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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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Das neue Künstlerhaus in Leipzig
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0050

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83

Bücherschau.

«4

und die Weihe durch die Musen dar und enthalten
eine sinnige Ehrung Max Klingers, dessen Gestalt
und Züge der Säemann in der mittleren Darstellung
trägt. Im scharfen Kontrast zur festlich geschmückten
Fassadenpartie des ersten Stockes schliesst ein schlicht-
rechteckiges, vielscheibiges Fenster das zweite, für
Ateliers bestimmte Stockwerk. Darüber schwingt sich
das höchst originelle, grosse, nierenförmige Fenster
der dritten Etage mit seiner Umrahmung von Fayence-
platten, die stark farbige, figürliche und landschaft-
liche Darstellungen von dem trefflichen Bildhauer
A. Lehnert tragen. Endlich leitet ein steiles Dach-
geschoss über zum würfelförmigen fünften Stockwerk,
das nicht mehr die ganze Breite des Baues einnimmt
und in eine mit tanzenden Musen in Hochrelief
ebenfalls von Lehnert geschmückte Trommel endigt.
— Was diese frische und phantasievolle Originalität
der Fassade verspricht, findet im Innern volle Be-
stätigung. Tritt man ein, so hat man zur Rechten
im Erdgeschoss die Ausstellungsräume, die vom Hofe
ihr Licht erhalten; zur Linken die Restauration in
einer kernigen, humorvollen »altnordischen« Aus-
stattung mit manchen echt künstlerischen Einzelheiten,
von denen hier nur die nordische Landschaft, ein
Wandgemälde von Braendel, genannt sein soll. Ein
schlicht - vornehmes Treppenhaus, bequem und gut
beleuchtet, mit ein paar prächtigen Glasfenstern, vom
Maler Bendaer entworfen, führt aufwärts in den ersten
Stock mit den Prunk- und Klubräumen. Zuerst ge-
langt man in den eliptischen Speisesaal, dessen Haupt-
schmuck Wandgemälde mit Motiven aus Leipzigs
Umgebung und ein fast übermässig grosser, aus
Messingbändern phantastisch komponierter Kronleuch-
ter bilden. — Nun empfängt uns der Festsaal, des
Hauses grossartigster Raum, in der That eine Schöpfung
von tiefer ästhetischer Wirkung. Worin diese liegt,
lässt sich nicht leicht sagen, aber sicher wirken dabei
die imponierenden und glücklichen Abmessungen,
das durch die strahlenden Glasflüsse der bunten Fen-
ster flutende Licht, die dunkelrote Boiserie, die grau-
blauen, netzartig gemusterten Wandflächen, der herr-
liche Kronleuchter und die feine, in der Mitte durch-
brochene und mit Metallbändern übersponnene Decke.
Noch entbehren die Wandflächen der geplanten Ma-
lereien, aber ob all der Schönheiten vermisst man
kaum diesen Schmuck. Eine reizende kleine Bühne
an der Schmalwand fügt sich ganz harmonisch in den
Raum ein. — Wieder ganz andere, intime Vorzüge
der Ausstattung zeigt im selben Stockwerk das Klub-
zimmer mit seitlichen Kabinetten und einem Ausgang
nach einer Pergola. — Die oberen Stockwerke ent-
halten Ateliers, an denen in Leipzig bisher ein em-
pfindlicher Mangel war. Ich will den Leser nicht
aufwärts führen zu diesen steilen, jetzt noch kahlen
Höhen, den Geburtsstätten künftiger unsterblicher
Werke; aber ihn bitten, noch einen Blick auf den
allerliebsten Hof zu werfen, der luftig und sonnig
ist und einen Ausguck nach den alten Bäumen des
anstossenden Logengartens gestattet. Der Hof hat
quadratische Gestalt von 20 m Seitenlänge, wird
übereck von der Passage geschnitten und von dem

etwas vorspringenden, auch nach dieser Seite schön
gegliederten und reliefgeschmückten Treppenhause,
ferner von den anstossenden Flügeln und einer dop-
pelten Kegelbahn und Pergola begrenzt. In der Ecke,
dem Treppenhaus gegenüber, öffnet ein stattliches
Thor den Zugang zu einem kleinen, hübsch aus-
gemalten Künstler - Cafe und den Ausgang nach der
Centralstrasse. Hier erhebt sich wieder ein kraftvolles
Thor aus Sandsteinquadern mit einem Paar famos
erfundener, humorvoller Kolossalmasken. —

