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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Schumacher, Fritz: Hocheder's städtische Bauten in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0171

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hocheder's städtische Lauten.

22{. Kirche im 5t. Martinsspital zu München. Architekt Karl ksocheder.

sondern gliedert sich dein ganzen Schaffens-
Teiste an, der aus dem Wirken Gabriel und Emanuel
§eidl's spricht. Wan könnte pocheder zu den in-
direkten Schülern Gabriel Seidl's rechnen. Die Art,
Poesie in der Einfachheit zu entfalten, die Fähig-
^it ein Dachfenster, eilt Thürmchen, eine Thür mit
stltsain behaglichem Liebreiz zu umkleiden, haben sie
Tenreinsant, knüpfen doch beide an urheimathliche
^eschrnacksformen ait, die sich konsequent und sicher
aus dem Bedürfnis; und aus dem Material ent-
u^rckelt haben. Wer in befcheideitein Rahnreit mit
stilgerecht schaffen will, d. h. ohne in den
Fehler der Nachahmung von Steinformen zu ge-
fächen, der wird ganz von selber auf ähnliche prin-
dAllen verfallen müssen, wie sie uits hier entgegen-
^'eten und wie sie die naiv schaffenden Meister
früherer Jahrhunderte vertraten. Und darin liegt
Schule-bildende Kraft, die diese Richtung in
München bewiefeit hat. Die Stellung pocheder's als
städtischer Bauamtmann hat auch dazu beigetragen,
allmählich eine Bauweise großzuziehen, die einen
spezifisch münchnerischen Anstrich trägt und dadurch
1,1 vielen Partien München einen einheitlichen Bau-

charakter gibt, wie man ihn in kaum einer anderen
Stadt so deutlich in unserer Zeit wiederfindet. Die
gute Seite dieser Erscheinung liegt in der Verdrängung
des unechten Luxus und seiner Widerwärtigkeiten durch
einfache natürliche Solidität und intimen Reiz, die
Gefahr liegt mit der Zeit in einer gewissen Schema-
tisirung. — Den Anlaß hierzu geben nicht die führen-
den Meister; einen echten pocheder oder einen echten
Seidl kann ein feiner geschultes Auge sofort erkennen
und unterscheiden, denn aus jedem einzelnen Werk
schaut wieder die deutlich ausgesprochene Persönlich-
keit, und wenn auch gewisse Eigenthümlichkeiten wieder-
kehren, so ist jedes neue Werk doch etwas ganz
anderes, als die vorangehenden; die Bewunderer aber,
die fangen nur zu leicht an zu kopiren, als ob sich
in dieser Sprache nicht noch so vieles andere sagen
ließe. —

Nun, davor kann kein Mensch sich schützen,
und das hat nichts zu schaffen mit der Freude, die
man hat, wenn man dem gemüthvollen Wirken
Karl pocheders im anspruchsvollen und meist so
leeren Treiben der breiten Durchschnittsarchitektur
unserer Tage begegnet.
 
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