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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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201

Sammlungen un

d Ausstellungen.

202

Frühjahr will man ihr eine Miniaturen-Ausstellung folgen
lassen, und weiteres wird geplant. Sollte sich hierbei aber
die Bibliothek im engeren Sinne des Wortes, die eigent-
liche Büchersammhmg, verhältnismässig bald erschöpfen —
lassen sich doch Bücher, die in die Hand genommen und
Seite für Seite gelesen werden wollen, nur von ganz wenigen
Gesichtspunkten aus Bildern gleich zur Schau stellen —,
so besitzt doch die Hof-Bibliothek eine Abteilung, die schon
seit langem mehr umfasst, als der Name »Kupferstich-
Kabinett« besagt, und deren Hauptaufgabe es ist, Kunst-
blätter zu sammeln. Diese aber kommen — sind sie doch
nicht bloss dazu da, vom Fachmann kritisch untersucht zu
werden, sondern auch dazu, als ewig lebendige Kunst
unbefangen genossen zu werden — bereits unter Glas und
Rahmen voll und ganz zur Geltung und verbürgen der
Verwirklichung des Ausstellungsgedankens wenigstens in-
sofern Dauer, als sie ja fortwährend durch Neuerwerbungen
ergänzt werden. Und verdankt auch das Kupferstich-Kabinett
der Wiener Hof-Bibliothek seinen Weltruf Blättern, die
vergangenen Jahrhunderten angehören, so braucht es doch
auch keinen Vergleich zu scheuen, wenn es gilt, einen
Überblick über die Leistungen der graphischen Künste in
der Gegenwart zu geben.

.Der Kupferstich-Sammlung war auch auf der Guten-
berg-Ausstellung eine Hauptrolle zugefallen. Zunächst
erläuterte sie an der Hand einer stattlichen Reihe von Bei-
spielen die Entwickelung des Verhältnisses von Bild und
Schrift auf Holzschnitten des fünfzehnten Jahrhunderts. Da
war zu verfolgen, wie auf den ältesten Holzschnitten das
Bild der erklärenden Worte entraten zu können glaubt,
wie man es aber bald für nötig erachtet, z. B. den Abdruck
einer Heiligenfigur handschriftlich mit deren Namen zu
versehen, wie man dann gleich der Zeichnung auch die
Schrift in Holz schneidet, wie sich der Text immer mehr
ausbreitet und das Bild zu seiner Illustration hinabdrückt,
und wie zuletzt die Uniwandelung des Tafeldruckes in den
Typendruck die ganze Entwickelung beschliesst. An ent-
sprechender Stelle war eine die wichtigsten Typen umfassende
Auswahl von Blockbüchern eingeschaltet, und um auch
ein Bild des übrigen Kunstdruckes jener Zeit zu geben,
waren einige Kupferstiche, Schrotblätter, Weissschnitte und
Teigdrucke ausgestellt, — alles immer mit besonderer Be-
rücksichtigung der Schrift. Schloss letzterer Gesichtspunkt
es von vornherein aus, die einzelnen Blätter in irgend
welchen kunsthistorischen Zusammenhang zu bringen,
wechselten demzufolge oft Werke, die echteste, edelste
Kunst geschaffen hatte, mit rohen Handwerksarbeiten ab,
so Hess doch selbst diese Zusammenstellung den hohen
Wert und die seltene Reichhaltigkeit erkennen, durch
welche sich gerade die im Besitze der Hof-Bibliothek
befindliche Sammlung von Holzschnitten des fünfzehnten
Jahrhunderts auszeichnet. — In nicht ganz organischer
Verbindung mit allem übrigen und wegen Raummangels
nur äusserst unvollständig boten sich die Maximilianea zur
Schau. Gleichwohl bekam man auch hier, wenn man
bloss den Blick von den beiden Proben der in Wasser-
farben auf Pergament gemalten ersten Fassung des Triumph-
zuges zu den leider nur sehr spärlich ausgestellten Original-
holzstöcken einzelner Maximilianea, oder von dem erst
in jüngster Zeit erworbenen wunderbaren Holzschnitt-Por-
trät des »letzten Ritters« zu dem mit Glossen von des
Kaisers eigener Hand versehenen Klebeband für die Probe-
abdrucke von den Holzschnitten zum Theuerdank schweifen
Hess, eine hinlängliche Vorstellung von den unvergleich-
lichen Schätzen, welche die Hof-Bibliothek aus naheliegen-
den Gründen gerade auf diesem Gebiete birgt.

