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Die Kunst-Halle — 3.1897/​1898

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No. 2
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Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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26

Die A un st-Halle

Nr. 2

Angen Ausdruck ist sprechend. Die Bildnisse von Paul
Beckert, Nicol Bachmann und Fräulein Steinthal sollen als
fleißige Arbeiten nicht übergangen werden. Aus Wien
kommt A. Ferraris; etwas süßlich und geleckt mitunter,
aber von großer technischer Vollkommenheit ist diese
Gallerte rothhaariger, viel Familienähnlichkeit zeigender
Schönen, die uns am besten gefallen dort, wo sie sich in
schwarzer Gewandung zeigen. Der Fleischton hat übrigens
mitunter etwas Marmorkaltes. Felix possart ist uns
als Landschafter lieber, denn als Porträtmaler. Und von
feinen Landschaften wären die frischen Studien wohl den
großen Salonbildern vorzuziehen, die mehr illustratives
Interesse erregen. Stimmungsvolle Studien hat Mar
Fritz im Dberlichtsaal ausgestellt. Stimmung durch ge-
treue Wiedergabe eines Stückchen Naturausschnittes zu
erzeugen sucht Fritz, während Hendrich sie durch freies
walten dec Phantasie zu erreichen sucht. Seine Farben-
phantastik befindet sich in „Letztes Glühen" hart an der
Grenze des Möglichen. Sein maßvolleres „Abendlied"
verklärt poetisch ein nordisches Fjord-Motiv. In E.
Ehrenberg's Lhristusbild ist das wollen achtungswerth,
aber die volle Wirkung des „Ich bin's" wird nicht ganz
erreicht. Dazu ist es zu weichlich ausgefallen.
viel Freude bereiten Einem die plastischen Arbeiten
von Ernst Müller. Er weiß mit einfachen Mitteln
Stimmung zu erzeugen und durch den Ausdruck zu packen.
Der Gipskopf „Glaube" erreicht das wohl am stärksten.
Auch der finster und trotzig blickende römische Eampagnole
ist glücklich aufgefaßt und überzeugend ausgeführt. Die
Marmorgruppe „Nachklänge" hätte vielleicht eine Nuance
Mystik mehr in dem Ausdruck der anmuthigcn Figuren ver-
tragen; doch wirkt sie auch so durch die Linien schön. Nicht des
Zaubers der Poesie bar stellt sich Lilli Finzelberg's
„Waldnymphe" dar, aber man möchte sich diese Mädchengestalt
noch zarter und leichter denken, Herzig im Ausdruck ist
das kleine Mädchen mit dem Geburtstagsstrauße. Es ist
ein halbdunkler Durchgaugsraum zu finden, wo man sich
auch die fein empfundenen Aquarelle von Malie v. Bunsen,
parkund Gartenmotive in trüber Luftstimmung, und ein
herbstliches Feld mit einem Kruzifix nicht entgehen lassen darf.
I. N-n.

Ikunstclironik.

* Berlin. Die im Akademiegebäude „Unter den
Linden" ausgestellten Modelle zum hiesigen Bismarck-
denkmal, die das Ergebniß eines engern Wettbewerbes
sind, stehen augenblicklich im Mittelpunkt des öffentlichen
künstlerischen Interesses. Line Reihe namhafter deutscher
Plastiker, darunter die Mehrzahl der Preisträger von der
Vorkonkurrenz, hat ihr reifes Können, ihr patriotisches
Empfinden an eine der dankbarsten monumentalen Auf-
gaben unserer Zeit gesetzt. Und der Erfolg ist nicht aus-
geblieben, wenn auch zwei der besten Künstler, Prof,
w. von Rümann, München, der früher schon einen der
ersten Preise gewann, und Prof. Diez, Dresden, ihre
Mitwirkung versagten. Zum Theil sind Ideen vor-
gebracht, an deren trefflicher Wirkung bei der Realisirung
der Entwürfe nicht gezweifelt werden kann. Und es
spricht schon die Auswahl der Kräfte, unter denen wir
R. Begas, Siemering, Otto Lessing, F. Schaper, L. Manzel,
Ad. Brütt, L. Pilgers, G. Eberlein, R. Maison, Fritz
Schneider, E. Echtermayer finden und nur den Bismarck-
darsteller H. Magnussen vermissen, dafür daß namentlich
die Reckengestalt des großen Kanzlers bei manchen
Schöpfungen eine kraftvoll würdige Erscheinung repräsentirt.
Da außerdem dieses Mal im Programm der Standort des
Denkmals vor der Westfront des Reichstagsgebäudes
zwischen dessen Freitreppe und der Siegessäule des Platzes
fixirt war, so beschränken sich die Abweichungen in der
Hauptsache auf die architektonische Gestaltung des Posta-

