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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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247

Bücherschau. — Kunstblätter. — Nekrologe.

248

BÜCHERSCHAU.

Robert Anning Bell hat die Folge seiner Publikationen
durch die Illustration der Gedichte von John Keats um ein
Meisterwerk vermehrt. Der Oktavband bildet einen Teil
der Endymion Series, die bei Bell & Sons in London er-
scheinen. Die Ausgabe enthält, wie der litterarische Heraus-
geber Walter Raleigh voranschickt, alle Gedichte Keats', die
der Dichter selbst einer dauernden Wirkung für fähig ge-
halten haben würde. Einen ganz besonderen Wert leiht ihr
die Illustration Anning Beils. Der für alles Schöne schwär-
mende Dichter — ,,'Beauty is truth, truth beauty', — that
is all Ye know on earth, and all ye need to know." — hat
Bell zu einer Fülle reizender in schönem Linienfluss ver-
laufender Zeichnungen angeregt, die in ihrer spielenden
Leichtigkeit und schlichten Anmut an die Weise früher
Florentiner Buchillustration erinnern. Ein vornehmer prä-
raphaelitischer Geschmack waltet in den Bell'schen Zeich-
nungen. Vortrefflich stehen die Bilder und Vignetten im
Verhältnis zum Text; alles atmet Anmut und jne Sinnen-
heiterkeit, die ganz unmittelbar aus dem Charakter der
Poesien von Keats hervorzuquellen scheint. Das Buch ist
ein Muster echt künstlerischer Ausstattung.

KUNSTBLÄTTER.

St. Rom. Als erstes Resultat der vorjährigen Sommer-
campagna des berühmten photographischen Verlagshauses
von Domenico Anderson in Rom sind soeben die Aufnahmen
des Palazzo Schifanoja in Ferrara in 30 Blättern im Handel
erschienen. Es ist das erste Mal, dass diese kunst- und
kulturgeschichtlich einzig dastehenden Fresken mit den
neuesten der Photographie zu Gebote stehenden Mitteln
aufgenommen wurden, und man kann erst jetzt eine definitive
Lösung der mannigfachen Stilfragen, die sich an diese her-
vorragendste Leistung der ganzen Ferraresischen Schule
knüpft, mit Zuversicht erwarten. Die Lebensgeschichte des
Borso d'Este, so weit sie erhalten, liegt in Gesamt- und aus-
gezeichneten Detailaufnahmen vor, die für die Stilkritik von
so unschätzbarem Werte sind. Von den Triumphen des
Apollo, der Venus, der Minerva, des Merkur, ist ebenfalls
alles wiedergegeben, was noch erhalten war, und die Aus-
wahl der Details ist mit grösstem Verständnis getroffen.
Auch die beiden herrlichen Tura im Dom hat Anderson
zum ersten Mal photographirt, ebenso die bedeutendsten
Gemälde der Pinakothek, der Privatsammlungen Lombardi
und Santini und die Fresken des Ercole Grandi im Palazzo
Calcagnini. Dies ganze herrliche Abbildungsmaterial wird
dem grossen Werk über die Ferraresische Schule zu Grunde
liegen, welches Venturi in nächster Zeit zu publiciren be-
absichtigt.

NEKROLOGE.

London. Am 30. Januar d. J. starb in Ventnor, Tho-
mas Dobson R. A., der seine Künstlerlaufbahn vor mehr
als 00 Jahren begann. Als der Sohn eines englischen Kauf-
manns 1817 in Hamburg geboren, zeigte er schon frühzeitig
gute Fähigkeiten für seinen späteren Beruf, und begann
bereits mit 14 Jahren seine Studien im British Museum. Im
Jahre 1836 wurde er Schüler der Königlichen Akademie
und 1843 Direktor der staatlichen Zeichenschule in Birming-
ham. Nachdem er ziemlich regelmässig die Ausstellungen
beschickte, erfolgte 1860 seine Ernennung zum Associate
und 1872 zum stimmberechtigten Mitgliede der Akademie.

Gleichzeitig war er Mitglied der Aquarell-Gesellschaft. Be-
sonders gelangen dem Meister zarte Kinderfiguren und
ähnliche Sujets. In England wird ihm Hinneigung zur
Sentimentalität vorgeworfen, und diese Vorliebe zu den
Stoffen gemütvoller Darstellung dadurch begründet, dass er
halb Deutscher, halb Engländer sei. In den Aquarellbildern
tritt weniger die Gefühlsseite hervor und deshalb werden
sie in England höher geschätzt als seine Ölgemälde. ?. S.

