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Die Kunst-Halle — 3.1897/​1898

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No. 17
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Norden, J.: Grosse Berliner Kunstausstellung 1898, [2]
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262

Die Aun st-Halle

Nr. l?

Krone

berliner Wnstauzztellung isos.

II.
s wurde schon neulich betont, daß die Bildniß-
rnalerei eine Stärke der Berliner bildet.
Das heißt — numerisch. Denn gerade auf
diesem Gebiete ist erstaunlich viel Mittelgut zu sehen.
Daß man einen tieferen bleibenden Eindruck gewinnt,
ist nur selten der Fall, denn selten ist versucht, eine
höhere künstlerische Aufgabe zu lösen.
Daß die beschäftigtsten Berliner portraitisten hier
nicht fehlen, versteht sich von selbst. Lin jedenfalls
geschickt gemaltes Männerbildniß ist das Konersche des
Grafen Herbert Bismarck (4); es ist nicht ohne kräftige
Charakteristik. Von Reinhold Lepsins bemerkte ich u. A.
ein junges Mädchen in Morgentoilette (9), ein Bild von
duftiger Feinheit. Mehr der Kiesel'schen Eleganz ent-
spricht dieses Mal Georg Meyn's dunkelhaarige junge
Dante in weißem Atlas mit Pelzbesatz (2t), doch steht es
nicht ganz auf der Höhe feines vorjährigen Damenbild-
nisses. Auch die Karl Ziegler'scheu Arbeiten bleiben
hinter denen des Vorjahres etwas zurück. Aber das
portrait der jungen Dame (;7) im dunkelblau-grünen
schottischen Kleid gehört zu denen, die man nicht vergißt.
Der Ausdruck des Kopfes in scharfein Profil mit der
schweren blonden Haarkrone und den sanften, sinnenden,
großen Augen ist sehr lebendig. Koloristisch stimmt die
graugrüne Tapete schön zu den Fleischtöuen und den
Farben des Kleides. Hugo Vogel hat ein sehr ver-
ständnißvolles Bild einer älteren blonden Dame in reicher
schwarzer Gesellschastsrobe gemalt, das trotz seiner tech-
nischen Vorzüge kalt läßt (3). Ansprechender ist sein
kleines selbstzufriedenes Mädchen im schmucken weißen
Kleide (4). Zwei gute Repräsentationsbilder sind
Georg Barlösius' Staatssekretair Stephan (42), das
ähnlich so schon zu sehen war (doch hat Barlösius hier
außerdem einen Angler aus dem Spreewald (55), wo der
landschaftliche Hintergrund viel Naturgefühl zeigt) und
Paul Beckert's Kardinal vr. Kopp (27), von sehr
sorgfältiger Ausführung und namentlich in der Zeichnung
sehr gewissenhaft. Befremdend ist der Mangel an Bild-
nissen von Hans Fechner, der doch im vorigen Jahre
mit einer zarten Frauenschönheit in Schwarz viel Theil-
nahme für seine vornehme Bildnißd rrstellung erweckte.
Zu den besseren portraits gehören auch das des Pianisten
d'Albert von H. Katsch (27), Fahrenkrogs Bildniß
seiner Frau (^), Schadow's Prof. v. Bergmann (35),
Gattin Helene Büchmann wohlgetrosfen hat (27), dessen
Vilma parlaghy's Staatssekretair v. Miquel (22) sagt
mir weniger zu als die Studie zu dem Bildniß, die
seinerzeit bei Schulte zu sehen war.
Ganz vortrefflich ist wieder Ernst Heilemann mit
einem lebensgroßen Damenportrait von großer Natürlichkeit
in der Haltung und einem impressionistischen Ehic, der
geradezu verblüfft (Fd). Neu war mir August Matth us,
Das Bildniß seiner jungen Frau mit seiner wirkungs-
vollen Farbenskala schwarz-grün-roth und dem durch-


