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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Thalhofer, Nic.: Das Schmiedeeisen im Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0202

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Das Schmiedeeisen im Amistgemerbe.

ihre Zersetzurig und geben derselben wieder frische,
blühende Kraft.

Das Eisen ist unter den Metallen der eigentliche
pandwerksgehilfe, der unentbehrliche Arbeiter. Es ist
mit allen Metallen von gleich gemeinsamer Abkunft,

25*{. Thürbeschlag an der Pfarrkirche zn Pall in Tirol.

von gleichem Alter, aber es hat keinen Stammbaum
aufzuweisen, wie seine edlen Geschwister, Gold und
Silber. Die alten Urkunden erzählen uns wenig von
ihm, nur die Spuren seiner Thätigkeit lassen sich ver-
folgen. Der Proletarier unter den Metallen befand
sich gut in seinem dienstthuenden Zustande, aber
zeilenweise regte sich seine gigantische Macht, um der

Welt zu zeigen, was er durch seine inneren Eigen-
schaften zu leisten im Stande sei. (Offenbar, weil es
verarbeitet und unverarbeitet sich allerwärts findet
und weil es an und für sich unscheinbar und gering-
werthig auftritt.

Man hat aber auch gefunden, daß die Arbeit
dieser: Proletarier adelt. Nicht fertig und gedieger:
wie das vornehmere Gold tritt es dem Sucher ent-
gegen ; mit einem ganz gewaltigen Aufwand von
physischer und geistiger Kraft hat es der Mensch
seiner: natürlichen Verbindungen abgerungen. Seine
bedeutende Widerstandsfähigkeit und pärte, gepaart
mit großer Elasticität und Bildsamkeit, die Viel-
seitigkeit seiner Eigenschaften haben es zu den: ge-
rnacht, was es für uns ist. Sie haben es sprich-
wörtlich gemacht in der poetischen Ausdrucksweise
und in derjenigen des alltäglichen Lebens. Mar:
redet von einer eisernen Gesundheit und vor: einen:
eisernen Bestand; man sagt: „Noth bricht Eisen"
ur:d behauptet, „man müsse das Eisen schmieden,
solange es warm ist".

Wenn wir r:un und zwar nahezu vergeblich
Umschau Halter: nach der: (Objecten der antiken
Kunstschmiedetechnik, so drängen sich folgende Be-
rnerkungen auf. Zunächst ist das Eisen den: (Oxy-
diren, den: Verrosten in viel größerem Maaße aus-
gesetzt als die Bronce. Das rneiste ist thatsächlich
zu Pulver und Staub zerfalle,: und was r:och Vor-
halten ist, derart angefressen, daß es einen wenig
bestechenden Eindruck macht, jedenfalls aber hat
die Antike das Eisen nur zu derrjenigen Dingen ver-
wertet, die nicht wohl aus einem andern Material
fein konnten, zu Werkzeugen und Waffen. Für
Prunk- urrd Luxusgegenstände ist der Glanz der
Bronce und der Edelrnetalle vorgezoger: worden.

Die Geschichte der Eisenkunst beginnt für uns
also erst mit dein frühen Mittelalter. — Während
des Zusammenbrechens der römischen Weltherrschaft
und in den Wirrer: der Völkerwanderung ging eir:
großer Theil der antiken Eultur verloren und mit
ihr so manche hochentwickelte Technik der Ärmst und
des Gewerbes, jn Bezug auf die Schmiedekunst
läßt sich diese Behauptung jedoch kaum aufstellen.
Erstens war die arrtike Eisentechnik in kunstgewerb-
licher pinsicht nur von untergeordneter Bedeutung,
und andererseits sorgten die ewigen Aärrrpfe und
Kriege reichlich dafür, daß wenigstens ein Zweig
unseres Gebietes — die Waffenschmiederei — nicht
zur Ruhe karr: urrd sich wohl oder übel nothgedrunger:
technisch vervollkommnen rrmßte. Es feiert darum
auch die Entwicklung der Eisenindustrie nach der
Völkerwanderung ihre größten Triumphe in der
Bewaffnung.

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