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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0016

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ig Denkmäler — Funde — Ausstellungen — Sammlungen iß

besondere Aufmerksamkeit widmet der Ausschuß dem Um-
bau des Gewandhauses, des rühmlichstbekannten Renaissance-
baues, um das in jüngster Zeit ein heftiger Streit entstanden
ist. Im vollen Bewußtsein der schweren Verantwortung, die
die Sorge für ein so kostbares Baudenkmal auferlegt, hat
die Handelskammer, die dort ihr Heim aufschlagen wird,
beschlossen, für die von vornherein noch offengelassenen
Fragen auch noch Sachverständige von auswärts zu Gut-
achten aufzufordern. (Hierzu wurden inzwischen Prof.
Theodor Fischer-München, Geh. Oberbaurat Hoffmann-
Darmstadt und Prof. Dr. Clemen-Bonn ernannt. Man kann
sich also der Hoffnung hingeben, daß der Umbau des
Gewandhauses eine befriedigende und sachgemäße Lösung
finden wird). Das Rokoko-Haus, Goslarsche Straße 3g,
ist an anderer Stelle, im Bürgerparke, wieder aufgebaut
worden, nachdem über das Grundstück eine Straße geplant
worden war. Die herzogliche Villa Neurichmond konnte
wegen allzu großer Baufälligkeit nicht vor dem vollständigen
Abbruch gerettet werden. Nur das kleine Torhaus blieb
erhalten. Weiter beschäftigte sich der Ausschuß mit
der Erhaltung der zum Teil noch aus dem zweiten Viertel
des 13. Jahrhunderts stammenden Wandmalereien in der
Kirche zu Melverode. Auch die wertvollsten alten Grab-
steine zu Flechtorf werden wieder aufgerichtet.

Die Wiederherstellung der Fassade des sogen.
Schwörhauses zu Ulm, eines Renaissancebaues, der
17S5 ausbrannte, wird jetzt geplant. Während man bis-
her geglaubt hatte, daß bei dem "^Brande die alte Fassade
zerstört sei, ließ sich jetzt feststellen, daß noch Wesent-
liches erhalten und nur beim Neubau nach dem Brande
verputzt und vermauert sei. Sogar die alten Fassaden-
malereien sind noch zum Teil unter dem Putz erhalten.

DENKMÄLER
Das Fontane-Denkmal, welches in Berlin auf dem

Platz bei der v. d. Heydtstraße errichtet werden soll, wird
nach dem Modell des jüngst verstorbenen Bildhauers
Max Klein in Marmor ausgeführt werden. Man rechnet
mit einer Enthüllung im nächsten Frühjahr.

Dem verstorbenen Konsul E. F. Weber, dem Schöpfer
der berühmten Hamburger Privatgalerie, ist jetzt ein künst-
lerisches Grabdenkmal auf dem Ohlsdorfer Friedhofe ge-
setzt worden; entworfen hat es der Berliner Bildhauer
Hans Dammann.

FUNDE

Eine bisher unbekannt gebliebene Marmorstatüe
Nelsons von der Hand Thorvaldsens ist nach Meldung
der »Frkft. Ztg.« in Norwegen aufgefunden worden und
soll, wenn möglich, dem Kopenhagener Museum einverleibt
werden. Die Statue wird als ein Stück ersten Ranges ge-
geschildert; man vermutet, daß der Admiral zur Zeit, als
er die englische Mittelmeerflotte befehligte, dem Künstler
in Italien saß.

AUSSTELLUNGEN
Über das Ergebnis der diesjährigen Dresdener
Kunstausstellung finden sich in verschiedenen Zeitungen
mehr oder weniger bestimmte Angaben, daß sich ein Fehl-
betrag von 50000 Mark ergeben habe. Diese Angaben sind
verfrüht. Sicher ist, daß einzelne Posten des Voranschlages
sich als irrtümlich herausgestellt haben. So hat die Ausstel-
lung »Kunst und Kultur unter den sächsischen Kurfürsten«
weit mehr gekostet, als veranschlagt war. Auch hat das Ver-
gnügungseck durchaus nicht gehalten, was man sich davon

versprochen hatte, und das anhaltende kalte Wetter während
des Sommers hat die Einnahmen wesentlich beeinträchtigt.
Doch fehlen vorläufig noch eine Reihe Posten zu einem
Uberblick über die gesamten Einnahmen und Ausgaben,
so daß sich über einen Fehlbetrag bisher nichts Sicheres
sagen läßt. Die Ausstellung dauert bis 15. Oktober. ^?

