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Der Salou von 1888.
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Flameng, von Chartran nnd Benj. Constant.
Constants Triptychon ist sehr farbig, aber nicht frei
von prunkender Leere, wie geschickt es auch sich im
Gebiet der Phrase fast ausreichend zeigt; es waren
die Akademie von Paris, die Wisscnschaften und die
Künste von jenem Maler verlangt worden, der in Oda-
lisken einen so nnvergleichlichen Schmelz besitzt. Besser
schmiegt sich das Talent Fran<;ois Flamengs den
trockenen Anfgaben an. Er hatte diesesmal die Grund-
steinlegnng der Sorbonne darzustellen, und bringt da-
dnrch, daß er den Kardinal Richelieu klein nnd im
Mitteltreffen, die Stein-
arbeiter und Gesellen
aber monnmental und
im Vordcrgrund sein
läßt, eine Wirkung her-
vor, die zwar besser
als die Langeweile ist,
die Flameng erzeugt
haben würde, wenn er
umgekehrt verfahren
wäre, dieaber doch mehr
s'lberraschung als Knnst-
genuß ist. Besser ist
der Teil seiner Kompo-
sition, auf dem „Hein-
rich IV. die Universi-
tät reformirt". Das
ist gewiß eine dieFähig-
keiten der bildenden
Kunst übersteigende
Anfgabe, nnd derKnnst-
ler hat sich begnügt,
ein reizendes schmiede-
eisernes Gitter, hinter
dessen Gliedern Hein-
rich IV. in charakteristi-
scher Konversation, und
in der Fernsicht die
alte Stadt Paris darzustellen, tvomit cr den Dank
der Kunstfreunde und vielleicht die Abneigung der
Freunde der Historienmalerei auf sich gezogen hat.
Von Bouguereau sieht man, was man nicht
anders erwarten konnte: ausgezeichnete Sauberkeit.
Anch Cabanels Damenporträts sind Schöpfungen,
welche ebenso untadelhaft wie gefühllos sind, nnd bei
den Akademikern der strikten Observanz muß man bis
zum Direktor der römischen Akademie Hsbert zurück-
gehn, um ein edles und doch tiefempfundenes Gemälde
zn nennen. Es ist eine sehr schöne, dunkle und schmerz-
liche Mnse mit grünem Kranz im schwarzen Haar,
welche den Heroen ohne Ruhm, nach Hsberts Angabe,
bestimmt ist, ein Ressort, welches den dunkel fragenden
^ Ausdruck der Augen dieser Dame entschnldigt. Hnm-
berts „Uaisrnits" gehört der oben gestreiften Puvis
de Chavannes-Gefolgschaft an, ist aber ein gnt-
empfuudcnes Bild. L'Hermitte leistet jetzt im Öl-
bild nicht das, was er in Kohlenzeichnungen aus-
driicken kann. Henners „Heil. Sebastian" ist wieder
eine sehr wirkungsvolle, nnr flnchtige altmeisterliche
Arbeit. Von Lefebvre fällt, nebst eineni etwas lar-
mohanten Waisenmädchen, ein in der Zeichnung vor-
züglicher Mädchenkopf nuf, während der „Sommer"
von Raphael Colin die Frenndedieses liebenswürdigen
Künstlers etwas ent-
täuschen muß; es ist
auf diesem Bilde viel-
leicht eine Verwechs-
lung von Zartheit und
Schwäche in der Farbe
vor sich gegangen. Auch
der Virgil von Duez
enttäuscht diejenigen,
die diesem wirklich
freien Meister zugethan
sind, durch eine gewisse
Zahmheit der Farbe, die
die schönen Jntentionen
des Künstlers, Virgil
in einem frühlingsfri-
schen Walde am Meer
wandeln zu lassen, nicht
voll zur Wirkung kom-
men läßt. Göröme
entbietet die meisten
Celebritäten der grie-
chischen Götterwelt.
Am Meeresgestade
träumt ein gut ange-
zogener junger Poet in
Kniestrümpfenundblan-
ken Schnallenschuhen,
und infolge dieser Beschüftignng entsteigt dem Wel-
lenschaume Venus und all ihr sündhaftes Gefolge,
Nhmphen rollen sich an den Strand und die Muse des
Dichters erzählt demselben einige Details über diese
kleinenLebewesen, Ebenfalls insGebiet derTränme be-
gab sich mit einem umfangreichen Bilde der sonst sehr
konkrete Edouard Detnille, indem cr eine Trnppe,
anf dem Marsch befindlich, von Ermattung über-
wältigt, auf die Ebene zum Schlafe hingelagert zeigt,
Mannschaften und Offiziere alle durcheinander; voran
stehen die zn Phramiden anfgestellten Gewehre; diese
sieht man noch scharf; jenseits aber beginnt das Reich
der Vision, ein ungeheures Gebirge herab kommen
Scharen vvn Soldaten, Scharen von Siegern aus
R. Hall: I,e voea.
Der Salou von 1888.
