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Die Kunst-Halle — 3.1897/​1898

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No. 19
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P., R.: Düsseldorfer Brief
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Norden, J.: Grosse Berliner Kunstausstellung 1898, [3]
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.63304#0342

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298

Die Aun st-Halle

Nr. l9

Keller-Reutlingen's braunrothe Abenddämmerung
auf den alten Dächern eines kleinen Bergstädtchens, oder
Strobentz Spaziergang eines jungen weißgekleideten
Mädchens im stimmungsvollsten Waldesgrün und Henge-
lers ernste Berglandschaft mit beleuchteter Burg, Tho-
mascher Lmpfindungsweise nahe verwandt. Auch Hugo
König's „Sommermondnacht" gehört hierher. Lin junges
Mädchen in einem von Mondschein durchschimmerten
Zimmer sitzt sinnend am Tisch. Das Ganze ist ein un-
gemein fein beobachteter Zusammenhang von weißen und
grünlichen Tönen. Benno Becker's blaugrüne Dämme-
rungsbilder „Sommer" und „Stilles Wasser" heischen
freilich mehr Licht, um zur vollen Wirkung zu kommen,
als in gewöhnlichen Wohnräumen vorhanden zu sein
pflegt.
Auch bei den Künstlern der Westseite finden wir vie
Bekanntes, hier schon Erwähntes, wie Karl Hart-
mann's „Heldenlieder", eine blau-grau-rosa Exkursion in
die Vorzeit der Germanen, die brillant ausgefallen ist,
aber in Bezug auf Farbeneffekt vielleicht etwas Ausge-
klügeltes an sich hat, wie Franz Gräsel's Entenbilder,
Lorinth's wenig ansprechende „Geburt der Venus" und
trotz des poetischen Titels philiströs anmuthender „Früh-
ling", und manches Andere. Einiges sieht man gern
wieder. Blos' „Mutter" gehört entschieden dazu, eines
der stimmungsreichsten Bilder auf der Ausstellung über-
haupt, wie sie so dasitzt mit dem rosigen Baby im stillen
kühlen Gemach voll grüner Dämmerung, oder Erdtelt's
kleines gedankenvolles Mädchen, zum Firmelgang ge-
schmückt.
Den Samberger'schen Bildnissen bei den Sezessio-
nisten hat die Luitpold - Gruppe Gleichwerthiges nicht zur
Seite zu stellen, obschon die Arbeiten von Blos, Erdtelt
Walther Thor auf diesem Gebiet durchaus von großem
wollen und tüchtigem Können zeugen. Dafür sind hier
einige Landschafter, namentlich Palmi e mit seiner dunkel-
wolkigen Fluß- und Sumpflandschaft, Andersen-Lundby,
mit einer Winterlandschaft aus seiner skandinavischen
Heimath, Paul Hey, der hier eine feine grau-güne
Wiesenlandschaft hat, Fritz Baer, der namentlich eine
sehr flotte, in den Farben tief empfundene Lrnteszenerie
ausgestellt hat, vor Allem Urban mit seinem feierlich
ernsten Fels- und Neermotiv in Dunkelblau und Roth-
braun, das sich der früher erwähnten Hendrich'schen
„Nordischen Sommernacht" nahe verwandt zeigt. Und
diese Landschaften stehen hinter den Ubbelohde, P. P.
Müller, H. v. Heyden, Hans Bartels, Hans
Fehrenberg u. A. sicher nicht zurück an Empfindung
und überzeugender Ausdrucksweise. Dann sind noch in
der Luitpold - Gruppe einige Figurenbilder zu sehen, die
zu längerem verweilen aufsordern. Karl Marr's
„Madonna" ist freilich, genau genommen, nur ein Farben
exxeriment in Blau und Rosa; sie ist weder mystisch
katholisch, noch deutsch empfindungsreich evangelisch, aber
sie wirkt malerisch, und das ist immerhin nicht wenig.
Und das Gleiche gilt auch von Raffael Schuster-
wold an's Allegorie „Auf der Höhe". Ls ist eine Art
Flügelbild, wo auf einem Hügel in idealer Landschaft in
seltsamer Verquickung eine weltverloren blickende nackte
Idealmädchengestalt und ein zeitgenössisch bekleideter
Mann sitzen, der jene — wohl das Symbol der Kunst
oder der Schönheit? — voll scheuer Ehrfurcht auf die

Schulter küßt. Neu ist wohl das andere Gemälde. In
sommerlicher Landschaft sitzen zwei Mädchengestalten auf
einer Steinbank in einer gesuchten Tracht, die die Mitte
hält zwischen der der zoer Jahre und unserer Tage.
Nicht nach Jedermanns Geschmack ist diese süßlich senti-
mentale Malerei.
I. Norden.

