, der Siegeszug mit überraschender
Schnelligkeit eintritt, der wird zugestehen: bjier ist
der Aufaitg gemacht zur Vereinigung von Aunst und
Handwerk; hier fällt das Vorurtheil, als ob es
eine „hohe" und eine „niedere" Aunst gäbe, als ob
Aunst tmd Aunsthandwcrk nicht Blüthen an dein
felbeu Stamme wären!
„Wenn wir erst verstanden haben, daß der
Aünstler seine Zeit viel besser verwerthen kann,
indem er die tägliche Aiitgebung verfeinert und
vereinfacht, als wenn er eine Anzahl mittel-
mäßiger Geinälde erzeugt — vielleicht werden wir
dann dein Ziele näher koinmen und einige jener
werthvollen Eigenschaften wieder erlangen, die in
früheren Tagen so leicht und so unvermeidlich
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