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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0064

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111

Antonio Pisanello — Anzeigen

112

durfte man von dem trefflichen Beamten des South Ken-
sington-Museums und Kunstschriftsteller Edward Strange
Gutes erwarten. Jedoch scheint es mir, daß es doch nur
ein Buch geworden ist, über das man mit süß-saurem
Lächeln quittiert unter dem Gesichtspunkte, daß man dem
lieben Gott für alles danken muß. Es zeichnet sich vor-
teilhaft von den Erzeugnissen eines Wedmore aus, aber
schließlich wird es von diesem nur durch Grad-, nicht durch
Wesensunterschiede getrennt.

Beinahe die Hälfte von Shorts Arbeiten sind Wieder-
gaben von Gemälden anderer Meister. Der Katalog gibt
nur Titel, keine Beschreibungen dieser Blätter! Wie in
aller Welt soll man Drucke identifizieren, wenn man deren
Titel nicht zufällig weiß? Der Verfasser unterscheidet in
merkwürdiger Weise zwischen »inscribed«, »lettered«,
»signed«, ohne eine Aufklärung hierüber zu geben. Platte 140
enthielt erst eine Darstellung, dann wurde diese auf der
unteren Hälfte nochmals wiederholt, schließlich zerschnitten
und Auflagen von beiden Darstellungen gedruckt. Strange
behandelt sie aber, als ob nur eine Platte vorhanden sei,
widmet ihr nur eine Nummer und zeigt nicht an, worin
sich die Drucke der getrennten Einzelplatten voneinander
unterscheiden. Ich hatte nur wenige Blatt zur Hand, mit
deren Hilfe ich das Verzeichnis nachprüfen konnte, fand
aber mehrere Fehler; so ist z. B. Nr. 175 deutlich unten 1.
signiert, obwohl der Katalog angibt, es sei »unsigned«.
Ich kenne drei verschiedene Zustände dieser Platte: der
Katalog nennt überhaupt keine, und ich habe den Eindruck,
daß er sich überhaupt so gut wie gar nicht um die Zu-
stände gekümmert hat. Das ist aber doch eine der Haupt-
sachen, die man von einem derartigen Oeuvreverzeichnis
erwartet.

Stillschweigend ist die chronologische Anordnung ein-
geschlagen worden, und gerade für dieses Werk war sie
besonders widersinnig. Shorts »Werk« besteht fast nur
aus Landschaften: wenn man hier etwas sucht, kann man
das ganze Buch durchblättern, bis man es findet. Es gibt
nicht einmal nach verschiedenen Gesichtspunkten angeord-
nete Register, die uns beim Suchen helfen könnten; nur
einen Index der offiziellen Titel sämtlicher Platten. Da es
sich aber fast nur um Landschaftliches handelt, und meist
um Ortsnamen, die man selbstverständlich nicht erkennen

kann, SO ist er ziemlich nutzlos. Prof. Dr. Hans W. Singer.

ANTONIO PISANELLO
Urkundliche Forschungen Biadegos haben ergeben,
daß der berühmte Maler Pisanello nicht den Vornamen

Vittore, sondern Antonio trug. F. Burger hat kürzlich über
diese Entdeckung des Direktors der Veroneser Kommunal-
bibliothek in dieser Zeitschrift referiert1). Dabei ist ein
böser Irrtum untergelaufen, der nun richtig gestellt wer-
den soll.

Der Veroneser Kunstschriftsteller Bartolomeo dal Pozzo
besaß, wie er selbst berichtet, ein Madonnenbild mit Hei-
ligen, das den Namen Vittor Pisanello und die Jahreszahl
1406 trug. Das Bild galt eine Zeitlang für verschollen, bis
es im Besitz der Berliner Museen wiederauftauchte, wohin
es wahrscheinlich mit der Sammlung Solly gekommen war.

