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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 23.1888

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Müller, Sigurd: Dänische Ausstellungen und Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6193#0174

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Dänische Ausstellungen und Sammlungen.

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den Erfolg des ganzen Unternchmens rccht tvohl
überblicken.

Daß es sich nicht um Kleinigkeiten handelt, läßt
sich schon daraus ersehen, daß dic Auffnhrungskosten
für das Gcbäude auf 200000 Kronen (224000 Reichs-
mark) kalknlirt sind. Die Zeichnung des Ganzen ist
vom Architekten Alfred Thomsen entworfen: vor dem
Gebäude, das aus Fachwerk mit einem Dach von
Eisen und Glas bestehen wird, soll sich ein Portikns
mit sechs, 5,75 m hvhen Säulen erheben; dcr größte
Saal wird nngefähr 58 m lang, 12 m breit und 10
m hoch, seder der sechs kleineren 30, 10 und 8 w;
überall kommt Oberlicht. Von den französischen Auto-
ritäten sowie von den Künstlern wnrden die Herren
Klein und Kröyer mit größter Gefälligkeit empfan-
gen, und sofort wnrde, um alles Nötige in Ordnung
zu bringen, unter dem Präsidium des vormaligen
Ministers der schönen Künste Antoine Pronst, cin
Komitee gebildet: als Vizepräsident steht Louis Pa-
steur da, Mitglieder sind unter anderen Bonnat,
Paul Dnbois, Carolus Duran, Gorome, Gervex,
Puvis de Chavanne, Roll, Barrias, Chapn, Dela-
pkanche, Falguiäre, Gautherin, Mercier, Garnier,
Braguemont und Chaplin, als Sekretttr nnd Expedi-
teur fnngirt der Knnsthändler Petit. Alle die ge-
nannten Künstler haben versprochen, mit den besten
ihrer Werke, die sie herbeizuschaffen imstande sind,
teilzunehmen; auch von Meissonier nnd viclen anderen
Berühmtheiten werden Hauptwerke, teils aus den
Ateliers, teils ans den Sammlungen des Staates
und aus den Privatgalericn, ankommen. Alle be-
deutenderen Architekten Frankreichs wcrden vertreten
sein; eingesandt ist schon manches, wie z. B. 50
Originalzeichnungen des berühmten Werkes Nonn-
menks kiistoricines äs la kkranvs, eine Menge Re-
staurationen antiker Banwerke, von Pensionären der
französischen Akademie zu Rom ansgeführt, sowie
50 Reisestndien in Aquarell von Garnicr und anderen
hervorragenden Baukünstlern. Es wird somit diese
Ausstellung einen Überblick dcr jetzigen französischcn
Kunst geben, wie man ihn schwerlich oder richtiger
gar nicht von einem einzelnen „Salvn" wird erwarten
können. Nur von besonders eingeladenen Künstlern
werden Arbeiten angenommen; würde man eine all-
gemeine Einladung ergehen lassen, könnte man die
Einsendung von mehreren Tausenden von Bildwerken
erwarten. So haben wenigstens mehrere Mitglieder
des französischen Komitees den Herren Klein und
Kröyer versichert.

Über den Urheber des Ganzen, den Herrn Karl
Jacob sen, nur noch einige Wortc. Er ist der Sohn
des im letzten Spätjahre verschiedene» Bierbrauers!
gleichen Namens, ein Mäcen ersten Ranges, welcher

sür künstlerische und wissenschaftliche Zwccke Millionen
ansgab. Der Sohn tritt so würdig in die Fuß-
stapfen des Vaters, daß es einem jedcn knnstliebenden
Dänen als höchste Pflicht erscheinen muß, das mög-
lichst größte Quantum Neu - Carlsberger Bier zn
vertilgen: weiß man ja doch, daß der allcrgrößte Teil
der Kapitalicn, die Karl Jacobsen verdient, dcr Kunst
und den Kiinstlcrn zuni Vorteile gereichen werden.
Daß Jacobsen im Lanfe der letzten Jahre seine Vater-
stadt mit einer größeren Zahl Vvn köstlichen Bronze-
abgüssen antiker Statnen zur Aufstellung in einem
öffentlichen Park beschenkt hat — cin Grnndkapital
von 100 000 Kronen sichert die Vermehrung der
Sammlung — ist nur das Wenigste. Vor fünf Jah-
ren eröffnete er dem Publikuni seine „Glyptothek",
eine Sammlung neuerer dänischer und ausländischer
Sknlpturen nebst Antiken. Der Katalog verzeichnete
damals 61 Nnmmern, darunter acht Bronzeabgüsse
von Antiken salle Originalgröße), wie Laokoon, den
Apoxyvmcnos, Sanroktonos, nnd von Michelangelo's
Pietä; von Originalen einen köstlichen archaischen Ath-
letenkvpf nnd als Hauptstück den berühmten Sarkophag
Casali (abgebildet nnd beschrieben in Visconti's Nnseo
Lio-Llsmsntino, 1'orn. V und O. Müller, Denkmäler II;
um ungefähr 50 000 Fr. erworben); Marmorarbeiten
von Dubois, Gautherin, Delaplanche, Gipsabgüsse
nnd Modelle von Werken mehrerer berühmter mo-
derner Künstler des Auslandes und endlich Hanpt-
werke einheimischer Sknlptnr. Allein der Katalog
von 1887 ist schvn bis anf 465 Nnmmern heran-
gewachsen, wvbei noch zu bemerken ist, daß vierzehn
auserlesene Originalfignren nnd Gruppen ans Tanagra
unter einer Nummer verzeichnet sind. Besonders nen-
nenswert sind anßer einer Fülle von Hauptwerken der
Dänen Thorwaldsen, H. V. Bissen, Wilhelm Bissen,
Jerichan n. a. (vieles in Marmor), hervorragende
Werke von Canova, Tenerani, Schwanthaler, Dannecker,
Wagner, Tieck, dann Dnbois' Eva (Marmor) l), die
vier Statnen vom Denkmal Lanwricisre's (Marmor),
St.JeanBaptiste, Chanteur Florentin, Narcissus u.s. w.,
Delaplanche's Eva, illa innsicins (Marmvr), Gautherins
I>8 xii.i'acli8 pscän (Marmor), I/S ti'avnil, Clotilde dc
Surville nnd Anderes, Chapu's Jeanne d'Arc (Mar-
mor), Ini jsnnssss vom Regnanltmonument und noch
sechs Arbeiten, dann vieles von Barye (drei Bron-
zen), Carpeaux, Mercier, Baujault und Anderen.
Dazn kommen noch Antiken wie Myrons Diskobol

1) Zwei Marmorexcmplare. Das ursprünglich gelieferte
hatte einige Flecken. Als Herr Jacobsen sich beim Künstler
darüber beklagte, lieferte diescr ein tadelloses und wvllte das
erste zurücknehmen. „Nein", meinte Herr Jacobsen, „das
kann man schon behalten und es vielleicht einmal einem
Provinzialmuseum schenken."
 
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