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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0271

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525

Vom Kunstmarkt.

526

anderen die Maler L Dettmann, Emil Doepler d. J. und
W. Leistikow.

VOM KUNSTMARKT.

München. — Die Versteigerung der Sammlung Georg
Hirth. Nächst der Versteigerung der Douglas'schen Glas-
gemälde hat in letzter Zeit keine andere der deutschen
Versteigerungen mehr Interesse bei Sammlern und Lieb-
habern wachgerufen als die Versteigerung Hirth, die
vom 13. bis zum 21. Juni in München bei Hugo Heibmg
stattgefunden hat. Seit langem hatte Dr. Hirth gesammelt
und in seinem Heim in der Comienstrasse eine Menge er-
lesener Kunstgegenstände aller Art aufgestapelt. Dass es mit
künstlerischem Blick und bewusster Schätzung des kunst-
geschichtlichen Wertes alter Kunst geschah, unterlag bei dem
Herausgeber so mancher nützlichen kunsthistorischen Publi-
kation keinem Zweifel. Hirth war nicht stehen geblieben
bei der Schätzung der Renaissance, sondern hatte schon zu
einer Zeit auf die Kunst des Barocks und des Rokokos auf-
gemerkt als die meisten Kunstfreunde noch kein Verhältnis
zu der Kunst des 18. Jahrhunderts finden konnten. Hirth's
Sammeleifer erstreckte sich besonders auf die Werke der
süddeutschen Porzellanfabriken, und was er unter dem rühm-
lich empfehlenden Sammelnamen Deutsch-Tanagra an Werken
deutscher Kleinkunst zusammengebracht hat, wirft ein noch
immer überraschendes Licht auf die hohe Bedeutung, die
der Porzellanplastik in der Kunst des vorigen Jahrhunderts
zukommt. Denn trotz der trefflichen Arbeiten von Ernst
Zais, Brinckmann u. a. steht der kunstgeschichtlichen Er-
forschung der deutschen Keramik des 18. Jahrhunderts noch
ein weites Feld offen. Als ein dankenswerter und förder-
licher Beitrag muss die dem Kataloge beigegebene Studie
begrüsst werden, mit der sich Dr. Herbert Hirth, der Sohn
des Chinaforschers, in die kunstgeschichtliche Litteratur ein-
führt. — Die Versteigerung hatte eine grosse Schar Kauflustiger
angezogen, Vertreter der Museen von Berlin, Köln, Leipzig,
Krefeld, Magdeburg, Kaiserslautern, Nürnberg (German.
Museum), München (Nationalmuseum), Prag (Rudolfinum),
Düsseldorf waren zur Stelle; Private und eine Menge ein-
heimischer und fremder Händler liessen kleine Kämpfe um
die Hauptstücke der Sammlung erwarten. Das Gesamt-
ergebnis der Versteigerung ohne Zuschlag hat 406044 M.
betragen; die Museen, deren Vertreter meist mit nur ge-
ringen Kaufmitteln ausgestattet waren, haben gegen 20%
des Gesamtbetrages aufgewandt und wenigstens erreicht,
dass eine Anzahl der besten und kunstgeschichtlich wich-
tigsten Stücke Deutschland erhalten geblieben ist. Das
Bayrische Nationalmuseum kaufte für etwa 15000 M.; seine
Haupterwerbungen waren zwei Nymphenburger Kinder-
büsten, Nr. 216 und 217, 1500 M.; Nr. 564, Bacchanten-
paar von Beyer, 070 M., und Nr. 832, ein Jagdbesteck, 1453 M.
Das Kunstgewerbemuseum in Frankfurt a. M. gab ca. 3300 M.
aus und erwarb eine schöne Derutaschüssel, Nr. 788, um
1000 M. (!) und eine gute Quattrocentofigur, Nr. 918, eine
Fortuna von Andrea Riccio, für 785 M. Etwa die gleiche
Gesamtsumme wandte das Prager Rudolfinum auf; es er-
warb zu mässigen Preisen die schöne Zinnkanne, Nr. 1098,
für 620 M., und eine Nymphenburger Ceres, Nr. 175; um
so teurer kam ihm Nr. 166 zu stehen, ein 12 cm grosses
Porträtmedaillon von der Hand des Domenicus Auliczek:
es wurde ihm für 580 M. zugeschlagen. Für die Dresdner
Kdnigl. Porzellansammlung wurden 8000 M. verausgabt. Die
Haupterwerbungen waren: Nr. 584, Die drei Grazien von
Wilhelm Beyer (Ludwigsburg), für 760 M.; Nr. 581, Das
Mädchen am Spinett, Ludwigsburg, 1160 M.; Nr. 579, Der

