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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0056

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95

Vermischtes — Literatur

96

ihrer Ausführung, so hoch war die Reliefierung der Elfen-
beinschnitzerei; Kentaur und Lapithe, sowie Prometheus
und der Adler waren dargestellt. Andere Elfenbeinschnitz-
werke können einen Begriff von dem Qötterbilde geben,
welches das hölzerne Kultbild des alten Tempels gewesen
sein muß. Ein leider verstümmeltes Täfelchen zeigte einen
Krieger im vollen Waffenschmuck. Diese Elfenbeinkunst
scheint im 5. Jahrhundert vernachlässigt worden zu sein,
wahrscheinlich infolge des spartanischen politischen Systems,
das seine Rigorosität auf das Privatleben und das Kultus-
leben gleichermaßen wirken ließ. — Bei der archaischen
Kunst Spartas sind nun gewisse fremde Einflüsse sicher
nachzuweisen. Ägyptischer Import ist bei manchen Gegen-
ständen, z. B. den Skarabäen, sicher zu erkennen. Der
jonische Einfluß zeigt sich namentlich bei den Elfenbein-
schnitzereien, die manche Ähnlichkeiten mit dem jüngst
von Hogarth beim Arthemistempel von Ephesos gefundenen
haben. Trotz aller fremden Einflüsse muß man aber bei
der Betrachtung dieser Kunstübungen auch an die ein-
heimische lakonische Bevölkerung denken, die in ihrem
Hauptbestand die gleiche wie in der vorhergegangenen
Bronzezeit gewesen sein muß. Von der Kunst dieser
Bronzezeit, der mykenäischen, hat sich jedoch bis jetzt
keine Spur in diesem Heiligtum gefunden; die erobernden
Dorer müssen sie gründlich zerstört haben. Dies schließt
jedoch nicht aus, daß die künstlerischen Eigenschaften der
Urbevölkerung fortgedauert und auch ihre Marke der archai-
schen spartanischen Kunst aufgedrückt haben, d. h. sie be-
wahrten nicht mehr eine eigene Kunst; die Spartaner ar-
beiteten gemäß der ihnen von den neuen dorischen Herren
gegebenen Richtschnur und unter dem Einfluß, der von
der Neugestaltung Griechenlands ausging; aber die im
Volke noch schlummernde alte Übung half doch mit, die
archaische spartanische Kunst zu ihrer Höhe zu erheben,
von der sie erst später unter dem Einfluß des eigentüm-
lichen spartanischen Systems heruntersank, da Sparta seinen
Ruhm darin suchte, als der kriegerischste, aber auch als
der wenigst kultivierte griechische Staat zu gelten. m.

ZU DÜRERS ZEICHNUNGEN L. 163 UND 213.

Dürers freie Kopien nach den »Tarochhi« sind um
'495— '49° entstanden. Diese Studien weisen eine starke
Vermengung von neu angeeigneten italienischen und alt-
hergewöhnten nordischen Formen auf. Auch der Kopf
der Muse Thalia L. 213 ist den ältesten, am meisten be-
nützten Typen des Meisters nahe verwandt. Bei der
Prüfung des im Jahre 1503 mit Kohle gezeichneten Marien-
kopfes L. 163 fiel mir auf, daß derselbe dem der kjassisch-
mythologischen Figur gleich gebildet ist. Die Überein-
stimmung läßt sich in allen Teilen konstatieren. Beide
Köpfe müssen ohne direkte Naturvorlage gezeichnet worden

«s_Verlag von FERDINAND ENKE in Stuttgart ::

Soeben erschien:

Duval, M., Grundriss der Anatomie für

ICÜ n St IPP Deutsche Bearbeitung v. Prof. Dr. Ernst Gaupp.

* Dritte vermehrte Auflage. Mit 4 Tafel- u. 88 Text-
abbildungen. 8°. 1908. Geh. M. 7.— ; in Leinwand geb. M 8.—

sein, was durch die, allem Anschein nach, leichte Art der
Entstehung und einige Härte der Formenbildung bewiesen
wird.

