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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0255

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Sammlungen und Ausstellungen.

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seiner Privatgalerie hat der Fürst einiges, u. a. ein grosses
Triptychon aus der Schule öiotto's hergegeben, allerdings
nur minderwertige Stücke. Jedenfalls ist das Beispiel dieser
Neuordnung bedeutungsvoll und erfreulich. Möchte es
zahlreiche Nachfolger finden! e. St.

Flensburg. Am 15. Juni wurde hier unter reger An-
teilnahme der städtischen und provinziellen Kreise die unter
dem Protektorat des Herzogs Ernst Günther zu Schleswig-
Holstein stehende Schleswigschc Kunstausstellung eröffnet.
Die Wanderausstellungen der schleswig-holsteinischen
Künstlergenossenschaft haben mit dieser Veranstaltung
keinen Zusammenhang. Sie sollte vielmehr eine Über-
sicht über die lokale schleswigsche Provinzialkunst der
letzten Jahrzehnte geben, unter Hinzuziehung einiger älterer
heimatlicher Künstler, in deren Werken ein eigenartig ge-
färbter Lokalcharakter in der Auffassung der Landschaft und
ihrer Bewohner zu Tage getreten ist. Manche der aus dieser
Gegend stammenden Künstler sind (insbesondere auf dem
Gebiete der Plastik) zu Ruf und Bedeutung gelangt (in
der Reichshauptstadt und andern Kunstzentren), deren
Tüchtigkeit und Eigenart in erster Linie aus ihrer Stammes-
art und niederdeutschen Rassenkraft zu erklären ist. So
die Bildhauer Adolf Bruett, J. Christensen, Georg Lund
und Harro Magnussen in Berlin und Charlottenburg, die
Maler und Kunsthandwerker Christiansen, Dettmann,
Alberts und andere, während Hans Olde, obwohl er an
der Grenze von Schleswig und Holstein lebt, in seiner
Kunst kaum zu Schleswig gerechnet werden kann; denn
das unterscheidende Merkmal ist bei uns nicht etwa Norden
und Süden, sondern Westküste und Ostkäste, wobei für
Schleswig der Westen und sein landschaftlicher Charakter
entscheidet. Es ist daher auch sehr die Frage, ob diese
Sonderausstellung in dieser Form und Loslösung von der
Schwesterprovinz eine berechtigte Notwendigkeit war.
Nach meiner Meinung nicht. Man hätte ruhig die Hol-
steiner hinzuziehen können, denn allzugross wäre die Ge-
fahr der Überfüllung, bei strenger Sichtung, nicht geworden!
Man hüte sich vor allzustrenger Abscheidung und Trennung
vom Nah verwandten in der Heimatkunst, und wenn das
Wort: »Up ewig ungedeelt« bei uns einen tieferen Sinn
hat, so darf es auch auf künstlerischem Gebiete gelten
und ein allzuscharfes »deelen« ist gefährlich für die ein-
heitlich gesunde Entwicklung der Heimatkunst. Diese
Ausstellung kommt daher etwas früh und lässt ein ab-
schliessendes Urteil nicht zu.

In der Plastik und Malerei hatte man die historische
Kunstproduktion zum Vergleich mit herangezogen und bei
der kunstgewerblichen Ausschmückung der Ausstellungs-
räume sind Proben älterer und neuerer gewerblicher Tech-
niken in der Webe-, Holzschnitz-, Glasfenster- und Töpfer-
kunst verwendet worden. Hier waren allerlei Über-
raschungen und Ausgrabungen zu sehen: Federzeichnungen
und Porträtköpfe von Asmus Jacob Carstens, geliehen von
der Kunsthalle in Hamburg, Bildnisse von Christoffer
Eckersberg, Hans Peter Feddersen, Jos. Jessen, Christian
Magnussen f, Heinrich Heger und Jurian Ovens; auch Holz-
schnitzereien von Brüggemann, Gudewerdt und einigen un-
benannten Meistern aus früherer Zeit waren vertreten, so-
wie die staatlich unterstützte Fachschule für Bildschnitzer
in Flensburg. Webereien in Knüpftechnik und Gobelins
aus den Webeschulen zu Scherrebek und Behrendorf ver-
vollständigten die Ausschmückung der Räume.

