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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0189

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Landsmannes und Freundes Legros Zeichenlehrer am Süd-
Kensington-Museum 1875 kehrte er nach Paris zurück,
es dauerte aber noch einige Jahre, ehe er in weitern Krei-
sen bekannt wurde. Im Jahre 1863 schon hatte er öffent-
lich ausgestellt und zwar bezeichnend genug im Salon der
Zurückgewiesenen, worauf in den Jahren 1865 und 69 einige
bescheidene Arbeiten von ihm in den Salon aufgenommen
worden waren. Nach seiner Rückkehr aus England er-
zwang er die öffentliche Aufmerksamkeit mit einem Ar-
beitshof«. Dann folgten 1877 »Die Flucht nach Ägypten«,
1878 »Die Reise des Tobias«, 1879 »Der Abschied Marias
und Josephs aus Judäa« und 1880 das heute im Museum
des Luxembourg aufbewahrte Gemälde »Hagar und Is-
mael in der Wüste«, das ihm die erste Medaille einbrachte,
nachdem er zwei Jahre vorher eine ehrenvolle Anerken-
nung erhalten hatte. Später folgten noch »Souvenir de
fete« und »Judith verlässt Bethulien«, von denen das letz-
tere seinen Platz in der Centennale der Weltausstellung
gefunden hatte. In den letzten fünfzehn oder zwanzig
Jahren hatte sich Cazin allmählich von der Historie ab-
gewandt und dafür die Landschaft gepflegt. Er liebte
sanfte Dämmerstimmungen und wusste es, seine Bilder
mit unvergleichlicher Poesie auszustatten. In seinen Land-
schaften atmet alles köstliche Ruhe und wohlthuenden
Frieden, und Cazin bearbeitete stets solche Motive, die zu
seinen sanften und ruhigen Farbenharmonien taugten.
Seine Historien besitzen die nämlichen Vorzüge, und am
ersten lässt er sich hier mit Puvis de Chavannes ver-
gleichen, mit dem er den heitern Adel, den hohen Ernst
und die harmonische Schönheit der Komposition, die vor-
nehm ruhige Farbengebung und den grossen Stil der Zeich-
nung gemeinsam hatte. Als daher Puvis starb und einige
seiner grossen Wandgemälde für das Pantheon unvollen-
det zurückliess, war es ganz angebracht, sich zur Vollen-
dung dieser Arbeiten an Cazin zu wenden, der sich seiner
schwierigen Aufgabe so geschickt entledigte, dass die von
ihm beendeten Arbeiten ebenso einheitlich sind wie die
von Puvis selbst ausgeführten. Trotzdem liegt die Haupt-
bedeutung Cazin's auf dem Gebiete der Landschaft, ob-
gleich er als Dekorateur mit den grössten Meistern unserer
Zeit hätte wetteifern können. Seine Vermögensverhältnisse,
die ihn zur Herstellung verkäuflicher Bilder zwangen,
mögen ihn wohl mehr zum Verlassen der Historie und
zur Landschaft getrieben haben, als seine ursprüngliche
Neigung, aber es ist sicher, dass er auf dem Gebiete der
Landschaft einer der grössten, wenn nicht der grösste fran-
zösische Meister vom Ausgange des neunzehnten Jahr-
hunderts ist. Die Berliner Nationalgalerie besitzt von ihm
seit kurzem das sehr bezeichnende Gemälde einer Land-
schaft mit der büssenden Magdalena. a:. e. s.

Düsseldorf. Hier starb am 2. April der durch seine
dem ländichen Leben entnommenen Genrebilder einst
weit bekannte und beliebte Maler Hermann Sondermann
im Alter von 68 Jahren. -r-

PERSONALIEN

Brüssel. Constantin Meunier feierte am 12. April seinen
70. Geburtstag. □

Berlin. An Stelle des verstorbenen Ehrenpräsidenten der
Akademie der Künste Professor Karl Becker ist der Land-
schaftsmaler Professor Eugen Bracht bis Ende September
1903 als Senator berufen worden. Bracht ist seit 1884
Mitglied der Akademie. -r-

DENKMÄLER

Innsbruck. Das Innsbrucker Komitee, dessen ständiger
Ehrenvorsitz den Herren Bürgermeister W. Greil und Uni-

