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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 62.1911-1912

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Mössel, Julius: Die Farbe als Bauelement (Auszug): eine Betrachtung mehr für Architekten als für Maler
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Segmiller, E.: Zum Erwachen nationalen Kunstempfindens
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https://doi.org/10.11588/diglit.6844#0045

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Julius Mössel.

mentalem Gestalten an einem Wendepunkt, wie die
ältesten Stile ihn erlebten als sie die ersten floralen
Elemente zum ersten Wale mit geometrisierenden
formen im Ornament verschmolzen. Doch sind
Prophezeihungen eines einzelnen müßig, gegenüber
den vielgestaltigen Einflüssen, die Tag und Stunde
zur Wirksamkeit rusen.

44. Das böse Gewissen; von Jul. Mössel
(lebensgroß).

Möffel stand von Anfang an vor der farbigen Be-
wältigung großräumiger Architekturen ausgeprägten
Eharakters, an denen sich ein Manipulieren mit frag-
würdigen Experimenten verbot. Seine Formen-
sprache, die ihm zum Mittler seiner farbigen Raum-
gestaltung ward, stammt in den Fundamenten aus
der Tradition. Aber es wäre ebenso einseitig ge-
wertet, wie ein Zeugnis der totalen Unbekanntheit
mit allem Vergangenen, das Eigene darin nicht zu
sehen, das sein Schaffen als ein durchaus selb-
ständiges kennzeichnet. Dies persönliche, ja eigen-
willig Umgeformte daran zu erkennen, wird den
Jüngsten von heute nicht leicht sein, deren An-

schauungen, durch andere Aonventionen gebunden,
I der nötigen Einsicht und Vergleichsmöglichkeiten
durchaus entbehren. Umso erfreulicher und deut-
licher tritt das persönliche für alle jene hervor, die
I über wirkliche, nicht nur obenhin veräußerlichte Aennt-
; nis traditioneller Stilformen verfügen, um das voll-
kommen Eigenartige und Selbständige des Aünstlers
| darin ausgesprochen zu finden, der, im kleinsten wie
im größten Maßstabe sich zurechtfindend, immer sich
sicher im Ausdruck weiß. Erst vor seinen ausge-
führten Malereien im Raume selbst erkennt man
| die volle Souveränität seines Aönnens, die über eine
gebändigte technische Erfahrung verfügt und spielend
alles leicht, flüssig und sicher wie eine eilige Hand-
schrift, unmittelbar gestalten läßt, gleichviel ob es
j sich um Figur oder Ornament handelt. Zn einer Zeit,
in der sich die Maler alle von der Mitarbeit am
großen Merke des Architekten emanzipierten, einem
ewig nur dilettierenden Handwerkerstand allein dies
reiche Arbeitsfeld überlassend, stellte Möffel eine reiche
Begabung mit voller Aonsequenz in den Dienst der
farbigen Raumgestaltung, immer beweglich und mit
so viel Rönnen jede neue Aufgabe meisternd, daß
davor die Frage nach alt oder neu kaum phrasen-
haften wert besitzt. St. Stein lein.

Aum Erwachen nationalen (Ktmff ?
einpfin-ene.

Von L. Segmikker, Pforzheim-(Müncheir.

»tto Julius Bi er bäum hat etwa im Jahre
(903 unter den hervorragenden Malern
und Schriftstellern über den Einfluß der
französischen Aunst auf die deutsche eine
I Rundfrage veranstaltet, Paris Thoma schrieb da-
mals: „Auf mich selbst haben die Franzosen, die ich
j im Jahre (868 in Paris kennen und lieben gelernt
j habe, einen Eindruck gemacht, als ob ich befreit
würde; ich war nämlich kurz vorher in Düssel-
dorf und meinte, ich müßte Genrenmler werden.
An der Aunst Tourbets, Millets, Torots usw. hatte
ich eine so große Freude, — daß ich mich von
| da an getraute, ich selbst zu sein, nach meiner
Weise, und mich gar nicht mehr kümmerte um
die Weisheit unserer Aunstpächter. Zn Paris wurde
ich ein deutscher Aünstler, das heißt ich erhielt
den Mut und das Selbstvertrauen, so sein zu
dürfen, wie ich von Gott geschaffen worden, und
wie ich Talent erhalten habe. — Ein Deutscher bin
ich von Geburt, ich brauchte deshalb als Aünstler
bloß wahrhaftig zu sein. — Mit einem Gefühl von
i Dankbarkeit denke ich immer an meinen kurzen

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