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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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171

Ausgrabungen und Funde. — Vermischtes.

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Venedig. — Durch Beschluss der städtischen Behörden
ist die nächste internationale Kunstausstellung bereits für
das Jahr 1899 angesetzt worden. Überhaupt bildet sich
Venedig im Rahmen seines finanziellen Könnens aber mit an-
erkennenswerter Energie zur unbestrittenen modernen Kunst-
hauptstadt Italiens aus. So wird jetzt die auf Schenkungen
des Fürsten Giovanelli gegründete Galleria d'arte moderna
im Erdgeschoss des Palazzo Foscari am Canale grande ein
Heim erhalten. Die junge Galerie besteht bereits aus 24 Öl-
bildern, 3 Bildhauerarbeiten und 36 Aquarellen. Kürzlich
ist als neue Gabe ein Werk Dettmann's eingetroffen.

T. Dresden. — Am 16. Dezember ist der geschäfts-
führende Ausschuss für die Deutsche Kunstausstellung
Dresden i8qq unter Vorsitz des Oberbürgermeisters Geh.
Finanzrat Beutler endgültig zusammengetreten. Derselbe
besteht aus den Herren: Oberbürgermeister Geh. Finanzrat
Beutler als Ehrenvorsitzenden, Geh. Regierungsrat Roscher
als Vertreter der Königl. Staatsregierung, Kupferstecher
Professor Büchel, Professor Diez, Maler Otto Fischer, Archi-
tekt Gräbner, Hofrat Graft, Bildhauer Grone, Hofrat Pro-
fessor Gurlitt, Kommerzienrat Hahn, Maler Hochmann,
Professor Kuehl, Professor Kiessling, Professor Lehrs, Konsul
Lüder, Hofrat Pauwels, Professor Prell, Bildhauer Rassau,
Architekt Schramm, Maler Schreyer, Dr. Paul Schumann,
Geh. Regierungsrat Dr. v. Seidlitz, Maler Stagura, Maler
Stremel, Professor Treu, Geh. Baurat Wallot und Geh. Hof-
rat Professor Dr. Wörmann. In den Vorstand wurden ge-
wählt: Professor Kuehl erster, Professor Prell zweiter Vor-
sitzender, Professor Kiessling erster, Professor Gurlitt zweiter
Schriftführer, Kommerzienrat Victor Hahn Schatzmeister.
In den Finanzausschuss wurden ausserdem die Herren Archi-
tekt Gräbner und Konsul Lüder gewählt. Der Vereinigung
bildender Künstler Dresdens (Secession) wurden fünf, der
Kunstgenossenschaft acht Vertreter im Ausschuss zugestanden.
Mitgeteilt wurde ferner, dass von Seiten des Ministeriums
Herr Geh. Regierungsrat Dr. Roscher zum Regierungs-
kommissar für die Ausstellung bestimmt worden sei. Die
Ausstellung soll vom 1. Mai bis 1. Oktober dauern.

Paris. — In der Galerie des artistes modernes haben
sechs Künstler, deren Namen vom Marsfeldsalon her
einen guten Klang haben, eine kleine kunstgewerbliche
Ausstellung veranstaltet. „Den verwickelten Formen, den
anspruchsvollen Bizarrerien gewisser Faiseurs wollen sie
die Einfachheit, die Klarheit und die Logik entgegen-
setzen, und in ihrem Suchen nach neuen Formeln werden sie
weniger von dem Wunsch getrieben, etwas ganz Neues zu
schaffen, als von der festen Überzeugung, dass das gesell-
schaftliche und häusliche Leben ihrer Zeit eine Zimmer-
Ausstattung braucht, die seinen Bedürfnissen, seinen Ideen,
seiner Auffassung des Daseins, seiner Seele entspricht."
Diesem Satze ihres Programmes, der vielleicht etwas ein-
facher hätte ausgedrückt werden können, kann man nur bei-
stimmen; leider aber werden seine Forderungen bei weitem
nicht von allen ausgestellten Werken erfüllt. Tony Seimers-
heims Möbel haben etwas Affektives, Gespreiztes, und seine
Leuchter und sein Tintenfass sind nicht praktisch; glücklicher
ist er in einigen Trägern von Beleuchtungskörpern. Dagegen
scheint mir Plumet in seinen Möbeln für das Arbeitszimmer
eines Architekten seine Aufgabe trefflich gelöst zu haben.
Der Bücher- und Mappenschrank, der Schreibtisch und die
Stühle, in poliertem Eschenholze mit Messingbeschlägen, sind
sehr einfach und geschmackvoll in den Linien, äusserst
praktisch und bequem und stimmen vorzüglich zu den lichten
Tapeten eines modernen Arbeitszimmers, das vor allem hell
sein will. Nur sind sie trotz dem verhältnismässig billigen

