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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 62.1911-1912

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22. Ordentlicher Delegiertentag und Kunstgewerbetag des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine: Delegiertentag in München: 24. Juni 1912 [und] Deutscher Kunstgewerbetag München: 25. und 26. Juni 1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.6844#0381

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Die Bayerische Gewerbeschau tNüuchen \y\2.

„Die Grenzenzwischenpandwerk,Kunst
und Industrie sind nicht scharf zu ziehen. Die
Gebiete durchdringen und decken sich teilweise. Die
Erziehung der Kunstgewerbler inuß im
Rahmen der allgemeinen gewerb-
lichen Erziehung überhaupt betrach-
tet werden, in welcher sie hinein-
gebettet ist. Die gemeinsamen Be-
strebungen gehen dahin, die Gegen-
sätze auszugleichen und das Er-
ziehungswesen so einzurichten, daß
sich die deutsche Arbeit durch Ge-
schmack und Gediegenheit eine be
herrschende Stellung in der Welt
erobere."

Redner gibt darauf einen ge-
drängten Überblick über den durch-
schnittlichen Werdegang des Ge-
werbetreibenden, der nach acht-
jährigem Bolksschulbesuch mit ^

Jahren in die Lehre tritt und gleich-
zeitig einen obligatorischen Unter-
richt in der Fortbildungsschule be-
ginnt, der mit seiner sechsjährigen
Dauer noch in die Gesellenzeit
hineingreift. Somit ein jähriger
Schulzwang, an dessen Ende in den
Gehilfenklassen der Fortbildungs-
schule der Lernende bis zur Meister-
schaft gelangen kann; darüber hin-
aus stehe» ihm auch Akademien
und Hochschulen offen, die der Ent
wicklung des selbständigen Schaffens
mit der Freude an der persönlichen
Arbeit ein weiteres Feld öffnet. Die
Ausbildung des Kunstgewerblers
ganz in die Werkstatt zu verlegen,
hindert der Niedergang des Lehr-
lingswesens und die Arbeitsteilung
in der Industrie. 3m weiteren
führte der Redner u. a. ans:1)

„Künstlerische Arbeit ist
sowohl für die Einzelwerk-
stätte als für die kunstindu-
striellen Großbetriebe un-
entbehrlich.—— Das kaufende
Publikum sollte ständig darüber
aufgeklärt werden, wie sich die Landarbeit zur Ma-
schinenarbeit verhält. Der wachsende Wohlstand wird
dazu führen, daß die geistige Bedeutung der kunst-
gewerblichen Originalarbeit mehr und mehr aner-
kannt wird. —- — Der Kampf gegen eine

V Auslassungen sind durch — — gekennzeichnet.

Massenproduktion, welche die Eigenart
der Gandarbeit in verständnisloser Weise
nach ahmt und dem tiefstehenden Geschmack der
Absatzgebiete in der beklagenswertesten Weise ent-
gegenkommt, wird nicht aufhören.
Der Ruf nach Qualitätsarbeit oder,
wie es der Werkbund nennt, nach
der Durchgeistigung der Arbeit, ist
nur allzusehr berechtigt. Unsere
Gewerbeschau ist mit dazu berufen,
den Geschnrack zu heben und die
Unterscheidungsfähigkeit des Publi-
kums zwischen den Erzeugnissen der
ksand und denen der Maschine zu
heben. Beide Gebiete können freund
schaftlich nebeneinander bestehen
und sind aufeinander angewiesen.

Die Fortbildungs- oder Fach-
schulen mit ihrem Werkstättenunter-
richt haben die Kunstgewerbeschulen
zum Teil überflügelt. — — Wo
alteinheimische Gewerbe im Er-
löschen sind, werden von Staats
wegen ländliche Fachschulen errich-
tet, und auch der Heimarbeit wird
in geschäftlicher und sozialer Ein-
sicht geholfen. Die Kunstgewerbe-
schule kann nicht als Borstufe für
die Kunsthochschule betrachtet wer-
den. Wofern sie nicht in den ge-
werblichen Fachschulen aufgehen
will, wird sie sich zu einer Hoch
schule für angewandte Kunst ent-
wickeln müssen. Unsere Hoch-
schulen für bildende K u n st
werden, dem Zug der Zeit folgend,
in solche für angewandte
K u 11 ft umgewandel 1 werden,
wobei Meisterateliers für freie Kunst
immerhin beizubehalten sind. Bei-
spiele für solche Entwicklungen haben
wir einerseits in der Kunstgewerbe-
schule zu Zürich, welche nach dem
Weggang De praeteres mit der
dortigen Gewerbeschule vereinigt
werden soll, anderseits in der Leip-
ziger Akademie, deren Entwicklung
unter Seliger zur pflege der graphischen Künste und
des Buchgewerbes geführt hat. Zn München
haben wir eine Überproduktion künstlerischer Kräfte
und wünschen uns neben unserem blühen-
den Kunsthandwerk auch eine blühende
Kunstindustrie. Erfreuliche Ansätze sind vor-

797. Wandbeleuchtung;
von Jakob Rehle, Augsburg.
(V« d. wirkl. Größe.)

798. tvandbeleuchtung;
vou Jakob Rehle, Augsburg.
(Vs d. wirkl. Größe.)

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