626
Flameng, von Chartran nnd Benj. Constant.
Constants Triptychon ist sehr farbig, aber nicht frei
von prunkender Leere, wie geschickt es auch sich im
Gebiet der Phrase fast ausreichend zeigt; es waren
die Akademie von Paris, die Wisscnschaften und die
Künste von jenem Maler verlangt worden, der in Oda-
lisken einen so nnvergleichlichen Schmelz besitzt. Besser
schmiegt sich das Talent Fran<;ois Flamengs den
trockenen Anfgaben an. Er hatte diesesmal die Grund-
steinlegnng der Sorbonne darzustellen, und bringt da-
dnrch, daß er den Kardinal Richelieu klein nnd im
Mitteltreffen, die Stein-
arbeiter und Gesellen
aber monnmental und
im Vordcrgrund sein
läßt, eine Wirkung her-
vor, die zwar besser
als die Langeweile ist,
die Flameng erzeugt
haben würde, wenn er
umgekehrt verfahren
wäre, dieaber doch mehr
s'lberraschung als Knnst-
genuß ist. Besser ist
der Teil seiner Kompo-
sition, auf dem „Hein-
rich IV. die Universi-
tät reformirt". Das
ist gewiß eine dieFähig-
keiten der bildenden
Kunst übersteigende
Anfgabe, nnd derKnnst-
ler hat sich begnügt,
ein reizendes schmiede-
eisernes Gitter, hinter
dessen Gliedern Hein-
rich IV. in charakteristi-
scher Konversation, und
in der Fernsicht die
alte Stadt Paris darzustellen, tvomit cr den Dank
der Kunstfreunde und vielleicht die Abneigung der
Freunde der Historienmalerei auf sich gezogen hat.
Von Bouguereau sieht man, was man nicht
anders erwarten konnte: ausgezeichnete Sauberkeit.
Anch Cabanels Damenporträts sind Schöpfungen,
welche ebenso untadelhaft wie gefühllos sind, nnd bei
den Akademikern der strikten Observanz muß man bis
zum Direktor der römischen Akademie Hsbert zurück-
gehn, um ein edles und doch tiefempfundenes Gemälde
zn nennen. Es ist eine sehr schöne, dunkle und schmerz-
liche Mnse mit grünem Kranz im schwarzen Haar,
welche den Heroen ohne Ruhm, nach Hsberts Angabe,
bestimmt ist, ein Ressort, welches den dunkel fragenden
^ Ausdruck der Augen dieser Dame entschnldigt. Hnm-
berts „Uaisrnits" gehört der oben gestreiften Puvis
de Chavannes-Gefolgschaft an, ist aber ein gnt-
empfuudcnes Bild. L'Hermitte leistet jetzt im Öl-
bild nicht das, was er in Kohlenzeichnungen aus-
driicken kann. Henners „Heil. Sebastian" ist wieder
eine sehr wirkungsvolle, nnr flnchtige altmeisterliche
Arbeit. Von Lefebvre fällt, nebst eineni etwas lar-
mohanten Waisenmädchen, ein in der Zeichnung vor-
züglicher Mädchenkopf nuf, während der „Sommer"
von Raphael Colin die Frenndedieses liebenswürdigen
Künstlers etwas ent-
täuschen muß; es ist
auf diesem Bilde viel-
leicht eine Verwechs-
lung von Zartheit und
Schwäche in der Farbe
vor sich gegangen. Auch
der Virgil von Duez
enttäuscht diejenigen,
die diesem wirklich
freien Meister zugethan
sind, durch eine gewisse
Zahmheit der Farbe, die
die schönen Jntentionen
des Künstlers, Virgil
in einem frühlingsfri-
schen Walde am Meer
wandeln zu lassen, nicht
voll zur Wirkung kom-
men läßt. Göröme
entbietet die meisten
Celebritäten der grie-
chischen Götterwelt.
Am Meeresgestade
träumt ein gut ange-
zogener junger Poet in
Kniestrümpfenundblan-
ken Schnallenschuhen,
und infolge dieser Beschüftignng entsteigt dem Wel-
lenschaume Venus und all ihr sündhaftes Gefolge,
Nhmphen rollen sich an den Strand und die Muse des
Dichters erzählt demselben einige Details über diese
kleinenLebewesen, Ebenfalls insGebiet derTränme be-
gab sich mit einem umfangreichen Bilde der sonst sehr
konkrete Edouard Detnille, indem cr eine Trnppe,
anf dem Marsch befindlich, von Ermattung über-
wältigt, auf die Ebene zum Schlafe hingelagert zeigt,
Mannschaften und Offiziere alle durcheinander; voran
stehen die zn Phramiden anfgestellten Gewehre; diese
sieht man noch scharf; jenseits aber beginnt das Reich
der Vision, ein ungeheures Gebirge herab kommen
Scharen vvn Soldaten, Scharen von Siegern aus
R. Hall: I,e voea.