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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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123

Sammlungen und Ausstellungen.

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Künstler konzentriert. Ferner ist die Gemäldesammlung
durch neue Kunstwerke, wie die »Flucht nach Egypten«
von H. Bless, Landschaften der niederländischen Schule
und Bilder von Morellier und Kleinborg bereichert worden.
— Eine japanische Kunstgewerbe-Ausstellung wird in
nächster Zeit in Petersburg eröffnet werden. Die Eröffnung
wurde dadurch aufgehalten, dass die Veranstalter um die
Genehmigung nachsuchen, den Zoll für die Waren nicht
jetzt, sondern nach Schluss der Ausstellung entrichten zu
dürfen, da alle unverkauften Sachen nach Japan zurück-
gehen. Die Ausstellungsgegenstände sind zur See über
Odessa eingetroffen und bestehen vorzugsweise aus Schild-
patt- und Elfenbeinsachen. m

Berlin. Gelegentlich der Knaus-Ausstellung in der
Akademie der Künste drängte sich schon die Frage auf,
ob dem Künstler mit einer solchen Anhäufung seiner mehr
oder minder gleichartigen Werke ein Dienst erzeigt worden
wäre. Jetzt ist in den Ausstellungsräumen der Akademie
das Lebenswerk Franz Defregger1's ausgestellt, wenigstens
soweit es zu beschaffen war. Und mit noch grösserem
Rechte als bei Knaus kann man jene Frage hier wieder-
holen. Defregger war der erste, der die Darstellung des
Kleinlebens seiner engeren Heimat, des Lebens der tiroler
Gebirgsbewohner, in die Kunst einführte, und er ist auch
wohl hauptsächlich, eben weil er seine Heimat malte, der
beste geblieben, obwohl er unzählige Nachfolger gefunden
hat. Trotzdem will uns die Schilderung der guten tiroler
Bauern, wie sie der Maler gegeben, heute nicht mehr be-
hagen — sie sind uns bei aller Derbheit zu fein, zu rein
gewaschen, zu sonntagsmässig angezogen. Sie sind uns
nicht echt genug, sie alle haben etwas von dem »Salon-
tiroler«, den eines der bekanntesten und schwächsten Bilder
des Künstlers verspottet. Und dennoch sind sie echt, weil
Franz Defregger sie so und nicht anders sah. Er liebte
seine Heimat und hat sie auf seine Weise verherrlicht.
Liebenswürdig sind sie ja auch alle, diese schmucken,
drallen Mädchen, diese kräftigen frischen Burschen und
diese gemütlich lächelnden alten Jäger und Bauern. Liebens-
würdig, wie der, der sie gemalt hat.

Aber Defregger ist trotz allem auch ein tüchtiger
Künstler. Das zeigt sich ; chon in der Meisterschaft, mit
der er zeichnet, mit der er die Bewegung seiner Gestalten
festhält, so besonders in den Bildern aus dem tiroler Be-
freiungskampf von 1809, und da wieder vor allem in dem
»Letzten Aufgebot«. Es lebt überhaupt in diesen Gemälden,
wiewohl sie ihren Haupterfolg dem sehr unkünstlerischen
Interesse an dem Gegenstand ihrer Darstellung ver-
danken, eine tiefe, liebevolle Begeisterung für die Helden-
thaten der Volksgenossen des Malers, die ihnen einen
höheren Rang zuweist, als er den Historienbildern sonst
zukommt. —

Ein weit grösserer Meister aber tritt uns entgegen in
den zahlreichen hier ausgestellten Arbeiten, die man bisher
nicht kannte, in Skizzen und Studien und in einzelneu
Porträts. Ein Bildnis, wie das zwar sehr dunkeltönige
aber überaus lebensvolle des Malers Gysis verrät ganz
hervorragende Künstlerschaft; noch mehr fast das schlicht
und einfach gehaltene Selbstporträt aus dem Jahre 1883,
das den Menschen und Künstler, bei Defregger durchaus
dasselbe, auf das treueste wiederspiegelt. Ja, in diesem
Werke, wie in dem Bilde des Prinzregenten von Bayern
und dem des Malers Gustav Schauer beweist der Künstler
auch bedeutendes farbentechnisches Können, und die Farbe
an sich ist hier lebhafter und wärmer als in den meisten
seiner anderen Schöpfungen.

