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Die Kunst-Halle — 3.1897/​1898

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No. 22
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M., C.: Dresden: Kunstschau
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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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Newski, Andrei: St. Petersburg: Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.63304#0394

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Die A un st-Halle

Nr. 22

3^

nebst Porträts, Studien und Radirungen ausgestellt hatte.
Natürlich erregten diese Sachen allgemeines Aufsehen wegen
des pikanten Stoffes, bis die Polizei, die liebe fürsorgliche
Sittenzüchterin, das anstößigste der Bilder entfernen ließ.
Auch künstlerisch genommen läßt sich über den Verth des
Zyklus, der in diesen Spalten schon vor längerer Zeit be-
sprochen wurde, wohl streiten. Jedenfalls lernten wir in
Frl. Lostenoble eine Künstlerin von beachtenswertster Be-
gabung und, was 2 Bildnisse, einige Studien und Ra-
dirungen erkennen ließen, gutem Rönnen schätzen. Nebenbei
interessirten Studien aus dem Riesengebirge von Prof.
Morgenstern-Breslau durch Natürlichkeit und Frische in
Auffassung und Fa^be: einige davor: sahen ganz modern
aus. Vier große wirkliche „Historienbilder" von dem längst
verstorbenen Prof. H. Schlösser, der lange in Rom lebte,
bewiesen wieder einmal, wie unendlich wandelbar der Be-
griff „schön" in der Runst ist: wer doch in HO oder 50 Jahren
die Werke der heutigen Künstler unbefangenen Auges sehen
könnte! Darauf folgte eine Sammelausstellung von Bildern
und Studien von Hans Peter Feddersen, alles Motive aus
der holsteinischen Heimath des Künstlers, schlicht und wahr
wiedergegeben und von warmblütiger Heimathsliebe er-
zählend: es ist erfrischend, von Zeit zu Zeit solchen künst-
lerischen Persönlichkeiten zu begegnen, die unbekümmert um
Richtung oder Stil als einzigen Leuchtstern ihrer künstlerischen
Bethätigung die innige Liebe zur Natur haben. Und
Feddersen verfügt dabei über ein starkes, kaum je versa-
gendes Können und wo seine Technik ebenso derb wird, nimmt
man auch dies gerne hin als ursprünglichen Ausdruck
einer kernigen norddeutschen Natur- Einige dieser Sachen,
in ihren anspruchslosen einfachen Leistenrahmen, die der
modischen sentimentalenRahmenstimmungswuth ein Schnipp-
chen schlagen, sind schlechthin als meisterhaft zu bezeichnen;
so z. B. die Parkstudie mit sonnigem wiesenplan vorne,
die „Wohnung armer Leute", „Mein Wohnhaus" und „der
Landweg bei Maarbüll". Gleichzeitig» waren einige Tage
im Privatatelier des Prof. Prell der „Winter" und „Ger-
mania", zwei der für die deutsche Botschaft in Rom aus-
geführten Wandgemälde den Kuustfreundeu zugänglich
gemacht.
In demjüngsten Kunstsalon Dresdens, inLmil Richter' s
Kunsthandlung im Europäischen Hof, waren erst einige
Franzosen vertreten, wie Meissonier 61s, Virginie Dumont-
Breton, Petitjean, Harxignies und graphische Arbeiten, unter
denen besonders die in Röthelton gedruckten Algraphien von
Cornelia Paczka-Wagner hervorragten, trefffich gezeichnete
weibliche Akte. Darauf folgte eine Sammelausstellung von
Arbeiten des Frankfurters F. Ernst Morgenstern, eine Reihe
von recht guten Seestücken in Gel, während sich unter den
mehr als 70 Aquarellen kaum etwas befand, das höheren
Ansprüchen genügte: alle flau und haltlos in der Farbe und
kleinlich in der Ausführung. Das Hauptgewicht legt dieser
Kunstsalon auf keramische Erzeugnisse und sonstige kunst-
gewerbliche Arbeiten, von denen immer eine reiche Auswahl
vorhanden ist, so Thongefäße von Länger, Bigot, Massier,
H. von Heider, Porzellane vonwillmmser undRörstrand,Kry-
stallgefässe von Emile Gallo, Lederarbeiten von Charpentier
und Madame Thaulow und Holzschnitzereien von Louis
Hesteaux: letztere raffinirt gemacht und von hypernervösem
Geschmack, wie mich dünkt, so daß man keine ehrliche Freude
an ihnen haben kann. C. N.

