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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Künstler-Postkarten
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Die Rats- und Gerichtsverfassung der Stadt Worms im 15. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0258

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Künstlers ostkarten.

Faschingszeit das Leitmotiv gegeben. Aaulbach

führt uns in das Bierstüberl Arkadien's, wo Bier-
krug, lvurst, Bretzel, Radi nicht minder das Re-
giment führen wie in München und wo der hagere
brillenbewehrte Nörgler, mit Pein:, Speer, Tunica
und — Grden seiner wohlgenährten, aber leicht-
sinnigen „bessern" bsälfte Moral zu predigen scheint,
Oberländer läßt zwei moderne Herren mit halb ver-
klärten, halb erstaunten Gesichtern dem Reigen grie-
chischer Tänzerinnen zuschauen, während Airchner
Rhapsoden mit Leier und — Baßgeige, mit Augen-
schirm und Maßkrug veranschaulicht. Hengeler

vollends konnte sich die Gelegenheit nicht entgehen
lassen, seinem, durch die „Fliegenden Blätter" hin-
reichend bekannten Zeichnerhumor die Sporen zu
geben; in nicht weniger als sechs Blättern geißelt
er moderne Gepflogenheiten in antikem Gewand.
Der schäkernde Arieger und der durch , Rosenketten
gefesselte Ehekrüppel werden ebenso drastisch geschil-
dert wie die böse Schwiegermama, der junge
Wissenschaftler vor der „Autorität" u. s. w. Das
glänzend verlaufene Aünstlerfest sollte und wollte
durch diese Aarten nicht verherrlicht werden; und
doch werden sie dazu beitragen, die Erinnerung
daran wach zu erhalten.

Leider ist die Bezeichnung „Aünstlerpostkarten"
bereits zum Schlagwort geworden, mit welchem die
Verständnißlosen geködert werden sollen; gar vieles,
was sich diesen Namen beilegt, gehört nicht mehr
in das Bereich der Ärmst. Nahe diesen Grenzen
liegen z. B. die Göppinger Aünstlerpostkarten *); wie
die ersten drei Serien der Velten'schen Aarten, so
beschränken auch diese sich auf den Südwestwinkel
Deutschlands; auch diese erheben sich über das
Durchschnittsmaß, das bis vor Aurzem noch
geherrscht hat; aber selbst die besten sHohen-
staufen, Rosenstein) stehen merklich hinter den erst-

*) Künstlerpostkarten mit Ansichten ans Württemberg,
Baden und Elsaß aus dem Verlage von E. Herwig in Göp-
pingen. Serie mit ;s Karten zu 2,50 Mk.

genannten zurück. Die Mehrzahl derselben leidet
unter dem gewählten allzukleinen Maßstab, der
die dargestellten Burgen, Dörfchen ic. zu klein hat
werden lassen; die meisten Menschen verlangen aller-
dings recht viel für ihr Geld, und da ist es bis zu
eiirent gewissen Grad verzeihlich, wenn der Unter
nehmer solchem Verlangen entgegenkonnnt. Zwei,
zur Noth auch drei Ansichten lassen sich unter ge-
eigneten Nmständen allenfalls noch auf einer Aarte
zu einer guten Gefantmtwirkung vereinigen, ohne
in's Aleinliche, Lithographenhafte zu verfallen; mehr
zu geben ist entschieden vom Nebel — die „Grüße
aus der schwäbischen'Alb" fielen gewiß nicht minder
herzlich aus, wenn die acht Bilder der betreffenden
Aarte auf 5—^ Aarten vertheilt würden.

Bei der gesteigerten Sannnelwuth und bei der
Ueberproduktion an Malern ist es nicht zu verwundern,
daß von Hand gemalte oder sonstwie verkünstelte Post-
karten auf den Markt konnnen. Wohl jeder Aünstler
hat ab und zu bei passender Gelegenheit einen Post-
kartengruß mit irgend einem Bildchen versehen;
solche Erzeugnisse sind dann aber in der Regel weder
verkäuflich noch überhaupt bezahlbar. Sollen sic
dennoch zu einer verkäuflichen Waare werden, so
müssen sie so flüchtig und billig hergestellt werden,
daß von Aunst nichts mehr übrig bleibt; — es sei
denn, daß man eben kleine Bildchen malt, die nur
durch ihr Format an Postkarten erinnern und nur
noch pro fonna diesen Namen führen. Was aber
bis jetzt an derartigen Dingen in den Schaufenstern
geboten wird — gebrannte, geschnittene („modellirte"),
bemalte Postkarten — liegt weit jenseits der oben
bezeichneten Grenze.

Die Bildpostkarte ist und bleibt ein Produkt mo
derner Großindustrie; erreicht sie in diesen: Bereich
die größtmögliche Höhe künstlerischer Gestaltung, so
leistet sie der Verbreitung künstlerischen Sinnes in viel
umfassenderem Maaß Vorschub als durch stümper
hafte, von Hand aquarellirte Bildchen, an denen
Niemand seine Freude hat. 6.

338. Aus „Boos, Geschichte der rheinischen Städtekultur", I. Band, illustrirt von I. Sattler.
Schlußstück zu dem Kapitel „Das Reich Karls des Großen; 8. Die Kirche".
 
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