Und doch fesselt er noch weit mehr, wenn er uns
das Leben seiner Kinder schildert, wie in »Franzi und Hansl
am Christabend«, »Hermann auf dem Holzpferd«, »der

Friedl schlafend« und ganz besonders in dem Bildchen
»die kleinen Maler«. Aus diesen lebensvollen Darstellungen
spricht nicht nur eine scharfe Beobachtungsgabe und ein
reiches Gemüt, sondern auch ein gut Teil köstlichen Humors.

Eine Reihe von Interieurs aus Bauernhäusern, Senn-
hütten und Pferdeställen verdienen noch besondere Er-
wähnung. Denn in diesen sicherlich nur als Studien aui
die Leinwand gebrachten Arbeiten zeigt Defregger, dass
er eine Stimmung empfinden und sie, was er sonst sehr
selten zeigt, wiedergeben kann. Stimmung verleiht auch
dem »Erker im Schloss Runkelstein«, in dem ein Herr und
eine Dame beim Schachspiel sitzen, seinen Hauptreiz, und
etwas wie Stimmung liegt sogar über einzelnen sehr
charakteristisch erfassten Köpfen alter Bauern, in denen
Defregger, wie in jenen Porträts, beweist, dass er ins
Innere des Menschen zu blicken weiss. —

So gewährt denn diese Defregger-Ausstellung Freude
und Genuss. Aus all den Werken leuchtet uns ein klares,
sonniges Gemüt entgegen, etwas, das immer jung bleibt,
etwas, vor dem die Kritik verstummt. Und wäre es ein-
mal, weil man den Künstler über dem Menschen vergisst
— was thut es?! —

In den Sälen Eduard Schulte's würde das allerdings
nicht angebracht sein. Es ist dort eine Fülle von Malern
vertreten, aber nur wenige können Anspruch auf besondere
Beachtung erheben. Und da ist es zunächst Friedrich
Kallmorgen-Kar\sruhe, dem in einem der letzten Hefte der

j »Zeitschrift für bildende Kunst« ein längerer Aufsatz ge-
widmet war, auf dessen stimmungsvolle Hamburger
Schilderungen ich nachdrücklichst hinweisen möchte. Der
trübe Dunst, der die alte Hansestadt so oft wie ein schwerer
Mantel umhüllt, ist ausserordentlich treffend zur Anschauung
gebracht; es wird einem ordentlich nasskalt zu Mute,

j wenn man .vor diesen Hafenbildern steht. — Auch die
bekannte »Flachsscheuer« findet man hier wieder, leider
aber hat sie nicht den Platz erhalten, den sie verdient.
Von Bertha Wegmann-Kopenhagen Arbeiten zu sehen, ist
fast immer eine Freude. Diesmal wird man allerdings
durch eine sehr bunte, sogar etwas süssliche »Madonna«
enttäuscht; dafür aber entschädigen drei sehr feine Ge-
mälde, ein »Klostergang«, der sehr charakteristische »Kopf
einer alten Frau« und endlich die in Farbe und Zeichnung
gleich vollendete, überaus lebensvolle Gestalt des kleinen,
armutbleichen, zerlumpten »Marthl«. —

Eine Anzahl von tüchtigen Tusch- oderSepiazeichnungen
sehr interessanter Art hat Wilhelm Schreuer-Düsseldorf
gesandt, die ihre Motive meist der »guten alten Zeit« ent-
lehnen, und von Berliner Malern sei A. Oesteritz mit einem
frisch und kräftig gemalten »Acker im Frühjahr« erwähnt. —
Den grössten Raum in der Ausstellung nehmen zwei
Engländer, Alfred Fast- London und F. A. Walton-London,
der erstere mit Landschaften, der zweite mit Porträts ein.
Viel Neues sagen uns diese zahlreichen Werke nicht —
Walton's Bildnisse zeichnen sich durch eine gewisse vor-
nehme Ruhe in Ton und Auffassung aus. Charakteristisch
für sie ist eine bräunliche Färbung des Ganzen, wie sie
in dem besten seiner hier ausgestellten Porträts, dem eines
hübschen Backfischchens mit träumerischen Augen, beson-
ders stark zu Tage tritt. Alle diese Arbeiten beweisen,
dass Walton ein tüchtiger Künstler ist, dessen Schöpfungen
man ihre englische Herkunft ebenso stark ansieht, wie den
zarttönigen aber mit wenigen Ausnahmen, wie dem einiger-
massen frischen »Landhaus« und der »Themsebrücke«,
ziemlich langweiligen Landschaften von Alfred East. —

P. w.

Berlin. Otto Eckmann, ursprünglich Maler, hat sein
reiches Talent seit längerer Zeit ausschliesslich in den
Dienst der dekorativen und angewandten Kunst, des Kunst-
 
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