Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 23.1888

DOI Artikel:
Levin, Theodor: Noch ein Wort in Sachen des Städelschen Instituts, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6193#0148

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
283

Noch ein Wort m Sachen des Städelschen Jnstituts.

284

ersten, zweiten und letzten Grades so angeschwärmt
wie dieses Bild. Jch wüßte auch nicht, daß sich
jemals in der wissenschaftlichen Kritik ein Zweifel
dagegen erhoben hätte. Es ist ein englisches Fabrikat
des vorigen Jahrhunderts nnd zwar keines von
jenen, von welchen ich behaupten durfte, daß sie
interessanter sind, als die Urbilder, sondern eine für
die hvhere damalige englische Kunst schwache Arbeit.
Unsere Künstler werden in den Werken der älteren
Kunst von einem Schein geblendet, der auch den un-
bedeutendsten Arbeiten jener Zeit eigen ist, von der
elementaren Wirkung der Malmittel, die man trotz aller
Anstrengungen und experimentirenden Einzelversuche
nicht wieder erwecken kann. Wenn ein Farbenreiber
jener Zeit in der Abwesenheit des Meisters zu dessen
Palette und Pinsel grifs, um sich auch einmal auf
einem höheren Gebiete zu versuchen, so brachte er
etwas zu Stande, was der Gegenwart ein anlocken-
des Rätsel darbietet. Jch betone hier wiederholt,
daß die englische Kunst des vorigen Jahrhunderts
einschließlich der ersten dreißig Jahre dieses Fahr-
hunderts die reine Farbenwirknng, die Jntensität
der Leuchtkraft auf eine Hohe brachte, neben der sich
kein älteres Bild zu behanpten vermag. Noch Bilder
von Lawrenee und Owen schlagen jeden Rnbens und
van Dyk tot, nnd dasselbe ist in der Pinakothek einem
englischen Bilderfabrikanten des vorigen Jahrhunderts
gelungen. Man werfe doch nur einen Blick rings
umher. Es giebt ja keinen zweiten Raum in der
Welt, wo so treffliche und ganz eigenhändige Bilder
von Rubens zusammenhängen. Das englische Bild
stößt geradezu ein Loch in die milde Harmonie,
welche über die Wand ausgebreitet ist. Das Rot
Packt, aber es ist eben kein Rot des 17. Jahrhnnderts.
Und nun die Ungeschicktheit der Handführnng.
Solche auf den Schein gemalte Landschaft soll ein
Rubens zustande gebracht haben, ein Künstler, der
sich in der Form niemals selbst belog? Das Wasser
ist geradezu kindisch, wie alles Nebenwerk, beispiels-
weise der Dudelsack, wenn es anders einer sein soll.
Aber der verquälte Kopf der Fran, das unver-
standene weiße Hemd, das mit dem Knochenschwamm
behaftete Knie, reden die denn noch nicht lant genug?
Redet die Erwärmung der Schatten niit rotem Lack,
das englische Rot zwischen den Zehen des Hirten nicht
laut genug? Als ich einem unserer größten Kenner
meine Wahrnehmung niitteilte, gestand er mir sofort
zu, daß ihm bei dem Bilde vor Kurzem etwas auf-
gefallen sei, was er an den Werken des Rubens sonst
nie wahrgenommen habe, daß sich der Meister hier
wirklich einmal gequält hat. Mit dieser Kritik ist das
Bild auch schon ohne mich gerichtet, denn Rubens hat
sich niemals „gequält".

Die Pinakothek besitzt noch eine andere Rubens-
fälschung englischer Provenienz, welche weit interes-
santer und geistvoller ist als das eben analysirte Bild:
die skizzirte Grablegung. (758).

Nr. 70. Franz Snyders. Der Kampf der Tiere.
Nr. 185 des Kataloges. Man braucht dieses Bild
nur mit dem als Gegenstück nufgehängten echten
Snyders, der die gefälschte Signatnr Sneyers trügt,
zu vergleichen, nm sofort den Eindruck eines moder-
nen, d. h. etwa hnndert Jahre alten Fabrikates z"
bekommen. Wem das nicht genügt, der stndire den
wunderbar gezeichneten Hals des Pfanes.

Nr. 71. Derselbe. Der von Hunden verfolgte
Hirsch ist zwar kein Snyders, aber ein guter Paul
de Vos, eine Ansicht, zn der auch Woermann selb-
ständig gelangte.

Nr. 72. Jakob Jordaens. Anbetung der Hirten.
Nr. 139 des Kataloges. Trauriges Machwerk.

Nr. 73. Lucas von Uden. Landschaft mit
reicher Staffage. Nr. 140 des Kataloges. Denjenigen,
welche geneigt sind, so etwas für die Arbeit Udens
zu halten, empfehle ich das Kostüm des Herrn und
der Dame in der mit zwei Schimmeln bespannten
Kalesche.

Nr. 74. Theodor Rombouts. Brustbild eines
Mannes. dir. 142 des Kataloges. Willkürliche Be-
nennnng eines schwachen Bildnisses.

Nr. 75. Antonius van Dyck. Bildnis eines
jungen Mannes. Nr. 143 des Kataloges. Für
2311 Fl. 1845 in der Versteigerung Fesch gekauft.
Jst für van Dyck viel zu lahm. Man stndire nur
den Mund. Höchstens ein Hannemann.

Nr. 76. Derselbe. Kvpf eines Negers. Nr.
144 des Kataloges. Erscheint auf die gegenwärtige
Entfernung für eine Originalarbeit zu schwach. Ein
sicheres Urteil ist zur Zeit nicht möglich.

Nr. 77 und 78. Abraham van Diepenbeeck.
Bildnis in Jägertracht und Bildnis eines Mädchens
in Schüfertracht. Nr. 145 und 146 des Kataloges.
Willkürliche Taufe von viel zu schwachen Bildern.

Nr. 79. Adriaen Brouwer. Ein Bauer wird
auf dem Rücken operirt. Nr. 148 des Kataloges.
Kein Brouwer, wahrscheinlich englisch. Man bemerke
die geistlose Behandluug im Kopfe des Operateurs.
Gekauft 1868 vom Frankfurter Kunstverein sür 2400
Gulden.

Nr. 80. Derselbe. Brustbild eines Mannes.
Nr. 149 des Kataloges. Englische Arbeit. Die Sig-
natur schon ihrer Stellung nach eine kindliche Fälschung.

Nr. 81. Jan Fyt. Totes Rebhuhn. Nr. 150
des Kataloges. Gegenwärtig mit Sicherheit nicht zu
beurteilen. Das „Johannes" in der Signatur macht
deren Echtheit unwahrscheinlich.
 
Annotationen