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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Gmelin, Leopold: Das Kunsthandwerk im Münchener Glaspalast, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0401

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Das Aunsthandwerk im Münchener Glaspalast.

55^ n. 555. Aissenüberzüge; Apxlikationsstickereien von Vogel und Alckens, München.
(l/a—x/5 der wirkl. Grösse.) Muster geschützt.

unterzubringenden Gegenstände, insbesondere der
Möbel, war nur in kleinen Einzelgruppen eine be-
friedigende Zusammenstellung zu erreichen. — In
mancher Beziehung hatte Architekt Dülfer, dem
der letzte Raum anvertraut war, leichteres Spiel,
insofern als hier besseres Licht und eine größere
Zahl von einheitlich gehaltenen Möbeln zur Ver-
fügung standen. Eine grünblaue Stoffbespannung
bedeckt die, ai: der einen Schmalseite von einer
breiten Fensternische unterbrochenen Wände bis zur
Thürhöhe, und darüber hin zieht sich, durch schmale
graue Lisenen unterbrochen, ein großgezeichneter,
japanisirender Fries: Rosenzweige und Vögel, bunt,
aus weißen: Grund. Den Wänden entlang hängen
Uhren von Groß und Iagemann, Plaketten von
Tharpentier, Wandbrunnen von v. peider, Farben-
holzschnitte von Behrens, Wandleuchter von Eck-
mann und Ringer. Bemerkenswerth ist, daß
der so abwechselungsreich genmlt aussehende, von
B. Pankok herrührende Fries mittelst weniger
Schablonen hergestellt wurde. Die Thüreinfassungen
(gleichfalls von B. Pankok) prangen in leuchtend-
gelber Naturfarbe, au deren Stelle bei der ziemlich
derben Schnitzarbeit des Thürsturzes Vergoldung
tritt. Theilweise vergoldet ist auch das Gesiinfe unter
dem Wandfries und bereitet so in passender Weise
aus die seit den: letzten Jahre fast gleichgebliebene
Decke vor, bei welcher Gold und Silber ii: ziemlichen:

Uinfang zur Verwendung gekominen sind.

* *

•i*

Bevor wir aus die Ausstellung in: Einzelnen
eingehen, mag hier eine Betrachtung eingeschaltet
werden, die sich in: Allgemeinen mit dem inodernen
Runstgewerbe beschäftigt.

In all' den zahlreichen Besprechungen des Runst
handwerks unserer Tage, welche die Zeitschristliteratur
der letzten Jahre zu Tage gefördert hat, ist ein
wichtiges ZTComent vollständig übersehen, oder wenig-
stens nicht ausreichend gewürdigt worden, das wirth-
fchaftliche. „Ja, aber die Runst hat doch mit
Geld nichts zu thun", wird inan einwenden; und
doch singt schon Wilheln: Busch: „Leicht konnnt inan
zu den: Bilderinalen, doch schwer zu Leuten, die's
bezahlen." In diesei: schlichten Worten des treff-
lichen Waler-ihuinoristen ist die unumstößliche Wahr-
heit ausgesprochen, daß zwischen den: Gelde und der
Lebei:sfähigkeit der Run st allerdings ein Zusaininen -
Hang besteht, wenigstens heutzutage, da die Runst
als Broderwerb benutzt und nur zu einen: gar kleinen
Theil um ihrer selbst willen ausgeübt wird. Wenn
nichts mehr bezahlt wird, da hört das Bildermalen
von selbst auf; das Gleiche gilt auch vom Runsthand-
werk, wie von jeder andern inenfchlichei: Beschäfti-
gung, die man nicht für sich selbst ausübt, sondern
die als Erwerbsquelle dient.

So lange die Menschheit in ihrer wirthschaft-
lichen Entwicklung noch die unterste Stufe einnahn:,
die Stufe der pauswirthschaft, so lange lag
auch die Ausübung der Runst — d. h. natürlich
jener ursprünglichen dekorativen Runst, wie sie noch
 
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