Uüycbyen Mpief.

Kunstverein herrscht zur Zeit des Sommers
und der großen Ausstellungen die übliche Ruhe. Die
beiden letztverstorbenen Kunstgrößen, Geselschax
und Burne-Iones, wurden durch kleine Kollektionen der
Pietät des Publikums empfohlen. Ls konnte sich hierbei
leider nur um flüchtige Skizzen handeln, welche den, der
mit dem Schaffen jener Meister etwa unbekannt war, von
ihrem Wesen nur einen Hauch verspüren lassen. Mit
zehn (Original-Lithographien debutirt Fritz Burger
auf einem für seine Kunst neuem Gebiete. Es war des
Künstlers Bestreben darauf gerichtet, den Bildern das
plakatartige zu nehmen. Gb dieses Bemühen später
einmal zu einem vollkommenen Resultate gelangt, muß
die Zukunft lehren. Die Blätter stellen zehn Damen der
hiesigen Gesellschaft portraitgetreu dar; sie sind griechisch
gekommen, wie sie im Winter das vielbesprochene
Künstlerfest verherrlicht. Die technische Höhe, welche in
dem Kunstwerth erreicht ist, verdient jedenfalls lebhafte
Anerkennung, zumal wenn man an die angewandte
Vielfarbigkeit denkt.
Ein von Kaiser Wilhelm II. gestiftetes Glasfenster,
welches für die Schloßkaxelle in Cadolzburg bestimmt
ist, sei noch erwähnt. Es ist von de Bsuche gemacht
und stellt die Kursürstin Elisabeth von Brandenburg dar.
Durch exakte Zeichnung und Farbensrische weist das Werk
entschieden künstlerische (Dualitäten auf. Sophie Hormann
versteht in ihren Stillleben; auch wenn sie sich bewußt in
altmeisterlichem Style bewegt, die Natur mit eigenen
Augen zu schauen, von Schlögl's Landschaften wirken
wie Abziehbildchen und es dürfte von ihnen nicht die
Rede sein, wenn wir von Kunst sprechen. Nur die
Menge, in der diese Gebirgsmotivchen im Kunstverein
auftreten und — verkauft werden, nöthigt uns zu dieser
Erwähnung. A

81. Petersburg:


W^üngst ist hier einer der ältesten russischen Künstler
gestorben — ProfessorNikolaiI.Sswertschkow,
der ein Alter von 8H Jahren erreicht hat und
trotzdem bis in die letzte Zeit hinein thätig gewesen ist.
Sswertschkow war einer von den wenigen Künstlern
Rußlands, der als Zeichner und Maler auch dem Westen
gut bekannt war. wie in Paris, wo er Jahre lang
gelebt hat, so hat er auch in Berlin und Wien, München
und Weimar, London und Brüssel, Amsterdam und
Antwerpen durch Einzelausstellungen und Betheiligung an
Internationalen Ausstellungen sich und der russischen Kunst
viel Ehre erworben und überall zahlreiche Käufer
gefunden, ist auch vielfach durch ausländische (Orden und
Medaillen, Lhrendixlome u. dgl. ausgezeichnet worden.
Am bekanntesten ist er, der Sohn eines Kaiserlichen
Marstallsbeamten, wohl als Pferdexortraitmaler geworden,
 
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