Es ist auf solche Wiederbenutzung alter Motive bei
Dürer öfters hingewiesen worden. Die Gewohnheit, sich
selbst zu kopieren, ist für seine Schaffensweise bezeichnend.
Mir scheint es doch wert zu sein, die Aufmerksamkeit auf
diesen Fall zu lenken, da hier im wesentlichen von einem
Phantasie- bez. Erinnerungsbilde die Rede ist, welches
sich in des Meisters Vorstellung fest eingebürgert hat.
Einmal drängt es sich in der Zeit der größten Krise der
Kunstentwickelung unter fremde Formen. Das andere
Mal taucht es, nach ungefähr sieben bis acht Jahren in
einer Periode auf, wo Dürers Kunst, durch Verarbeitung
neuer Elemente, ganz aufgefrischt worden ist.

Dr. Zoltdn v. Takdcs, Budapest.

LITERATUR

Karl Voll, Führer durch die alte Pinakothek. München,
Süddeutsche Monatshefte. 8°. 1908. Mit 16 Vollbildern
(M. 3,50).

Das äußerst schätzenswerte Büchlein bringt in abge-
klärter und abgerundeter Form dasjenige, was der Verfasser
seinen akademischen Zuhörern in mündlichen Vorträgen
vor den Bildern selbst geboten hat. Es ist selbstverständ-
lich, daß darin seine besonderen fachmännischen Studien,
namentlich auf dem Feld der frühen niederländischen Malerei,
sich deutlich bemerkbar machen, sowie auch andere intim
kunstgeschichtliche Fragen berührt werden. Aber auch dem
gebildeten Laien bietet der Führer einen Halt, weil der
Verfasser feinfühlig genug ist zu wissen, daß es bei einem
Führer nicht in erster Linie darauf ankommt, seine Kenntnisse
ganz zu entfalten, sondern den Leser zu locken. Er muß
daher nicht nur seinen Ton, sondern auch seine Anschauungs-
weise zunächst auf die Forderung des Zuführenden ein-
stellen, ihn dort packen, wo er am empfindlichsten zu fassen
ist, ihm nicht vom hohen Roß der Gelehrsamkeit herab
vordozieren, sondern ihm z. B. mit Vergleichen beizukommen
suchen, die meinetwegen dem Fachmann trivial erscheinen,
wenn dadurch nur der Einfluß auf den Leser ein sicherer
ist. Es gibt Schwächen an großen Künstlern, die dem
Laien gefallen: sie müssen ihm ins rechte Licht gesetzt
werden, wenn auch das Bild des Meisters dabei etwas anders
ausfällt, als es ausfallen würde, wenn man nicht vor Laien
spräche. Andererseits würde dem Verfasser das Vertrauen
seines Publikums sofort entzogen werden, wollte er schwer-
verständliche Meister ohne weiteres als so blendend hin-
stellen, wie die Wissenschaft sie anerkennt. Nur unreife
beschränkte Fachgenossen wettern gegen diese Behandlung
eines »Führers«, im irrtümlichen Glauben befangen, daß
das Alpha und Omega stets im spröden Hochhalten der
wissenschaftlichen Fahne bestehe.

Die höheren Ansprüche, die Volls
Führer stellt, — er war übrigens in der
glücklichen Lage, 257 Seiten zur Ver-
fügung zu haben, — ergeben sich schon
aus dem Umstand, daß er nicht eigentlich
saalweise, von Bild zu Bild führt, son-
dern wissenschaftlich zusammenfaßt,
und durch die interessante Abbildungs-
auswahl, die fern davon bleibt, eine Zu-
sammenstellung der beliebtesten .Perlen'
zu bieten. Auch hierin gilt sein Lehren für

Vorgeschrittenere. Prof. Dr. Hans W. Singer

Inhalt: Münchener Brief. — Ernest Hebert t- — Personalien. —-Weltbewerbe: Medaille zur 500-Jahrfeier der Universität Leipzig; Volks-und
Bürgerschulgebäude zu Eger. — Denkmalpflege in der Provinz Brandenburg. — Schweizerisches Nationaldenkmal; ein Hallerdenkmal in
Bern; Abbruch des ehemaligen Historischen Museums zu Bern. — Neue Ausgrabungen aus Kreta. — Wichtige mittelalterliche Funde im
Altenberger Dom. — Ausstellungen in Berlin; Ausstellung deutscher Künstler in Schweden. — Neuerwerbungen der Nationalgalerie in
Berlin; Erhaltung des Engadiner Museums in St. Moritz; Eröffnung des Segantini-Museums in St. Moritz. — Das Jahreswerk der British
school at Athens. — Zu Dürers Zeichnungen L. 163 und 213. — Karl Voll, Führer durch die alte Pinakothek. — Anzeige.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. g. m. b. h. Leipzig
 
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