London. Am 3i.Januar d.J. starb im Alter von87Jahren in
Tal-y-garn in Wales Thomas Clark, bekannt durch seine anti-
quarischen Forschungen und durch Schriften kunsthistorischen
Inhalts über die Antike. »• 5.

Dresden. Guido Hammer, einer der bekanntesten deutschen
Tiermaler, ist in Dresden am 27. Januar gestorben. Er war in
Dresden am 4. Februar 1821 als Sohn eines Ministerialbeamten
geboren und hatte seine künstlerische Ausbildung an der
Dresdener Akademie hauptsächlich unter der Leitung Julius
Hübner's erhalten. Von Jugend auf für das Waidwerk be-
geistert, hätte er am liebsten den Beruf eines Försters und
Jägers ergriffen, wenn sich nicht der Wille des Vaters seinem
Vorhaben entgegengestellt hätte. Auch auf der Akademie
zeigte er anfangs wenig Lust zur Arbeit, bis Hübner seine
Begabung für die Tiermalerei erkannte und ihn trotz seiner
eigenen, wesentlich anderen Gebieten der Kunst zugewandten
Richtung nach Kräften förderte. Hammer hatte das Glück,
dass gleich sein Erstlingswerk, ein Jäger zu Pferd, der über
einem erlegten Hirsch das Halali bläst, vom sächsischen
Kunstverein angekauft wurde. Bald wurde er in waidmän-
nischen Kreisen als ausgezeichneter Specialist anerkannt und
von ihnen in jeder Weise gefördert. Er durfte an den könig-
lichen Hofjagden in Moritzburg teilnehmen, begleitete wieder-
holt den Herzog Ernst von Koburg-Gotha auf seinen Jagd-
zügen im bayerischen und Tiroler Hochgebirge und wurde
namentlich von dem Grafen zu Solms-Klitschdorf, der ihm
den Auftrag erteilte, eine Reihe von Staffeleibildern für sein
Schloss in Schlesien und seine Villa in Dresden zu malen,
ausgezeichnet und unterstützt. Nachdem er im Jahre 1862
für Charles Boner's Werk über die Tiere des Waldes die
Illustrationen gezeichnet hatte, Hess er bald darauf bei
C. Flemming in Glogau seine sehr bekannt gewordenen
„Hubertus-Bilder" erscheinen, die von H. Bürckner in Holz
geschnitten wurden. Den Text zu diesem den Jägern und
Jagdfreunden gewidmeten Album schrieb er selbst. Diese
Thätigkeit sagte ihm so zu, dass er mehr als 20 Jahre lang
für die „Gartenlaube" Schilderungen aus dem Tierleben ver-
fasste und sie mit eigenen Illustrationen ausstattete. Sie
sind nachträglich von ihm gesammelt worden und unter
dem Titel: „Wild-, Wald- und Waidmannsbilder" in Leipzig
im Jahre 1891 im Verlag von Keil's Nachfolger herausge-
kommen. Ausserdem verfasste er noch ein „Waidmanns-
brevier" und „Jagdbilder und Geschichten aus Wald und
Flur, aus Berg und Thal" (2. Auflage, Glogau 188g bei
C. Flemming). Für das Restaurant zur Wolfsschlucht in
Dresden fertigte er einen Cyklus von sechs grossen Wand-
gemälden, die sämtlich Wölfe im Kampfe mit Jagdtieren
darstellten. Sie waren mit Leimfarbe ausgeführt und hielten
dem Einfluss der Feuchtigkeit nicht stand. Bei der Er-
neuerung des Lokals sind sie aber, wenn wir uns recht be-
sinnen, von dem Künstler selbst wieder hergestellt worden.
Die Dresdener Galerie besitzt zwei Bilder von Hammer's
Hand, ein „geflecktes Windspiel" vom Jahre 1852, das von
Hübner geschenkt wurde, und „eine Wildsau mit Frisch-
lingen" vom Jahre 1866. Da Hammer unermüdlich in Wald
und Flur umherschweifte, hatte er sich im Laufe der Jahre
eine überaus sichere Kenntnis des Wildes und seines Treibens
 
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