— Burger meint, daß einmal »stilistische Indizien« gegen
die Annahme sprächen, das Berliner Bild stamme von dem
berühmten Medailleur Pisano. Dieser — Antonio und
nicht Vittore — sei nun weiter laut Biadegos Untersuchung
erst im Jahre 1397 geboren, könne also 1406 noch nicht
gemalt haben. Folglich hätten zu Anfang des fünfzehnten
Jahrhunderts zwei veronesische Maler mit den Namen Pi-
sano gelebt, der eine, ältere, Vittore, der Meister des Ber-
liner Bildes und der jüngere, Antonio, der berühmte Maler
und Medailleur.

Kennt Burger das Bild? Es befindet sich seit Jahr-
zehnten nicht mehr in der Galerie. — »Stilistische Indizien«
weisen auf eine um mindestens ein halbes Jahrhundert
spätere Entstehungszeit, als die gefälschte Inschrift angibt.

— Vor beinahe einem Menschenalter hat Tschudi2) dem
Bilde seinen Platz in der Nähe Bartolomeo Vivarinis an-
gewiesen. Seitdem hat niemand mehr an Pisanellos Ur-
heberschaft geglaubt. Tschudis Urteil findet man auch in
einer Arbeit Venturis3) wiederholt, die jeder befragen
sollte, der den Drang fühlt, etwas über Pisanello zu
schreiben.

Zu jener Hilfskonstruktion, zur Annahme zweier vero-
nesischer Pisanelli fehlt also Berechtigung, wie Bedürfnis.
Denn auch Vasaris Angabe (dieQuelle des Signaturfälschers),
der Medailleur habe Vittore geheißen, kann der Wucht
urkundlicher Zeugnisse, die ihn Antonio nennen, nicht
standhalten. Der berühmte Künstler hieß Antonio Pisa-
nello. Einen Maler Vittore Pisanello hat es niemals ge-
geben. Hadeln.

1) F. Burger in Kunstchronik, XX, Nr. 5.

2) H. v. Tschudi in Jahrbuch der K. Pr. Kunstsamm-
lungen, VI, S. 18 ff.

3) Vasari, Le Vite etc. Gentile da Fabriano e il Pisa-
nello. Edizione a cura di Adolfo Venturi. Firenze 1836,
p. 28.

:! Königliche Akademie der Künste zu Berlin

■ i

ä i Den für das Jahr 1908 auf dem Gebiete der Bildhauerei ausgeschriebenen Dr. Hugo Raußen-
" | dorff-Preis im Betrage von 4000 Mark zu einer einjährigen Studienreise haben wir nach
b | stattgehabtem Wettbewerb auf Grund der abgegebenen Urteile der berufenen Preisrichter

' I dem Bildhauer Heinrich Splieth zu Charlottenburg verliehen.

■ :

Jj j Berlin, den 18. November 1908 Der Senat, Sektion für bildende Künste

■ j Arthur Kampf

Inhalt: Das Ende der Nationalgalerie-Krisis. — Personalien. — Ein neuer Name. Von Mela Escherich. — Wettbewerb: Deutsches Theater
in Djrpat. — Oesetz gegen Verunstaltung von Stadt und Land in Sachsen; Erhaltung des Strohhauses im Aargau. — Anton Burger-Denkmal
in Kronberg. — Ausstellungen in Berlin, Wien, Köln, Metz, Wiesbaden und in der Schweiz. — Neuerwerbungen der Neuen Pinakothek
in München, der Städtischen Kunstsammlung in Minnheim, der islamischen Abteilung der Berliner Museen. — Stiftung des Kommerzienrats
K. Trübner; Stipendien der Frau L. Wentzel. - Vermischtes. — Richard Qreeff, Rembrandts Darstellungen der Tobiasheilung; Carl justi,
Miscellaneen aus drei Jahrhunderten spanischen Kunstlebens; Kakuya Okabe, Japanese swordguards; Ed. F. Strange, The etched and engraved
work of Frank Short. — Antonio Pisanello. Von Hadeln. — Anzeige.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E, A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. o. m. b. h. Leipzig
 
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