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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0223

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429

Vom Kunstmarkt. — Vermischtes.

430

Farbengebung unangenehm gemacht würde, Detaille, der
seinen ungemein richtig gezeichneten, trocknen und leb-
losen Marschall Massena an der Spitze einer Unifornien-
schar ausgestellt hat, Tattegrain, der ein Mirakel mit iri-
sierenden Engelscharen und eine realistische nordfran-
zösische Küste mit allerlei Fischervolk zusammengebracht
hat, Henner, dessen milchige Mädchen in dunkler Wald-
einsamkeit zum eisernen Bestand aller Pariser Ausstellungen
und Kunsthändler gehören, und Devambez, dessen Vor-
stadttheater nur den einen Fehler hat, dass es an eine
Skizze Daumier's erinnert.

Auch in der Skulptur ist wenig oder gar nichts Neues
aufzulesen, und es wäre weiter kein Verbrechen, wenn
man keine einzige diesjährige Arbeit besonders erwähnte.
Nur der Ordnung halber seien daher die beiden Bärchen
von Peter, die hübsche, weibliche Figur von Felix Charpen-
tier, die Büste Chardin's von Fournier, und das frierende
Paar von Roger Bloche genannt. Andere Arbeiten, da-
runter verschiedene Kriegerdenkmäler, fallen nur ihrer
Grösse wegen auf, sind in den ausgetretenen und banalen
Pfaden dieser Denkmalskunst gehalten und könnten nur
ihrer technischen Ausführung wegen gelobt werden, die
in Paris auf der höchsten Höhe steht. Karl Eugen Schmidt.

Flensburg. Eine Schleswigsche Kunstausstellung, ge-
leitet von einem privaten Komitee, dem u. a. auch die
Künstler Professor Dettmann und Harro Magnussen an-
gehören, findet unter dem Protektorate des Herzogs Ernst
Günther zu Schleswig-Holstein vom 15. Juni bis 15. August
1901 in Flensburg statt. Die Ausstellung beabsichtigt, eine
gewählte Übersicht über die Lokalkunst der Schleswiger
von früher und jetzt in der eigenen Heimat zu bieten,
dabei ausgehend von der ungewöhnlichen Begabung und
Neigung für bildende Kunst bei den Schleswigern von
alters her bis heute. Unter anderen werden J. Alberts
(Berlin), Prof. Brütt (Berlin), Prof. Hans Christiansen
(Darmstadt), Prof. Dettmann (Berlin), A. Dircks (Düssel-
dorf), H. P. Feldersen und C. L. Jessen (Nordfriesland),
Momme - Nissen (Hamburg), Hans Olde (Seelcamp), die
Webeschule von Scherrebeck ausstellen. Die historische
Kunst des Landes, welche sich an die Namen des Rem-
brandtschülers Oreus, des Klassikers Carstens, des Kunst-
reformators für Dänemark: Eckersberg und der Plastiker
Brüggemann, Ringeling und Gudewerth anschliesst, wird
auch vertreten sein. Ausgestattet ferner durch altes und
neues Kunstgewerbe: Webereien, Holzschnitzereien, Fa-
yencen, Glasfenster, Truhen u. s. w. wird die Ausstellung
ein geschlossenes Bild von so mannigfachem Kunstschaffen
der deutschen Nordmärk gewähren.

VOM KUNSTMARKT

London. Bei Christie wurden am 3. Mai altchinesisches
Porzellan, altfranzösische Möbel und englische Emaillen
versteigert. U. a. brachte ein Schreibtisch aus Tulpenholz
ä la Louis XV. 5670 M.; ein kleines Sofa nebst vier
Fauteuils, reich geschnitzt und vergoldet ä la Louis XVI.
5040 M.; eine Uhr ä la Louis XVI. 3990 M.; eine arabische
Moscheelampe 5670 M.; ein paar Vasen mit Deckel ä la
Louis XVI. 73500 M. Letztere entstammen der Sammlung
des Fürsten Galitzin. Am 4. Mai kamen bei Christie die
Sammlungen alter Meister aus dem Besitz des verstorbenen
Alfred Buckley und des Bischofs von London unter den
Hammer. Darunter befand sich ein Triptychon von Peter
Paul Rubens, »Die Erhöhung des Kreuzes«, die Skizze zu
dem berühmten Altargemälde der Antwerpener Kathedrale.
Es brachte 67200 Mark. co

