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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Chronik des Bayerischen Kunsstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0160

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

Die Vallencommifston hat in den letzten Wochen vor
Weihnachten eine umfassende Thätigkcit entwickelt; nur durch
die aufopferungsvollsten Bemühungen der Lommissionsmitglieder
konnte das gesteckte Ziel erreicht werden, in der Vereins-
Halle das künstlerische Moment wieder zum Herr-
schend en zu machen. Es mag sein, daß die Commission
dabei vielleicht, wie das stets bei durchgreifenden Reformen
einzutreten pflegt, in mancher Hinsicht zn weit gegangen ist,
und darum erscheint es natürlich, daß die davon Be-
troffenen dieses Vorgehen schmerzlich empfinden und diesen
Empfindungen auch lauten Ausdruck geben. Aber im Interesse
der künstlerischen Hebung der Dualität unserer Ansstellungshalle
war diese Reform ein Gebot der Nothwendigkeit und so
werden sich auch die widerstrebenden nach und nach in die ver-
änderte Lage zu finden wissen und ihren Erzeugnissen eine
erhöhte künstlerische Sorgfalt zuwenden zum Heile des Münchener
Knustgewerbes.

Die vereinsexkurstonen werden auch INI Winter nicht ganz
eingestellt; am Sonntag, den 2;. November besuchten etwa 50
bis so Vereinsmitglieder die Neubauten des Herrn Hauptmann
Bischoff und des Frhrn. v. Bechtolsheim (bei den Gasteiganlagen)
unter Führung der Architekten pfann und Blumentritt, bezw.
Mart. Dülfer. Wir werden später Gelegenheit haben, auf diese
Bauten zurückzukommen.

Mochenversammkungen.

Zweite Wochenversammlung, Dienstag, den ;s. November.
Fachabend: Moderne Glasarbeiten, insbesondere Mosaik. Glas-
maler Ule hatte eine ziemlich umfangreiche Ausstellung ver-
anstaltet — Briginalkartcms zu Mosaiken und Glasbildern, sowie
von alten und neuen Mosaiken sammt dem zn deren Ausführung
nöthigen Rohmaterial und Geräth — und leitete seine Erläu-
terungen dazu mit einem Rückblicke auf die Geschichte des
Mosaiks ein, wobei er die ersten Spuren im Grient nur flüchtig
berührte, bei der Blüthezeit des Mosaiks unter den Römern und
im Mittelalter länger verweilte, und besonders die Wieder-
erweckung der alten Glasmosaik durch Salviati und den der-
zeitigen Stand der Mosaikknnst eingehend schilderte. Seit um
die Mitte des Jahrhunderts Salviati in Venedig die alte Technik
mit endlosen Mühen und namenlosen Gpfern wiedererfunden,
sind andere Anstalten in Petersburg, London, Paris, Innsbruck,
New-Hork entstanden; in Deutschland sind bis jetzt erst kleine
Ansätze dazu vorhanden. In der von ihm geleiteten Kunst-
anstalt in München hat der Vortragende in den letzten Monaten
die erste Münchener Mosaikarbeit — das Giebelbild der Schwa-
Kirche — ausgeführt. Sein am Schluffe ausgesprochener
Wunsch, es möge die Mosaikarbeit auch in Deutschland feste
Wurzel fassen, fand allseitige Zustimmung. Im weiteren ver-
laufe besprach der Redner die ausgestellten Gegenstände, dar-
unter Mosaikentwürfe von Fr. Stuck, W. volz, und demonstrirte
a.d oculos das Spalten und Zerkleinern der Glaspasten, das
Zusammensetzen der Steine u. s. w.

Dritte wochenvcrsammlung, Dienstag den 25. November.
Vortrag von Dir. vr. p. Jessen (Berlin): Neue Wege des
Buchdrucks und der B u ch d e ko rat i 0 n. Zu diesem Vor-
trag hatte sich eine überaus zahlreiche Zuhörerschaft eingesunden,
welche durch ihre Zusammensetzung bezeugte, daß das Interesse
an kunstgewerblichen Fragen in weiten Kreisen lebendig ist und
daß der Redner von früher her im Verein in bester Erinnerung
steht. Der Vortrag war begleitet von einer großen Zahl von
Linzelblättern und Buchwerken, die zum Theil den Sammlungen

des Berliner Kunstgewerbemuseums entnommen, zuin Theil von
Littauer's Kunsthandlung in freundlichster weise geliehen worden
waren. Der gediegene Inhalt des Vortrags und das bleibende
Interesse, das derselbe gewährte, veranlassen uns, denselben
seinem wesentlichen Inhalte nach in einem der nächsten Hefte
zum Addrncke zu bringen.