I versitäts-Professor Dr. Jussinger übertragen ward, beschloss,
! das projektierte Adolf Pichler-Denkmal als hohe Bronzestatue
I auf einem öffentlichen Platze in Innsbruck zu errichten und
dasselbe nach dem vom Bildhauer Edmund Klotz bereits
angefertigten Modell durch den genannten tirolischen
Künstler zur Ausführung zu bringen. Zur Aufbringung
j der erforderlichen Geldmittel wird das Komitee u. a. zu-
nächst einen Aufruf ergehen lassen, auch sollen in ver-
schiedenen Städten Österreichs und Deutschlands Spezial-
Komitees zu diesem Zweck gebildet werden, wofür Per-
sönlichkeiten aus den allerersten Kreisen der Wissenschaft,
Kunst und Litteratur in Wien, Prag, München, Weimar,
Jena, Dresden, Leipzig, Breslau, Berlin u. s. w. bereits ge-
wonnen wurden. Auch in unseren Alpenländern haben
z. B. in Kufstein, Bozen, Salzburg, Linz und Graz hervor-
ragende Kunstfreunde ihre Mitwirkung zur Verwirklichung
des Denkmal-Projektes freudigst zugesagt. * „ *

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN

Florenz. Seit der Aufstellung der Galerie von S. Ma-
ria Nuova in den Uffizien haben hier die Arbeiten an der
grossen Neuordnung der Galerie geruht. Dagegen ist in

1 der Academie die »Sala del Beato Angelico« neu herge-
richtet worden, die Bilder erhielten, soweit es nötig war,
Glas und Rahmen, und in einem besonderen Räume wur-
den die Schule Giotto's und Neri di Bicci mit seinen Nach-
folgern untergebracht. Im Palazzo Riccardi kann man seit
kurzem Benozzo's Fresken in elektrischer Beleuchtung stu-
dieren, und im Bargello hat Supino die Neuordnung der

| Sammlung Ressmann, der Medaillen und Siegel beendet.

! Hier ist jetzt auch das mächtige Taufbecken (12. Jahr-
hundert) mit der Darstellung der zwölf Apostel und der

i zwölf Monate aufgestellt, welches Ridolfi in der Nähe von
Lucca entdeckt hat. Im Donatello-Saal fand ein Bronze-
kopf Aufstellung, einen bärtigen Mann (Marsyas?) darstel-
lend, dessen Zugehörigkeit zu Donatello allerdings mehr
als zweifelhaft erscheint. Besonders erfreulich ist es, dass
in San Domenico bei Fiesole die Taufe Christi von Lo-
renzo di Credi und die Santa Conversazione von Fra An-
gelico neue bessere Plätze in den Seitenkapellen erhielten,

| wo man diese Perlen Florentiner Malerei bei hellster Be-
leuchtung besser gemessen und studieren kann als bisher.

E. st.

London. Ausstellung antiker Silbergegenstände im „Bur-
lington Fine Art Club". In der Galerie des Klubs in Sa-
ville Row ist zur Zeit eine der seltensten Sammlungen
alter Silbergegenstände vereint, die wohl je in England
ausgestellt wurden.

Die verstorbene Königin Viktoria hatte aus der Silber-
kammer in Windsor nachfolgende Gegenstände gesandt:
! den berühmten Nautilus - Pokal, angefertigt von Nikolaus
Schmidt in Nürnberg, einen silbernen Tisch, ein paar eng-
lische Kannen und eine Rosenwasserschüssel, die drei
letzten Gegenstände aus dem 17. Jahrhundert. Unter den
verschiedenen Gilden Londons zeichneten sich die Waffen-
schmiede mit ihrem »Richmond-Pokal« aus. Von einzelnen
Ausstellern soll erwähnt werden: der Herzog von Norfolk,
der den sogenannten »Bourchier-Becher« lieh, Sir Samuel
Montagu, die Familie Rothschild, und die sehr alten eng-
lischen Kirchengefässe von Lord Carysfort, die in dem
Whittlesea Moor entdeckt wurden. Das schönste Objekt
aus der Elisabeth-Epoche gehört Lord Newton. Dies ist
eine silberne, mit prachtvollen bunten Emails verzierte
Schüssel, im Centrum das heraldisch korrekt ausgeführte
Wappen der Familie Leigh. Das St. John College in Cam-
bridge besitzt den schönsten Becher im Augsburger Stil,
 
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