Bei allem guten Willen und fleissigem Bemühen um
die Ermöglichung dieser Ausstellung kann aber doch nicht
gerechterweise verschwiegen werden, dass derartige Sonder-
bestrebungen verfrüht und verkehrt sind. Man soll die
in frischen Keimtrieben aufblühende heimatliche Kunst-
bewegung nicht allzu hastig den hierzulande leider be-

sonders scharfen Frühlingswinden aussetzen. Kritik und
Publikum werden dadurch vor Aufgaben gestellt, die die
Verständigen einigermassen in Verlegenheit, die Unver-
ständigen und Naiven in Verwirrung und Unklarheit ver-
setzen können, sowohl in Hinsicht auf das Dargebotene,
wie über die künftigen Ziele unserer heimischen Kunst-
bewegung. —

Sehr erfreulich und interessant scheint sich der Neu-
bau des Flensburger Kunstgewerbemuseums zu gestalten.
Der unter gemeinsamer künstlerischer und technischer
Leitung und Aufsicht von Baurat Mühlke und Architekt
von Gerlach in Ausführung genommene Bau ist bis zum
zweiten Stockwerk gestiegen und soll im Herbste unter
Dach kommen. Die im Rathause ausgestellt gewesenen
Pläne, Skizzen und Modelle gaben einen klaren und günstigen
Eindruck von der Wirkung des fertigen Hauses, in welchem
die kunstgewerblichen Erzeugnisse der Provinz, die ältere
Bauernkunst (durch Einbau ganzer fertiger Räume mit
allem Zubehör) und neuere Zuthaten ihre dauernde Unter-
kunft finden sollen. Der Gesamtcharakter zeigt die etwas
ungenau mit dem Ausdruck »Holländische Renaissance«
bezeichneten Bauformen, die von den ausführenden Archi-
tekten richtiger als »Waterkantarchiteklur« gekennzeichnet
sind. Diese Stilformen, welche sich im Lauf der Jahr-
hunderte an und in der Nähe der Nordseeküste heraus-
gebildet haben, entsprechen einerseits den klimatischen
und landschaftlichen Bedingungen unseres Landes, anderer-
seits dem Zweckmässigkeits- und Schönheitsempfinden
unserer alten niedersächsisch-friesischen Bevölkerung. Die
hohen Dach- und Giebelformen sind allen nordgermanischen
Bauten älterer Zeit gemeinsam, ebenso wie die grossen
Fensteröffnungen zum freien Lichteinlass, und die Ziegel-
steine, als das Hauptmaterial der konstruktiven und
»statischen« Grundlagen des nordischen Backsteinbaues.
Diese Grundzüge haben sich hier im Lande noch lange in
zäher Beharrlichkeit erhalten, nachdem im mittleren und
südlichen Deutschland schon italienische Einflüsse über-
hand nahmen. Auch scheinen sie hier besonders ange-
bracht bei dem Museumsbau, wo in der Hauptsache die
Stile und Einrichtungsstücke vergangener Jahrhunderte
Platz finden und zum Rahmen des Ganzen passen sollen.
Für die Schinuckformen und dekorativen Flächen, Kon-
solen, Kapitäle, Giebelfelder u. s. w. werden nordische
Motive verwendet, Schiffsschnäbel, Drachenköpfe und frei
nach der heimatlichen Feld- und Waldflora stilisierte Blatt-
und Blumenmotive, besonders im Innern, bei den von dem
Kunsttöpfer Richter in Schleswig gelieferten Fliesen und
Kacheln. So wird denn Flensburg bald ein neues und
besseres Provinzialmuseum haben, als Kiel mit seinem
unpraktischen »lichtscheuen «, kleinfenstrigen Thaulow-
Museum — wo man sich nun doch zu einer notdürftigen
Oberlichteinrichtung entschlossen hat. Man darf der Voll-
endung des schönen und praktischen Flensburger Bau-
werkes mit Interesse entgegensehen. Schälermann.

Turin. Die Ausführung der Bauten für die Ausstellung
für dekorative Kunst im Frühling 1902 hat begonnen;
Pläne und Entwürfe des Architekten D'Aranco liegen ihnen
zu Grunde. Des weiteren ist man sich über Umfang und
Klasseneinteilung schlüssig geworden. Klasse I soll das
gesamte Gebiet der dekorativen Malerei und Plastik um-
fassen, ferner keramische Kunst, Glas- und Mosaiktechnik,
Teppichweberei, Leder-, Metall-, Korbarbeiten, Beleuchtungs-
gegenstände, Möbel und Hausgerät, Goldschmiedekunst,
Medaillen und graphische Künste, Klasse II: vollständige
Wohn- und Zimmereinrichtungen, Klasse III: bauliche und
Entwürfe für Strassen und Plätze, Gartenanlagen, Säulen-
gänge, Aussendekoration des Hauses von der Thür-
umfassung bis zur Wetterfahne und der öffentlichen Uhr
 
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