vierte wochenversammlung, Dienstag, den 30. November

— ein geselliger Abend, der diesen Namen mit vollem Recht
verdient: sehr zahlreicher Besuch, interessante, durch dazwischen
gestellte Chrysanthemen geschmückte Ausstellung von Gegen-
ständen aus der Vereinshalle, allerlei von Vereinsmitgliedern
und einem Gast gebotene, z. Th. sehr beachtenswerthe musikalische
Genüsse, gemüthlicher Verkehr zwischen Künstlern und Kunst-
handwerkern I An Ausstellungsgegenständen waren Arbeiten
von Uhrmacher I. Iagemann, Kupferschmied I. Winhart,
Ciseleur K. Groß (Zinugefäße), Hofmöbelfabrikanten G. Fritzsche,
Kunsttischler W. Till, Kupfergefäße von Bildhauer G. Wilhelm
und Ciseleur Lind, Eisenarbeiten von R. Kirsch u. A. zu sehen.
Dem als Gast auf der Durchreise von Rom nach Berlin an-
wesenden Prof. M. Meurer brachte der Vorsitzende, Hofjuwelier
P. Merk, ein Hoch aus, wofür sich der Gefeierte mit einigen,
die ausgestellten Gegenstände in hohem Maaß anerkennenden
Worte:: bedankte; für den nächsten Winter hat Prof. Meurer
bereits einen Vortrag zugesagt.

Fünfte wochenversammliuig, Dienstag den 7. Dezember.
Vortrag von Prof. vr. B. Riehl: Deutsches Knnstleben am
Ausgange des Mittelalters. Au der Hand zahlreicher
graphischer Darstellungen, von denen mehrere den Heften unserer
Zeitschrift entnommen waren und die zum Theil Ergebnisse der
Inventarisation der Baudenkmäler Bayerns darstelleu, schilderte
Redner das Kunstschaffen vom Ausgang der Gothik bis zur
beginnenden Renaissance in deutschen Landen, besonders: Das
Bauen nach dem Bedürfniß, ohne akademischen Zwang, naiv

— die starke Hinneigung zuin Naturalismus in der ornamen-
talen Dekoration, — das Lebendigerwerden der Plastik und der
Malerei rc., — wie das Kunstschaffen sich den mönchischen
Händen entrang und sich nun von Laienhänden leiten ließ u. s. w.
von solchen Gesichtspunkten aus wurde eine Reihe bezeichnender
Kunstwerke in die Betrachtung gezogen, namentlich Bauwerke
von den Alpen bis zum Harz. Den Schluß bildete eine Parallele
jener gährenden Zeit mit der unsrigen, wobei Redner den
Meister Dürer als den Begründer der neuen Zeit feierte, der
sich klar geworden ist, daß der Künstler jene hohen Ziele nur
erreichen kann, wenn er die Natur gründlich studirt, — Dürer
that damit den großen Schritt vom Handwerk zur Kunst.

Programm der Wochenversammlungen.

Dienstag den ;S. Jan.: Fachabend für Schmiedeisenarbeiten,
eingeleitet durch Hofkunstschlosser Rem-
hold Kirsch,

„ „ 25. „ Reiseberichte aus Spanien von Prof.

Fr. v, Thiersch.

„ ,. Febr.:

Fachabend. (Näheres noch nicht be-


stimmt.)

„ 8. „

„Altmünchener Facadeniualereien und


ihre Meister". Vortrag von Dr. K.


Trautmann.

„ l- März:

Fachabend.

,, 8. „

„Knnstpflege", Vortrag von Prof. vr.

A, L i ch t w a r k, Direktor der Ham-
burger Kunsthalle.

;5. „ Grdentliche Generalversammlung.

Verantrv. Red.: Prof. £. Gmelin. — Herausgegeben vom Bayer. Runstgewerbe-Verein. — Druck und Verlag von R. Mldenbourg, München.
 
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