sichtigen dunklen Inkarnat des reizenden Köpfchens (9)
ist recht gelungen. Flott und ausdrucksvoll hat Frieda
Menshausen ein weißgekleidetes Baby gemalt, das an
Blumen in einer Vase riecht; auch koloristisch ist das Bild
(4) fesselnd, von großer Kraft und frischer natürlicher
Farbe ist E. Goebeler's stillende Mutter <F7); die
Fleischtöne der Brust stehen famos gegen das schwarze
Kleid und wie sprechend ist der Ausdruck der Mutter!
Dabei Alles sehr breit. Endlich nenne ich noch Fr.
wobring's farbenprächtige Studie in Lila und Gelb
einer koketten jungen Blondine (22), sowie Willy
Dörings ernsten, strengen Damenkopf und Hans
Looschens köstlich schmutznasiges Mädelchen in der
Ziegelei (2;) auch sein symbolistisches Pastell „Waldes-
flüstern" (4) ist von guter Wirkung.
Dieses Bild leite uns zu den Landschaftern über.
Line Ueberraschung bereitete E Gussow, der Figuren-
maler, der wohl ausnahmsweise eine große Landschaft
sandte, ein Dämmerungsmotiv mit stark wirkendem
Kontrast zwischen gelblichen Lufttönen und dunklen Baum-
silhouetten Ha). Lugen Bracht fesselt wie immer.
Namentlich sein Dünenmotiv bei Nacht mit den geheimniß-
voll leuchtenden hochaufgethürmten Wolken ist von großer
packender Einfachheit (3). Im selben Saal hat G.Frenz ei
eine der schönsten Landschaften, wo die Rinder mit dem
Pflug auf dem Acker nur Staffage find. Sehr fein
beobachtet sind die leichten Wolken jenseits des Hügels
und der Schatten auf diesem. Auch w. Feldmann's
Bilder hängen hier: „Abendwolken" und „Abendsonne".
Besonders im letztgenannten Gemälde bilden die rosigen
Wolken, die Birkenstämme, die vorn aufragen, und der
über die dämmernde wiese aufwärts führende weg ein
schöntöniges Ganzes. Line annehmbare Umwerthung
der schottischen Farbensprache, wie wir sie u. a. auch bei
v. Eckardtstein (5) und bei Karl Genicke (Waldsee
in Dämmerung, 9) finden. P. Flickel hat wieder eine
seiner tiefen, sonnigen Lindenalleen (4), Normann ein
paar große Fjordmotive von diskreterer Farbenpracht als
sonst und darum um so wirksamer (9 und z), besonders
im Glanz des Wassers. Von Hermann Hendrich habe
ich schon lange nicht etwas so Gutes gesehen, wie seine
feierliche Ruhe athmende nordische Spätsommernacht mit
der dunkelblauen Meeresfluth, aus der röthlich schimmernde
tiefdunkle Felsen aufsteigen (22). Auch Ludwig Dett.
manns braun-roth-grünes „Herbstliches Gelände" (33)
zeigt diesen Maler von einer sehr vortheilhaften Seite.
Der Gesammtton ist wahr und schön und erreicht in der
hügeligen Landschaft eine überzeugende Tiefe. In der
Vollkraft seines Könnens und mit immer sich mittheilendem
Geschmack malte Hans Herrmann einen trotz aller
Farbenpracht nicht aufdringlich und grell wirkenden
„Blumenmarkt in Rotterdam" (4) und einen „Abend in
Maassluis" (4) mit einer wundervollen Luft, in der eine
alte Kathedrale duftumflossen sich vom Hintergründe
abhebt mit ihren pittoresken Linien. Saltzmann zeigt
sich in seiner blau-weißen Brandung am Hafendamm (3)
von einer neuen Seite, aber mehr zu Hause ist in dieser
Farbenskala Willy Hamacher, wie das auch wieder
sein großes Marinebild von der Mittelmeerküste in Morgen-
dämmerung (3) beweist. Mit anderer Palette hat derselbe
Künstler sein abendliches Murgthal in einem feinen, dunkel
gestimmten Graugrün gemalt. He inrich Basedow stell.
 
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