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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Tafelgeräth aus Zinn und seine Wiederbelebung in der Gegenwart
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0282

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Tafelgeräth ntis Zinn.

382. verschiedene Zinnwaaren von L. Lichtinger, zumeist
nach Entwürfen von L. Groß, der wirkl. Größe.)

zuneigen, sich einer weitgehenden künstlerischen pflege
erfreuen.

In andern Fällen hat die Entdeckung neuer
und besonders ergiebiger Fundstätten von Rohstoffen
durch Verbilligung derselben zu einer allgenreineren
Anwendung geführt, pat auch die Erschließung der
reichhaltigen Rupfererzlager an: Lake Superior zu-
itächst nur die Großindustrie gefördert, so wirkte sie
doch in zweiter Linie auch auf die Benutzung des
Rupfers in: Bereich der Rleinkunst. Auch das Zinn
hat in den: letzten Jahrzehnt durch die rationelle
Ausbeutung der großartigen Zinnlager RIalakka's
- 189^ über HO OOO Tonnen im Werth von über
30 Millionen Dollars — wieder gewaltig an Be-
deutung gewonnen; aber es soll nicht behauptet
werden, daß dies die Ursache sei, weshalb die Rlein-
kunst sich seit mehreren Jahren wieder diesem eigen
artigen Aletall zugewendet hat, wenn auch die stärkere
Zufuhr desselben nicht ohne Einfluß gewesen sein mag.

Im Alterthum brauchte man das Zinn fast nur
zur Bronze und zur Verzinnung; römische Zinn-
gefäße, wie man sie in Tornwallis ausgegraben,
sind äußerst selten. Auch im frühen Nüttelalter, bis
in's \5. Jahrhundert fand dasselbe nur eine be-
scheidene Verwendung. Erst später, als das Ver-
langen nach besseren Geschirren zunahm, während
gleichzeitig die mitteleuropäische Rerainik noch in den
Rinderschuhen stak, wurde das Ziu» zur Deckung
eines namhaften Theiles haushälterischer Bedarfs-
artikel herangezogen, bis es für Trink- und Speise-
gefäße durch Glas und Porzellan verdrängt wurde.
In Paris bildeten die Zinngießer schon im s3. Jahr-
hundert eine hochangesehene Zunft; in Deutschland
nahm die Zinngießerei besonders durch die Entdeckung

der Zinnlager (int \2. Jahrhundert) im Erzgebirge
großen Aufschwung, der um 1600 seinen Gipfelpunkt
erreichte. In Nürnberg werden Zinngießer („°Randcl-
gießer") schon im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts
genannt, in Augsburg f52H, in Prag, wo in dieser
Richtung besonders Italiener thätig waren, gleich-
falls im fH.Jahrhundert. Das einstmalige Aufblühen
des Zinngeschäftes wird durch Nichts deutlicher ge-
kennzeichnet, als durch die in den Todtenregistcrn Nürn-
bergs verzeichneten Zinngießer; es sind darin nämlich
in der ersten pälfte des 16. Jahrhunderts erst fH Zinn
gießer angeführt, in der zweiten pälfte HP und in der
Zeit von 1600—1660 gar 56! Das Arbeitsbereich
erstreckte sich hier hauptsächlich auf Salzschüsseln,
Teller, Salzfässer, Flaschen, Rannen, Gießfässer,
Becher, Schüsseln. Die Zunftordnung wachte strenge
darüber, daß bei der Verarbeitung von ^geschlagenem
oder englischem" Zinn dasselbe nicht mit Blei legirt
werde, während sonstiges Zinn :j10 Blei enthalten
durste si; in beiden Fällen inußte der Nleister durch
Stempel die Bürgschaft für gesetzinäßiges Riaterial
aussprechen.

Die damalige Blüthezeit der Zinngießerei konnte
aber nur von verhältnißmäßig kurzer Dauer sein.
Abgesehen davon, daß die Zinnbergwerke dem wach-
senden Bedarf nicht mehr genügen konnten, mußte

O

383. Jinnkanne, Entwurf von L. Groß, Ausführung von
L. Lichtinger, München, (hi d. w. Gr.) Muster geschützt.

die Ueberhandnahme der billigeren und gerade da-
mals sehr vervollkommneten Gefäße aus Thon und
Glas auf den Allgemeingebrauch von Zinn zurück-
st Auch das Reichsgesetz hat bekanntlich Bleizusatz

als zulässige Grenze für Zinngefäße festgestellt.

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