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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0353

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Lhronik des Bayer. Kuustgewerbovereius.

-^97. Fächer aus schwarzem Scidenrips; gemalt von I. Rösl, München.

die Entstehung des Lehrlingswesens innerhalb des Vereins,
welcher bereits ;852, also bald nach seiner Gründung, eine
Lehrthätigkeit entfaltete, bis (;8S8) die Schule in staatliche Leitung
überging (die jetzige Kuustgewerbeschule); Redner gedachte ferner
der Stifter des Fonds der Lehrlingspreise, in erster Linie des
verstorbenen Ehrenpräsidenten Fcrd. v. Miller. — Unter den
Klängen eines fröhlichen Marsches betraten alsdann die Lehr-
linge den Saal, geführt von Hofgoldschmied Th. Heiden, der
im Namen der Meister einige mahnende Worte an die Ver-
sammlung richtete, worauf die Preisverteilung erfolgte. Au-
gemeldet waren ursprünglich zwölf Lehrlinge; zwei derselben
zogen indessen ihre Anmeldung wieder zurück.

Die Namen der Preisträger (bei welchen wir in Klammern
die Namen der Lehrmeister und die vorgelegten Prüfungs-
arbeiten nennen) sind folgende: Kasimir Wagner (Kunst-
schreiner F. X. Wagner — Pfeilerschrank), Ejatts Wörtmann
(Kunstschreiner Joh. Wörtmann — Hausaltar), Georg Förster
(Hofvergolder A. Lippert — Rokoko-Konsole), Michael Bauer
(Kunstschreiner Peter Bauer — Buffet in Eichenholz), Ukathias
Maier (Kunstschreiner Joh. Himmelreich — Buffet in Eichen-
holz) , Georg Hupfauf (Hofkunstschlosser R. Kirsch — Wand-
arm für elektrisches Licht), Erhard W a l l n c r (Goldschmied
E. Blachian — Anhänger), Anton Stcger (Musterzeichner
A. Hochstätter — Tapetenmuster), Heinrich Eoffon (Dekorations-
maler P. Allwang — plafondentwnrf), Martin Schaubeck
(Vergolder Jos. Kömpcl — Hermen-Säule). Die Preise betrugen
je 20—;5 lief., wozu noch ein aus der Bcringer-Stiftung be-
schaffter Reißzeug kommt.

Den Schluß des feierlichen Aktes der Preisvcrthcilung
bildete eine Ansprache Prof. v. Thiersch's an die Lehrlinge, in
welcher er dieselben zur Dankbarkeit gegen ihre Meister auf-
forderte; die Jugend solle nie vergessen, was sie von ihren
Meistern gelernt habe — aber auch stets dessen eingedenk sein,
daß das Lernen im Leben niemals aufhöre. Die sehr warmen
Worte schlossen mit einem je dreimaligen Hoch auf den hohen
Protektor des Vereins, Se. K. Hoheit den Prinzregenten Luit-
pold — auf die Stadt München — und auf die Meister.

Mit der hierauf gefolgten festlichen Bewirthuug der Lehr-
linge fand der die Lehrlingsfeier betreffende offizielle Theil der
Wochenversammlung sein Ende; im weitern verlaufe des Abends
sprach Lehrling Wagner seinen und seiner Gefährten Dank aus,
der in einem Hoch auf den Bayer. Kuustgewerbeverein gipfelte.
Hofgoldschmied 1) ei den ergriff das Wort, um den Lehrlingen
an's Herz zu legen, daß die Sorgen der Eltern in einer Be-
ziehung nun zwar verringert seien, indem die nunmehrigen
Gesellen sich selbst ihr Brod verdienen können, daß aber eine
andere Sorge auftauche: in welche Gesellschaft werden die selbst-
ständiger Gewordenen geratheu? Die ernst mahnenden Worte
des Redners fanden ein Echo in den von ihm verlesenen und
für diesen Anlaß ungemein passenden Worten des Meisters
Hans Sachs, worin dieser die Gedanken und Vorsätze nieder-
gelegt hat, mit welchen er als achtzehnjähriger Jüngling den
Kampf gegen schlechte Gesellschaft aufnahm.

Außerhalb des Rahmens der Lehrlingsfeier lag die Mit-
theilung des Vorsitzenden, daß am gleichen Tage dem vor einem
Jahre zum Ehrenpräsidenten ernannten Dir. v. Lange die künst-
lerisch ausgestattete Urkunde hierüber ausgehändigt wurde. —
Im klebrigen gestaltete sich der Abend sehr belebt, namentlich
durch die musikalischen Leistungen verschiedener Vereinsmitglieder
— Archit. pfartit, Archit. Egerer, Heinrich Scherer —
und der beiden verdiente» Hauskapellen, der „Bogenhausener"
und der „Veilchen". Die Musikvorträge wechselten in bunter
Reihe mit Reden; u.A. gab Ehrenmitglied Hergl lebendige Bilder
aus den früheren Jahren der Lehrlingsfeiern, und Architekt I.
v. Sch mä d el feierte den kürzlich zum Professor an der tech-
nischen Hochschule ernannten 3. Vereiusvorstand Architekt Hoch-
eder, nicht ohne sein Bedauern darüber auszusprechen, daß
diese bewährte Kraft dadurch dem Stadtbauwesen verloren gehe,
(wir bringen untenstehend den Wortlaut dieser Ansprache) —
worauf Prof. H 0 ch e d e r auf den Vorredner als Beglück-
wünschung zu seiner kürzlich erfolgten Ernennung zum k. Rath
ein Hoch ausbrachte. Rath v. Schmädel wurde darauf den
Verdiensten des neuen Vereinsvorstandes Prof. v. Thiersch
gerecht, während dieser selbst der Gpferwilligkeit und dem Fleiß

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