Die gegenwärtige Direktion gab schon zu wieder-
holten Malen und bei den verschiedensten Gelegenheiten

Beweise von Zielbewusstsein und Energie; sie that es
auch, als sie allen Hindernissen zum Trotz, die zum Teile
sogar im eigenen Hause zu überwinden waren, die Guten-
berg-Ausstellung zustande brachte. Möge es ihr auch ge-
lingen, die bereits seit Jahren geplante, sogar schon in Angriff
genommene, infolge widriger Umstände aber wieder ins
Stocken geratene Vergrösserung des Kupferstich-Kabinetts
endlich zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen!
Diese ist zwar zunächst und hauptsächlich ein Erfordernis
der dringend nötigen Neuadjustierung mindestens der kost-
barsten Blätter (auf wie wenig zweckentsprechende Weise
diese ebenso wie andere noch von altersher aufbewahrt
sind, ist allen Besuchern der Sammlung wohl bekannt);
auf der Vergrösserung des Kupferstich-Kabinetts beruht aber
auch die Möglichkeit, Kunstblätter-Ausstellungen zu veran-
stalten. Für diese ist nämlich der grosse Saal, sonst ein
Ausstellungsraum, der seinesgleichen sucht, aus rein prak-
tischen Gründen nicht geeignet, sie müssen im Kabinett
selbst stattfinden, und dies ist bei den derzeitigen be-
schränkten Verhältnissen völlig ausgeschlossen. Wie sehr
aber gerade die Kupferstich-Sammlung mitzuhelfen berufen
ist, dass der schöne Gedanke der Direktion: durch Aus-
stellungen die weitesten Kreise mit den ihr anvertrauten
Schätzen bekannt zu machen, zur That werde, das wurde
bereits oben anzudeuten versucht.

Berlin. Engländer und Schotten sind es, die augen-
blicklich den Glanzpunkt einer vortrefflichen Ausstellung
bei Ed. Schulte bilden. Allen voran muss James Outhrie-
Glasgow erwähnt werden. Die Porträts, die er diesmal
zeigt, sind durchweg Meisterwerke in jeder Hinsicht. Der
Hauptwert ist offenbar auch hier, wie wir es sonst an
neueren englischen Bildnissen gewohnt sind, auf die har-
monische Gesamttönung gelegt. Ruhe und nochmals Ruhe
ist das Ziel gewesen, dem Guthrie in diesen Arbeiten zu-
gestrebt, und das er erreicht hat. Die Gestalt des Darge-
stellten ist vollständig verschmolzen mit seiner Umgebung,
aber mit grösster Feinheit ist sie dennoch zugleich male-
risch und lebensvoll hervorgehoben. Kraftvolle, ja, man
kann sagen: monumentale Auffassung offenbart der Künst-
ler in dem Bilde eines älteren, vornehmen Mannes, des
Alexander Osborne; er giebt in diesem Bilde eine Cha-
rakterschilderung, wie man sie nur von den grössten
Meistern der Malerei gewohnt ist. Ein echter Brite im
übrigen, von einem echten Briten gemalt! — Und dann
welche mächtige Kunst in dieser »Dame in Grau«' Wie ein-
fach und gross zugleich auch hier die Auffassung, wie wun-
dervoll lebendig Haltung und Ausdruck der Dargestellten,
welche überaus malerische Wirkung bei grösster Schlicht-
heit und Abrundung des Gesamttons! Derartige Perlen
englischer Kunst haben wir lange nicht gesehen; zu solcher
Vollendung freilich, wie in diesen beiden Bildern, erhebt
sich auch Guthrie in den übrigen nicht ganz, die er hier
noch ausstellt. Immerhin ragen auch die Porträts des
Mr. Edwyn Sandys-Dawes und der Miss Hamilton weit
über das empor, was selbst Walton uns im Durchschnitt
bot, weit auch über das, was andere seiner Landsleute
diesmal an Bildnissen geschickt haben. Harrington Mann
giebt immerhin in seinem Porträt dreier spielender Kinder
eine ebenfalls sehr reizvolle Arbeit, allein das Bild des in
schottische Tracht gekleideten Marquis of Graham erscheint
ziemlich unbedeutend. Besser, lebensvoller und frischer
ist »das Fischermädchen«; allzu kräftige Farben aber vermag
Mann gar nicht zu bewältigen, das beweist besonders
seine Darstellung aus dem »Hyde-Park«. —

Englisch angehaucht ist die Kunst des in Hannover
geborenen Emst Oppler; aber ganz vermag er seine deutsche
Herkunft nicht zu verleugnen; es haftet seinen Bildern
etwas mehr körperliches, festeres, solideres an. Und man
 
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