SAMMLUNGEN

Neuerwerbung des Museums der schönen Künste
in Budapest. Die sehr reichhaltige Kollektion der spani-
schen Abteilung ist durch die Erwerbung eines Bildes von
Velazquez, welcher bisher im Museum nicht vertreten war,
bereichert worden. Es handelt sich um eine bis jetzt in
der einschlägigen Literatur unbekannte Jugendarbeit des
Künstlers. Dargestellt ist eine Frühstücksmahlzeit. Bei
einem gedeckten Tische, auf dem ein Teller mit Fisch, ein
Trinkglas, eine Orange, Brot, Messer usw. herumliegen,
sitzt links ein alter Bauer, dem ein Mädchen Wein ein-
gießt, ihm gegenüber ein junger Mann mit sprechender
Gebärde. Dieses Gemälde gehört in die Zeit der soge-
nannten »Bodegones«, die in Sevilla entstanden, bevor der
Künstler nach Madrid übersiedelte. Am meisten ist es mit
des Meisters Jugendwerk in der Petersburger Eremitage
verwandt; der alte Bauer und der junge Mann kehren auf
beiden Bildern wieder. Das Budapester Bild, welches sich
einer guten Erhaltung erfreut, stammt aus der Kollektion
Sanderson in Edinburgh und ging dann in den Besitz des
englischen Kunsthistorikers R. Langton-Douglas über, von
welchem es das Budapester Museum käuflich erwarb.

Würzburg, das in letzter Zeit in Angelegenheit des
romanischen Kreuzganges das Interesse der ganzen kunst-
liebendeh Welt auf sich lenkte, tritt jetzt endlich einmal
mit einer im Interesse der Kunst zu lobenden Tat hervor.
Die Universität ist vorangegangen mit der Neuordnung
ihrer Sammlungen und hat zunächst die Plastik und die
Malerei neu aufstellen lassen. Daß dies so gut gelungen,
ist vorzüglich das Verdienst des Assistenten der Sammlung,
Dr. Hock. Keine Mühe und Arbeit hat er gescheut, mit
den gewährten, doch nicht allzureichlichen Mitteln in Räumen
der alten Universität, die sich absolut nicht dazu eignen,
die ziemliche Zahl der Bilder und verschiedene vortreffliche
Holzskulpturen einigermaßen würdig aufzustellen. Wenn
man an die alte Aufstellung zurückdenkt, löst sich ein Bann.
Im stillen steigt die Hoffnung auf, daß dieses treffliche
Beispiel eine Mahnung für alle, die Interesse für Würzburg
und seine Kunst haben, sein wird. Würzburg, wie kaum
eine andere Stadt bevorzugt durch Bauwerke und Denk-
mäler aus fast allen Jahrhunderten, könnte sich ja ein
deutsches Museum ersten Ranges schaffen, wenn die
Universität ihre Sammlungen — vorzüglich auch das, was
die Bibliothek birgt —-, die Stadt, die Kunst und Altertums-
vereine ihre schönen Stücke in einem gemeinsamen Kunst-
museum zusammentäten. Dann würde Würzburgs Ruf als
Kunststadt sich gewiß ganz anders erheben, und auch das
Interesse und die Anteilnahme des Volkes an der Kunst
würde wachsen. Aber Würzburg ist leider keine reiche
Stadt und die Mittel zum Neubau eines großen Museums
sind nicht vorhanden. Die Stadt gedenkt ihr eignes Museum
weiter auszubauen und es bleibt so zu erhoffen, daß auch
da eine würdige Aufstellung der Kunstwerke erfolgen
wird. Immerhin etwas, und der Fremde wird wissen, wo
er — abgesehen von den großen Bauwerken — die besten
Denkmäler zu finden hat und zwar so, daß er sie auch
genießen kann. F. Knapp.

Diesem Hefte liegt ein Prospekt der Verlagsanstalt Alexander Koch in Darmstadt bei.

Inhalt: Neunter Tag für Denkmalpflege in Lübeck. Von Paul Schumann. — Archäologische Nachlese. Von Max Maas. — Neues aus Holland. —
Placidus Wolter f. — Personalien. — Denkmalpflege in Braunschweig; Wiederherstellung des Schwörhauses in Ulm. — Fontane-Denkmal
in Berlin; Grabdenkmal für Konsul Weber. — Fund einer Nelson-Statue. — Über das Ergebnis der Dresdener Kunstausstellung. — Neu-
erwerbung des Museums der schönen Künste in Budapest; Würzburger Sammlungen.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. g. m. b. h. Leipzig
 
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