Rohmaterial immer noch recht kostspielig. Ein ausge-
zeichnetes Stück ist auch die Badezimmertäfelung von Felix
Aubert und Alexander Charpentier mit einem farbig sehr
zarten Muster stilisirter Wasserlilien und einem einfarbigen
Thonfries badender Frauen als Bekrönung. Erwähnt seien
noch die Spitzen, Stoffe, Tapeten und Teppiche von Aubert,
unter denen sich vieles Gute neben manchem Gesuchten
findet, ein paar Broschen und ein Thürgriff von Dampt, die
silbernen Petschafte und die Lederarbeiten von Charpentier.
— Von den zahllosen augenblicklich stattfindenden Einzel-
ausstellungen ist eine der interessanten die des Malers Eugene
Vail in der Galerie Mancini. Es gehört viel Mut und noch
mehr künstlerische Ehrlichkeit dazu, im besten Mannesalter
noch umzusatteln, wenn man „hors concours" der Champs
Elysees ist und auch sonst für seine früheren Arbeiten alle
denkbare Anerkennung erhalten hat. Viele seiner Freunde
haben es bedauert, dass er „eingeweiht in die Poesie des
Nordens, der Sehnsucht nach dem Unfassbaren" nachgegeben
hat, Mystiker geworden ist. Aber diese Schilderungen der
Dämmerung, des Nebels, des trüben Tages, der „geheimnis-
vollen Stunden" haben zum Teil einen grossen Stimmungs-
gehalt. Nur das Wesentlichste bemüht sich der Künstler
zu geben. Einige seiner Landschaften, wie das Pays morne
erinnern in ihrer äussersten Dämpfung der Farben, in ihrer
unendlichen Vereinfachung der Linien an Puvis' „Armen
Fischer". Eines der charakteristischsten Bilder ist der „Bre-
tonische Sonntag". Morgendämmerung an einem Flusse in
der Bretagne. Das Wasser und die kahlen Hügel am jen-
seitigen Ufer, ein einsames Segel geben eine melancholische
Harmonie blaugrauer, bräunlicher, stumpfgrüner Töne. Vorn
hebt sich das bleiche Gesicht und der Oberkörper einer
jungen Frau davon ab. In den fest über dem Gebetbuchc
gefalteten Händen, in den strengen Zügen ist jener uner-
schütterliche Glaube der Bretagnerinnen ausgeprägt, der nie
einen Zweifel gekannt hat. Wie die Heilige eines Kirchen-
fensters steht die Gestalt in der fahlen Beleuchtung da.

O.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE.

O © Das Deutsche Archäologische Institut in Athen
hat auch in diesem Winter die Ausgrabungen im Nordwesten
der Akropolis wieder aufnehmen können, dank der Unter-
stützung zahlreicher freigebiger Gönner, die nun schon fünf
Jahre hindurch die Ausführung dieser auf die Erforschung
der Topographie des alten Athen gerichteten Untersuchungen
in grösserem Massstabe ermöglicht hat. Die Aufklärung der
alten Agora ist das nächste Ziel. Sie ist jetzt vom Kolonos-
hügel aus in Angriff genommen, wo schon während der
letzten Campagne östlich des sogenannten Theseion die
Reste eines altgriechischen Baues, der aus einem etwa qua-
dratischen, ca. g m langen Saale mit Säulenvorhalle besteht,
freigelegt wurden. Hier werden die Grabungen fortgesetzt,
und zugleich sind die Arbeiten auch der grossen, der
Pisistratischen Zeit angehörigen Wasserleitung am Westab-
hang der Burg wieder zugewendet, mit deren Aufdeckung
die Ausgrabung 1892 auf das glücklichste eingeleitet wurde.

VERMISCHTES.

Venedig. — Die in Nr. 2 der „Kunstchronik" als in
Bildung begriffene englisch-italienische Gesellschaft für Aus-
beutung der besonderen Venetianer Kunstgewerbszweige ist
zusammengetreten und wird den kaufmännischen Betrieb am
1. Januar 1898 eröffnen. Die englischen Kapitalien lehnen
sich an die Unionbank in London an. Als Direktoren der
 
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