mentes und seiner Umrahmung, die sehr mannigfaltig
geformt und mit bezüglichem figuralem Schmuck nur
allzureich ausgestattet wurde. Dank der Theilnahme
fähiger Baukünstler, wie B. Schmitz, O. Rieth, Iassoy u. a.
ist auch der architektonische Theil bei mehreren Ent-
würfen ansprechend gelöst, sodaß die geplante Anlage
sich dem gegebenen gewaltigen Rahmen des wallot'schen
Baues und des Königsplatzes günstig einfügt. Die Ent-
scheidung mag daher den Herren Preisrichtern dieses
Mal schwer genug gefallen sein, und da bereits am Tage
der Eröffnung der Ausstellung verlautete, sie sei zuGunsten
des R. Begas'schen Modells erfolgt, so werden die Fern-
stehenden wohl anuehmen müssen, daß sehr bedeutende
künstlerische (Dualitäten des Werkes den Vorzug recht-
fertigen. Darüber läßt sich streiten. Der geschickte Plastiker
verleugnet sich zwar an keiner Stelle; aber zumal die An-
ordnung der Sockelfiguren und die etwas kümmerliche Archi-
tektur des Postaments lassen die Begas'sche Lösung der Auf-
gabe nicht als sonderlich glücklich erscheinen. Einen größeren
Figurenaufwand erlaubte sich Otto Lessing, dem offen-
bar die Wucht des Reichstagsbaues dabei vor Augen
stand. Er wie Echtermayer wählten als Hinterwand
einen Mbelisken. R. Maison stellte einen Grübler auf
dem Stuhle sitzend mit einer alterthümlichen Minerva da-
hinter etwas gesucht dar. Line vollwerthige Leistung hat
besondersL.Manzel geliefert. Man hat jedenfalls das sichere
Gefühl, daß diese zweite Konkurrenz um das Bismarck-
Denkmal ein befriedigendes Ergebniß finden wird, wer
auch als endgiltiger beneidenswerther Sieger in diesem
künstlerischen Kampfe die Ausführung erhalten mag, er
wird seine ganze Kraft an das lohnende Werk setzen, und
den Andern bleibt wenigstens der kleine Trost, ihr Bestes,
nicht gauz umsonst verschwendet zu haben.
* Dresden. Die Ausführung des König Albert-
Denkmals ist nunmehr dein Berliner Bildhauer Prof.
Max Baumbach übertragen worden, dessen Entwurf den
ersten Preis errungen hatte. — Prof. Ioh. Schilling,
der für den märkischen Ort Prenzlau ein Reiterstandbild
Kaiser Wilhelms I. modellirt, soll jetzt auch den Auftrag
zu einem dort geplanten Bismarck-Monument erhalten
haben. — Im Kunstsalon Ernst Arnold findet gegen-
wärtig die II. Ausstellung a lt j apan i scher Holz-
schnitte, Thon-, Bronzen-, Eisen-, Lack- und Elfenbein-
Arbeiten statt, die vollständiger ist als die (8<t5 veran-
staltete Japan-Ausstellung und daher das Interesse stärker
auf sich lenkt. Die ausgestellten Stücke sind mit Sorgfalt
ausgewählt und charakterisiren die Vorzüge einzelner
Künstler und ihre verschiedenen Techniken.
* Düs seid orf. Die Kunstakademie hat jetzt eine
wohl einzig dastehende Einrichtung getroffen, sie hat den
Bau eines Freilicht-Ateliers vollendet, der schon in
diesem Winterhalbjahr der Benutzung übergeben werden
wird.
* Frankfurt a. M. Im Kunstsalon Hermes ist
soeben eine interessante Sammlung von Arbeiten Max
Fleischer's, Rom, eingetroffen. Außerdem führt der
letzte Katalog die folgenden Meister auf'. Karl Hartmann,
München Po Gemälde), F. von Lenbach (z Gemälde),
F. Stuck neue Werke), G. Max (z Gemälde), I. F.
Raffaelli, Paris (3 Veduten) Ld. Grützner, Hugo Kauff-
mann u. a. m.
* Basel. Die vielbesprochene Böcklin-Ausstellung
ist, wie die „Frkf. Ztg." berichtet, im Oberlichtsaas der
Kunsthalle eröffnet, obschon die Jubelfeier des Meisters
auf Lude Oktober verschoben werden mußte. Mit über
achtzig Nummern sind alle Lebensstufcn und jedes Kunst-
genre des Malers vertreten, man möchte fast sagen, alle
Waffengattungen, denn gleich siegreich hat er sich in der
heroischen wie in der idyllischen Landschaft, in der reli-
giösen wie in der profanen und antikmythologischen Historie
hervorgethan, nicht zu vergessen das Porträt und die
Satyre und derbste Humoreske. Außer den zahlreichen
Werken, die unser eigenes Museum bieten konnte, sind
Gemälde aus Privatbesitz in Basel, der Schweiz und
selbst aus den fernsten Gegenden Deutschlands eingetroffen;
die Schack'sche Sammlung in München wurde nicht um
Ueberlassung ihrer meist der jüngeren Periode augehören-
 
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