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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Gmelin, Leopold: Das Kunsthandwerk im Münchener Glaspalast, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0408

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Das Rnnschandwerk im Münchener Glaspalast.

560. Thonvasen von Frau Tlis. Schmidt-Pecht, Tonstanz. (1/4 der wirk!. Größe.) Muster geschützt.

Empfindung bekommen kann, als habe der Aünstler
mit möglichst großen: Aufwand an Mitteln »röglichst
wenig erreichen wollen, wird das Amgekehrte ein-
treten, und die Gegenstände werden alle ohne Geziert-
heit die Sprache reden, die ihrem Material aner-
schaffen ist. Es wird jedes kunstgewerbliche Erzeugniß
dann viel mehr als bei zu weit getriebener Bear-
beitung ein Bild des Aampfes geben, den der künst-
lerische Mille mit dein Material auszufechten hat,
es wird dann viel deutlicher ein Stück von seiner
Entstehungsgeschichte erzählen, als wenn alle Spuren
des Aampfes ausgewischt sind. Aird gerade das
bietet einen Pauptreiz bei allen Früchten der Alein-
kunst; das giebt ihnen das eigenthümliche Aroma.
Sollen wir einen: Werk der Aleinkunst Theilnahme
schenken, so ist es geradezu nothwendig, daß es uns
etwas über seinen Werdeprozeß berichtet, damit wir
gereizt werden, uns mit seiner Entstehung in Ge-
danken zu beschäftigen; ein Gegenstand, dessen Voll-
kommenheit uns als etwas Selbstverständliches er-
scheint, interessirt uns nach seiner künstlerischen Seite
nicht mehr. Vermögen es die Führer des „neuen
Aunstgewerbes", ihre Phantasie den praktischen und
materiellen Forderungen anzubequemen, dann wird
auch die häufig gehörte Alage verstummen, daß ihre
Werke theuer seien, und dann erst wird das „neue
Aunstgewerbe" von sich sagen können, es habe sich
eine achtunggebietende Stellung errungen.

An: nicht mißverstanden zu werden, sei noch
ausdrücklich betont, daß wir keineswegs einer ab-
solut billigen Produktion unter allen Am-
ständen das Wort reden wollen; es handelt sich
vieln:ehr darum, zwischen Aunstwerth und Markt-
preis ein gewisses Gleichgewicht herzustellen.
Ein vernünftiges Haushalten mit den Gestaltungs-
mitteln muß bei gleichem Aunstwerth immer auch

einen billigeren Verkaufspreis nach sich ziehen; es
braucht durchaus nicht befürchtet zu werden, daß
das Verbilligen auch ein Verschlechtern nach sich
zieht, so wenig wie jeder Vertheuerung auch eine
Verbesserung entspricht.

Wer wollte heutzutage einen Aünstler schelten,
weil er sich der Photographie als eines wichtigen
Hilfsmittels bedient, das ihn in den Stand fetzt, in
verhältnismäßig kurzer Zeit — also mit geringerem
Arbeitsaufwand eine Menge von Studien zu sam-
meln, die zu den — als selbstverständlich voraus-
gesetzten —• pandstudien ergänzend hinzutreten?

Es wird Niemand behaupten wollen, daß —
infolge der Ueberhandnahme der Photographie in
Malerkreisen — die Malerei selbst Rückschritte ge-
inacht habe; in: Gegentheil bildet dieses in seiner
heutigen Vollkommenheit optisch untrügliche pilfs-
mittel (innerhalb gewisser Grenzen) eine Aontrole
für die Genauigkeit der Zeichnung, wie sie frühere
Jahrzehnte nicht gekannt haben. Die Verbilligung
der Arbeitsweise durch Zeitersparnis für Studien hat
also keineswegs zu einer Verschlechterung der Bilder
geführt; es läßt sich darum auch hoffen, daß die
Aleinkunst in: Streben nach preiswertherer Perstellung
ihrer Erzeugnisse nicht an der Alippe „billig und
schlecht" scheitert, sondern unversehrt am Ziel landet!
Glückliche Fahrt! (Schluß folgt.)

-r- *

*

(Die Besprechung der einzelnen Ausstellungs-
gegenstände folgt in nächster Nummer. Zu den in
diesen: pefte abgebildeten finden sich — soweit nicht
schon in Vbigen: eine Besprechung enthalten oder
eine nähere Beschreibung überflüssig erschien — einige
erklärende Worte unter der Ueberschrift „Unsere
Bilder".)

SSO
 
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