Dieses so glücklich und so entschieden modern
und original ausgeführte Haus wurde am 27. Okt.
um 1 Uhr feierlich eröffnet und in einem zwei-
tägigen Feste mit Reden und Mahl, mit Theaterspiel,
Musik und Tanz unter lebhaftester Beteiligung aller
kunstfreundlichen Kreise der Stadt eingeweiht. Zu-
gleich wurde eine Ausstellung von Arbeiten der Mit-
glieder und Ehrenmitglieder des Vereins eröffnet, die
eine Reihe tüchtiger Werke enthält, aber das beste
von allen bleibt doch das gemeinsame Werk:
das Künstlerhaus selbst!

BECKER.

BÜCHERSCHAU
Heinrich Weizsäcker, Catalog der Gemälde-Galerie des
Städel'sehen Kunstinstituts in Frankfurt am Main. I. Ab-
theilung. Die Werke der älteren Meister vom 14. bis
zum 18. Jahrhundert. Frankfurt a. M., Druckerei von
Aug. Osterrieth, igoo.

Die Frankfurter Galerie ist nunmehr auch in die Reihe
derjenigen getreten, die einen mustergiltig gearbeiteten
Katalog besitzen. Ihr Direktor, Prof. Weizsäcker, hat alles
für die Bestimmung der Bilder in Betracht kommende
Material mit unermüdlichem Fleisse zusammengetragen und
unter Berücksichtigung der Ansichten der besten Kenner
mit grosser Sorgfalt verwertet. Jedes Bild ist nicht nur
so beschrieben, dass es leicht von anderen unterschieden
werden kann, sondern die Beschreibung sucht auch ein
deutliches Bild von der Darstellung wie von der Farben-
gebung zu vermitteln; wo es möglich war, wurden auch
Angaben über die Stellung eines Werkes innerhalb des
Lebensganges seines Meisters gemacht. Die Bezeichnungen,
soweit sie echt sind, sind nach Zeichnungen des Verfassers
in der Holzschnitt-Werkstatt von Ed. Ade Nachf. in Stutt-
gart vorzüglich wiedergegeben worden. Endlich verdient
die Druckausstattung, die den Einfluss Heinrich Wallau's
in Mainz verrät, wegen ihrer vornehmen Eigenart unein-
geschränktes Lob. Jedes Seitenpaar bietet ein geschlossenes,
durch die Anforderungen des Textes bedingtes Bild, dem
sich die paar Zierstücke von Peter Halm so ungesucht
anschliessen, dass man sie als Schmuck kaum wahrnimmt.
In dieser Hinsicht steht der Katalog unter allen übrigen
einzig da. Die Anordnung der Künstlernamen erfolgte
nach dem Alphabet, was bei dem mässigen Umfang der
Sammlung und der ziemlich gleichmässigen Vertretung der
einzelnen Schulen zu rechtfertigen ist; sehr angenehm be-
rührt es, dass als Schlagworte hierbei die populären Namen
statt der meist wenig bekannten Familiennamen verwendet
wurden; nur hätte das nicht dazu führen sollen, Gerard
David und Petrus Cristus unter ihren Vornamen einzu-
reihen. Manche sehr ausführliche, in einer ersten Auflage
nötige Auseinandersetzungen werden sich späterhin wesent-
lich kürzen lassen. — Bei der wissenschaftlichen Bearbeitung
einer solchen Gemäldesammlung kann es ohne vielerlei
Änderungen der Künstlerbestimmungen nicht abgehen;
 
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