Violinspieler, ebenfalls Ludwigsburg, 980 M.; Nr. 259/60,
Nymphenburger Bettlergruppe, 450 M.; Nr. 254, Lesende
Mädchen, Nymphenburg, 370 M.; Nr. 24S, Nymphenburger
Tänzerin, 380 M.; Nr. 226, Nymphenburger Liebespaar, weiss,
500 M., und Nr. 679, eine schöne Berliner Standuhr, 725 M.
Das Germanische Museum kaufte für etwa 6500 M., es wusste
sich die grosse Frankenthaler Apotheose des Kurfürsten Karl
Theodor von Pfalzbayern und seiner Gemahlin, eine Arbeit von
Conrad Linck, Nr. 425, für 2800 M. zu sichern. Ferner wurden
für Nürnberg erworben zwei Ansbach-Bruckberger Figuren,
Nr. 464 und 465, für 600 M., zwei Höchster Chinesen von
Melchior, Nr. 541 und 542, für 650 M. und zwei von den
schönen Nymphenburger Tänzerinnen, weiss, Nr. 246 und
247, für 1235 M. Das Kgl- Kunstgewerbemuseum zu Berlin
sicherte sich für 1250 M. eine der schönsten Nymphenburger
Figuren: die junge Dame, die von einem Hündchen verfolgt
wird, Nr. 238. Nr. 578, eine trauernde Artemisia von Beyer
in Ludwigsburg ging für 440 M. ebenfalls nach Berlin. Das
Leipziger Kunstgewerbemuseum erwarb für 460 M. ein weisses
Exemplar der entzückenden Nymphenburger Dame mit dem
Fiaschctto (ein koloriertes und nicht tadelloses Exemplar,
Nr- 250, ging für 1280 M. in Privatbesitz. nach Berlin!),
dann einen kleinen weiblichen Genius, Nr. 427, für 435 M.,
und eine schöne Meissner Terrine mit Teller, Nr. 156, für
710 M. Das Kölner Kunstgewerbemuseum kaufte zwei
Nymphenburger Chinesen, Nr. 358 und 363, für 250 und
155 M. Das Krcfeider Kaiser Wilhelm-Museum erstand für
410 M. eine Meissner Gruppe, Nr. 84 und Nr. 557, Bacchantin,
Ludwigsburg für 770 M. Das Städtische Museum in Frank-
furt a. M. kaufte für 625 M. Nr. 225, ein Nymphenburger
Liebespaar. Das Hamburger Museum für Kunst und Ge-
werbe gab ca. 4500 M. aus und erwarb eine schöne Nymphen-
burger Mater dolorosa, Nr. 210, für 520 M., ferner die zwei
Ludwigsburger Figuren, Fischer und Fischerin, Nr. 554 und
555, für insgesamt 840 M., endlich die vier Bronzeplatten,
Nr. 950—953, für 979 M. Ausser diesen Stücken gelangten
an Hamburger Privatsammler die berühmte Melchior'sche
bezeichnete Venus, Nr. 471, zum Preise von 4000 M., ferner
die beiden vortrefflichen Frankenthalcr Figuren, Nr. 440 und
441, Neptun und Amphitrite zum Gesamtpreis von 6400 M.!
Mit den zuletzt erwähnten Erwerbungen sind die höchsten
Preise, die bisher für Frankenthaler und Höchster Porzellan-
figuren gezahlt worden sind, hervorgehoben. Aber die Ver-
steigerung Hirth brachte noch eine Menge überraschender
Resultate. Im allgemeinen sind die Preise für Stücke der
süddeutschen Fabriken weit über das übliche Mass gesteigert
worden, das sächsische Porzellan, obwohl gut bezahlt, er-
zielte nicht so hohe Preise, als man nach dem Vorgang der Ver-
steigerung Blome und nachder KonkurrenzderPariserHändler
erwarten durfte. Der schadhafte Zustand vieler Stücke mag
daran mit schuld gewesen sein. Wir fügen im folgenden
ausser den bereits genannten noch einige wichtige Preis-
notierungen an. Meissen: Nr. 3, Euterpe, 700 M.; Nr. 11,
Fürst zu Pferd, 670 M.; Nr. 25, Harlekin und Vogelhändlerin,
925 M. (!); Nr. 29, Elster, 725 M. (!); Nr. 31, zwei Potpourris,
620 M.; Nr. 36, Liebespaar am Spinett, 850 M.; Nr. 43/44,
Pole und Polin, 800 M.; Nr. 59—72, Affenkapelle, 2950 M.;
Nr. 75, dreiarmiger Tischleuchter, 2020 M.; Nr. 76/77, Prin-
zessinnenköpfe, 1500 (VI.; Nr. 107, Allegorie auf das Wasser,
1020 M.; Nr. 144, weibliche Figur, 810 M. — Nymphenburg:
Nr. 167/8, Schäfer und Schäferin, 470 M.; Nr. 174, Raub
der Sabinerinnen, 730 M.; Nr. 176, Bacchus, 2950 M.;
Nr. 177, Allegorie der Erde, 3100 M.; Nr. 179/180, Mars und
Minerva, 4000 M.; Nr. 185, Spiegel, 2600 M.; Nr. 188, Uhr-
gehäuse, 2000 M.; Nr. 202, Weihwasserbecken, 610 M.;
 
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