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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Kleine Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0077

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Kleine Nachrichten.

breiten Raum, den belletristische und ähnliche Zeit-
schristen nun auch diesem neuen Runsthandwerk zu-
erkennen. Das ist an sich ja sehr erfreulich. Dennoch
birgt es eine Gefahr in sich, auf die hinzuweisen, es
schon jetzt sehr ratsam erscheint; ich meine die Gefahr
der Verflachung! (fast stürmisch ist der Erfolg ge-
kommen, weil zu lange schon gezögert war, auch auf
deutschem Boden in neue Bahnen zu lenken. Nun
drängt die Sache; nun stürmen die Perausgeber der
neuen Blätter auf das kleine Häuflein von Arbeitern
ein und verlangen ohne Unterbrechung neue Ent-
würfe, Pläne, Zeichnungen. Wie groß ist da die
Gefahr, daß ruhige und sichere, treue und
ernste Arbeit vor den: schnellen Erfolge, dem
raschen Gewinnste zurückweichen wird? Za,
schlimmer als das: den ernsten Talenten, den bis
jetzt noch wenigen wirklichen Talenten
wird sich gar bald ein Schwarm von
mittelmäßigen und schlechten Tausend-
künstlern anschließen, die meinen, sie
könnten's auch; die Jenen abfehen,
wie sie sich räuspern und spucken und
so eine Verflachung herbeizuführen
drohen, wie deren Symptome z. B.
in England dein prüfenden Auge
bereits deutlich sichtbar sind. D i e
Masse wird wachsen, der Werth
wird sinken: das ist die Gefahr.

Dagegen rechtzeitig anzuarbeiten, ist
unsere Pflicht, und wenn — wie ich
hoffe — auch in: nächsten Jahre eine
kleine, sorgfältig ausgewählte Aus-
stellung zu Stande kommt, so werden
wir mit unnachsichtlicher Strenge gegen Alles, was
in dieser Beziehung symptomatisch erscheint, auf-
treten müssen. Die Schwierigkeit ist ja ganz be-
sonders groß; denn, wenn wir die Runst in: pand-
werk pflegen wollen, so müssen wir sie vor allen
Dingen ja auch zu verallgemeinern verstehen. Einzel-
stücke, die der Rünstler nur einmal macht, sind
Sachen des reichen Renners; darauf allein aber kommt
es nicht an, sondern ein blühendes deutsches
Run st Handwerk weiß auch den: AI affen -
artikel künstlerischen Reiz zu geben. Bei
wachsender Masse darf also der Werth nicht sinken,
sondern er muß wo inöglich noch steigen; und wenn
unsere allgemeine Losung die war: durch die That,
durch die Arbeit zu beweisen, daß es ein neues
Runsthandwerk gibt, so ist die besondere die: je
weiter es sich ausdehnt, je größer die Masse
wird, um sogediegener n:ußeswerdenund
bleiben, um so einwandfreier muß sein in-
nerer Werth sein. Masse und Werth, Quan-

tität und (Qualität müssen in Einklang
stehen.

Ich inöchte Sie also warnen vor der Gefahr
der Verflachung, die eine unausbleibliche Holge des
Nachgebens zu Gunsten einer zersplitterten und
raschen, anstatt einer geschlossenen und umsichtigen
Arbeitsweise sein n:uß. Denn damit wäre ein weit
schlimmerer Zustand geschaffen, als der ist, aus den:
wir herauszukommen wünschen; und sicherlich be-
hielten dann Diejenigen recht, die da behaupten:
eine gute Nachahnnmg ist innner noch besser als
schlechtes Neues!

Also auch hier Arbeit, ruhige und umsichtige
Arbeit, ohne sich vom Erfolge nach rechts und links
ablenkenzu lassen! Denn mit der Zersplitterung
der kaum zusannnengefaßten Rräste tritt auch^noth-

gedrungen eine Schwächung ein. Schon jetzt zerrt
inan sie nach allen n:öglichen Richtungen auseinander.
Den einen holt Bruckinann, den andern Roch; Berlin
will — findig wie es ist — auch sein Libre esthetique
haben und sucht sich dazu die Rräste in München.
Nun: was ist denn der natürliche Mittelpunkt, der
Nährboden, auf den: Sie stehen? Es ist München;
es ist die Münchner Run st — und da Sie diese
Runst in's Handwerk hinübertragen, da Sie die Runst
im deutschen Pause heimisch inachen wollen, so ist
das „Münchner Runstgewerbe" der Boden,
auf den: Ihre Arbeit wachsen und gedeihen wird.
„Pier sind die starken Wurzeln unserer Rraft." palten
Sie daran fest: arbeiten Sie für München, und
Sie werden für Deutschland arbeiten. . . . Ich weiß
sehr wohl, was an den: Münchner Runstgewerbe-
Verein auszusetzen ist. Dennoch rathe ich Ihnen:
nmchen Sie sich nicht ohne dringenden Grund von
einer bewährten Organisation los! Nicht darauf
konnnt es an, das bayerische Runstgewerbe, wie es

;c>4. In Wolle gestickter ffustexpich von ls. Dbrist. (Länge ;,80 m.)
 
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