Paris. Am 10. Mai fand bei Georges Petit die Ver-
steigerung der Sammlung moderner Gemälde des Herrn

de Hele statt. Im ganzen wurden 391250 Francs gelöst,
davon für Daubigny's Fischer 31400 Frs. (1897 für 14200 Frs.
versteigert), desselben Bach 22100 Frs. (1891 für 7000 Frs.
losgeschlagen), Diaz' Sandweg 30000, Dupre's Kühe in
der Tränke 20500, desselben Bach 19200, Isabey's Hochzeit
zur Zeit Heinrichs II. 15600, Corot's Am Ufer des Teiches
25100, desselben Weide 18100, desselben Trauerweide
14500, Jacque's Lämmer auf der Weide 12800, desselben
Lämmer in der Lichtung 12000, desselben Schäferei 12100,
Ziem's Rückkehr vom Fischzug in Venedig 20100 Frs.
u. s. w. — Bei der Versteigerung einer grösseren Sammlung
von Gemälden moderner Meister wurden Samstag im
Hotel Drouot 306172 Francs gelöst. Hervorragende Preise
erzielten: Boudin's Eure-Becken in Hävre 17200, desselben
Fischerinnen von Kerhor 18000, desselben Quai des Char-
trons in Bordeaux 9000, desselben Handelshafen von Hävre
bei Sonnenuntergang 8450, Harpignie's Landschaft beim
Chäteau Gaillard 18800, Claude Monet's Seine bei Argen-
teuil 10000, Pissarro's Rue de l'Epicerie in Rouen 8000
Frs. u. s. w. Gleichzeitig wurden vier Marmorstatuen der
Canova'schen Schule »Die Jahreszeiten« für 7300 Frs. los-
geschlagen. □

VERMISCHTES

Paris. Interessante Nachrichten über die Schicksale
von Millet's berühmtem Gemälde »Angelus« wurden kürzlich
veröffentlicht: Das erhabene und ergreifende Gemälde,
welches im Jahre 1859 von dem berühmten Künstler unter
den bittersten Entbehrungen und der härtesten Not ge-
malt wurde, hat seit jener Zeit die mannigfaltigsten Wander-
fahrten zurückgelegt. Ursprünglich wurde das Bild vom
Künstler selbst um den Preis von circa 1250 Fr. an Fey-
deau verkauft; dann, nachdem es, dem stets wachsenden
Rufe des Gemäldes entsprechend, zu immer höheren Preisen
von Hand zu Hand gegangen war, kam es endlich in den
Besitz Wilson's, der es um den Betrag von 38 000 Fr. er-
stand. Bei der Wilson-Auktion im Jahre 1881 wurde das
Kunstwerk das Eigentum des bekannten Finanziers Secre-
tau, der nicht weniger als 160000 Fr. dafür bezahlte.
Durch den bekannten Kupferkrach sah sich Secretau ge-
zwungen, sich von seiner herrlichen Sammlung von Kunst-
schätzen zu trennen, und so musste auch der »Angelus«
abermals in andere Hände übergehen. Im Juli des Jahres
1889 kam die ganze Sammlung in Paris unter den Hammer.
Mr. Knoedler, welcher im Auftrage der Stadt New - York
als Käufer auftrat, und M. Antonin Proust, welcher an-
geblich von der französischen Regierung beauftragt wor-
den war, sich um das Gemälde zu bewerben, waren die
Hauptlizitatoren und hartnäckigsten Gegner. Schliesslich,
nach einer sehr aufregenden und lebhaft geführten Ver-
steigerung, wurde Millet's »Angelus« M. Proust um die
enorme Summe von 575 000 Fr. zuerkannt. Doch scheint
der zwischen der französischen Regierung und M. Proust
abgeschlossene Vertrag nicht ganz korrekt gewesen zu
sein, denn erstere weigerte sich, den Kaufpreis zu erlegen,
und so ging Millet's Meisterwerk nach Amerika — wie
es heisst, um den Preis von 800000 Fr. — und wurde
ein ganzes Jahr lang in den Vereinigten Staaten ausgestellt.
Was nach Ablauf dieser Frist mit dem Gemälde geschah,
ist nicht genau bekannt. Einige behaupteten, es sei in
New-York geblieben, andere dagegen waren der Meinung,
es sei wieder auf heimatlichen Boden zurückgekehrt. That-
sache ist, dass es gegenwärtig im Besitze des bekannten
Millionärs, Kunstmäcens und Philantropen Chauchard ist,
welcher 800 000 Fr. für das Gemälde bezahlte. M. Chau-
chard ist Inhaber der »Magasins du Louvre« in Paris.
 
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