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Die Kunst-Halle — 3.1897/​1898

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No. 17
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Norden, J.: Grosse Berliner Kunstausstellung 1898, [2]
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M., C.: Dresden: Kunstbrief
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Nr. 17

Die Kunst-Halle

263

eine seiner frappant hingesetzten Szenerien aus: „Mummel-
see auf Rügen" (9): ein tiefdunkler Wasserspiegel zwischen
Schilf und Schlamm, am Fuße eines mit Laubwald be-
standenen Hügels in abendlicher Stunde. Julius
wentscher hat wieder ein an farbigen Kontrasten reiches
Motiv von der samländischen Gstseeküste (22). Eine
prächtige herbstliche Waldlandschaft — Buchenwald im
Oktober — hat Elisabeth v. Licken ausgestellt, ein
Bild von männlich kräftiger Sprache und großem zeich-
nerischen Können (3P.
Dann wären da noch einige Namen zu nennen, die
man sich wird merken müssen; denn die Bilder, unter
denen sie stehen, versprechen etwas, thun zum Theil noch
mehr. Ich habe da weniger Otto Engel im Auge,
der sich mit seinem ansprechenden schleswigschen Motiv
an bekannte Bilder des Prinzen Lugen von Schweden
angelehnt hat (27), und auch nicht das ebenfalls gelungene
abendliche Hafenbild in Grün und Gelb von Otto
Lämmerhirt, der in Leistikow'schen Bahnen wandelt
(27). — Leistikow selbst hat, nebenbei bemerkt, nur eine
einzige neue schöne Stimmungslandschaft auf der Aus-
stellung, eine nicht stilisirte, in Grau und Rosa, ver-
muthlich auch aus Schweden — sondern einige andere,
die mehr Eigenes zu geben suchen. So Karl Becker,
der in flotter Vortragsweise und feinstudirten Farben eine
„Haserernte" (zz) und eine Straßenszene aus einem
Berliner Vororte im Morgengrauen (9) malte. Menschen,
Thiere, das Landschaftliche — alles steht auf gleicher
Höhe. So auch namentlich Karl Holzapfel und Karl
Heßmert. Holzapfel malte eine herbstliche Haideland-
schaft mit einer Schafherde als Staffage (27). Breit,
flott, zweckbewußt sind die Farben hingestrichen. Line
stark bewegte Luft mit Wolkenfetzen, die sich in großen
Wasserlachen auf dem einsamen Feldwege wiederspiegeln.
Lin schöner, goldiger Ton im Ganzen und eine tiefernste
Herbststimmung. Heßmert gab einen Sommerabend-
effekt in einer in der Einfachheit an die Worpsweder
gemahnenden Landschaft mit tiefer Empfindung und
tüchtigem Können (9). Höher aber stelle ich noch seinen
Vorfrühlingsmorgen im stumpfen Gelb der von einem
blauen Wässerlein durchgrabenen wiesen, die hinten eine
rothbraunewaldsilhouetteabschließt, über der graublaue Luft
wallt (19). Hier ist eine Stimmung erreicht, wie sonst
nur auf wenigen Bildern. Endlich will ich eines Gemäldes
in der Vorhalle von Ernst Otto gedenken, einer abend-
scheinerfüllten, flott hingestrichenen Landschaft, in der
zwei große Trappen, goldig beschienen, über die weite
Fläche schwerfällig hinfliegen. Ls liegt etwas vom Reize
Lilsefors'scher Auffassung im Bilde. Unter den dieses
Mal nicht allzureichlich vorhandenen Stillleben wird
Niemand die koloristisch prächtigen, virtuos gemalten
Blumenstücke von F. L. Wolfrom und E. Hedinger
übersehen.
Das nächste Mal wende ich mich den anderen
deutschen Malergruppen zu. - „

Dresden:
^ayskbriek.

letzten Wochen haben uns wieder manches
Gute undSehenswerthe gebracht, nachdem die
wogen des Streites zwischen der Ausstellungs-
Kommission und dem Verein bildender Künstler
sich etwas geglättet haben.
Die Kunstgenossenschast veranstaltete für
ihre Mitglieder und eingeladene Gäste 2 kleine Aus-
stellungen, und obgleich diese also nicht eigentlich
öffentlich waren, möchte ich doch nicht unterlassen,
hier von ihnen zu sprechen, da sie zwei ältere hiesige
Künstler betraf. Kurz nacheinander waren Samin-
lungen von Studien unseres Bildnißmalers Prof.
Leon Pohle und des Landschaftsmalers Prof. Friedr.
Preller ausgestellt. Daß Wohles Porträts vornehm
charakterifirt und mit oft bewunderungswürdiger
Virtuosität gemalt sind, ist bekannt; hier in den
Studien erfreute die farbige Frische und der große
malerische Geschmack, mit dem diese Sachen gemacht
sind, die Reife, die bei der Studie just das giebt,
was fesselt und alles Andere wegläßt oder unterdrückt.
Die Studienausstellung von Friedrich Preller
umfaßte Arbeiteu aus früheren Jahren bis aus heute,
Zeichnungen uud Gelstudien aus Italien, Griechen-
land, der Schweiz und Deutschland; sie war insofern
lehrreich und wichtig als sie zeigte, daß unsere Land-
schaftsmalerei nicht allein durch unsere geschickten
jüngeren Nachahmer der belgischen und französischen
Landschafter vertreten sind, deren Arbeiten „Reize"
und „Reizchen" haben, die aber doch umsomehr auf
die Dauer öde und poesielos erscheinen, weil sie sich
in der Darstellung gewisser immer wiederkehrender
Stimmungen und in oft mehr als simplen Motiven
erschöpfen. Auch sie haben. Verdienste und leisten
oft vortreffliches; aber es giebt doch auch noch etwas
anderes in der Landschaftsmalerei, was Verdienst
und Bestand hat, und das hier zu betonen bot diese
Ausstellung willkommene Gelegenheit, da die oben
bezeichnete jüngere Schule so oft als die allein alles
Heilbringende hingestellt und gefeiert wird. Prof.
Prellers Studien zeigten eine interessante Lntwickelung
nach der coloristischen Seite hin; unter denen der
letzten Jahre aus dem Sabinergebirge und vom
St. Gotthard fielen einige besonders dadurch auf,
daß mit der Größe der Naturauffassung und der
klaren Harmonie der Linien, eine große farbige
Feinheit und Frische verbunden war; außer direkt
vor der Natur entstandenen Sachen brachte die Aus-
stellung einen farbigen Entwurf von dem großen
Wandbilds, das Prof. Preller voriges Jahr in der
großen Halle des Universitätsneubaues in Leipzig
ausgeführt hat; Prometheus mit dem geraubten
Feuer zur Erde herabsteigend. Ls ist eine kühne,
gewaltige Komposition, schwungvoll in der Linien-
führung und der farbigen Ausgestaltung.
Der Sächs. Kunst verein hatte unterdessen in
erfreulicher Abwechslung neben einer Böcklin-Aus-
stellung, die (2 Originale und das Heliogravürenwerk
umfaßte, eine Sammlung von Bildern des Wei-
maraners Prof. Hagen, die ja kürzlich schon an dieser
Stelle nach Verdienst gewürdigt wurde, gebracht
und den Nachlaß des verstorbenen Alb. Brendel, des
letzten bedeutenden Thiermalers, der noch die directen
Anregungen der großen Zeit der Schule von Barbizon
 
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