Ikrunslckronik.

Berlin. Mit der festlichen Einweihung des neuen
Künstlerhauses, das der Verein Berliner Künstler
durch Ausbau eines palastartigen Grundstückes in der
vornehmen Bellevuestraße sich hat Herrichten lassen, am
1.5. Mktober, wird in diesem Jahre die Wintersaison in der
Hauptstadt ihren Anfang nehmen. Der Kaiser, der an
diesem Tage fern von der Heimath weilt, hat dem Verein
schon jetzt sein lebhaftes Bedauern aussprechen lassen, im
Herbst verhindert zu sein, an der Einweihung des Hauses
theilzunehmen, dessen Herstellung er durch eine reichliche
Spende gefördert hatte- — In einer außerordentlichen
Sitzung der Kgl. Akademie der Künste wurde das
Andenken des Heimgegangenen Mitgliedes Friedrich
Geselschaps durch eine Rede des Präsidenten H- Ende
gefeiert; es wurde schließlich beschlossen: Für die Errichtung
eines würdigen Denkmals auf dem Grabe des ver-
storbenen Sorge zu tragen, eine Ausstellung seiner Werke
im Akademiegebäude in Aussicht zu nehmen, die Erwerbung
seines künstlerischen Nachlasses durch die Königliche Staats-
regierung herbeizuführen. — Für den märkischen Dichter
Willibald Alexis wird bei Gelegenheit seines toojähr.
Geburtstages am 29. Juni ein Denkmal in seiner Vater-
stadt Arnstadt geplant. Geldsendungen nehmen entgegen
die Herren: Bankier Alexander Meyer-Lohn in Berlin,
Unter den Linden u, Kommerzienrath Llwin Pätel in
Berlin ^V., Lützowstraße 7, Bankier Wilhelm v. Kümler,
Arnstadt. — Prof. Ludwig Manzel hat die Figur des
Frankenkaisers Heinrich III. sür das Südvestibul des
Reichtagshauses fertiggestellt. Das Werk wird jetzt in
Bronze gegossen.
* Stettin. Der Kaiser wird am x. Mkt. bei der
feierlichen Eröffnung des Freihafens zugegen sein.
Bei dieser Gelegenheit wird auf dem Platz vor dem Rath-
hause auch Prof. Ludwig Manzel's großer Brunnen
enthüllt werden. Die weibliche Hauptfigur, welche das
große Segel über der Schulter trägt und Stettin verkörpert,
wird allein 7 Meter hoch. Der ganze Brunnen wird eine
Höhe von 9—xo Meter erreichen, das ist die doppelte
Größe des Modells, welches sich auf der Kunstausstellung
von 189s befand.
* Kiel. Die Lrzstatue des Herzogs Friedrich von
Schleswig-Holstein, des Vaters der Kaiserin, wird auf
Beschluß des Komitös am Rande des Düsternbrooker
Holzes, dem Kriegshafen zugewendet, in der Nähe der
Marineakademie errichtet werden.
* Dortmund. Lin Bismarck-Denkmal wurde
dem Berliner Bildhauer Felderhoff übertragen, der
das Werk im wesentlichen vollendet hat. Die Figur des
Altreichskanzlers hat doppelte Lebensgröße und wird in
Bronze gegossen. Bismarck steht in seiner charakteristischen
Haltung da, die Hände über einander gelegt und auf das
Schwert gestützt. Die Aufstellung des Denkmals soll erst
im nächsten Jahre erfolgen.
* Frankfurt a. M. Die schon anderwärts gezeigte
Ausstellung von Künstlerlithograxhien erregt jetzt
im hiesigen Kunstgewerbemuseum um so tiefer das Interefle
der Besucher, als an der Spitze der Deutschen Abtheilung
die Frankfurter Maler Thoma, Steinhaufen und Süß mit
ihren religiösen und allegorischen Steinzeichnungen stehen.
 
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