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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0136

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255 Vereine — Vermischtes 256

richtsministerium aus dem Nachlaß des kürzlich verstor-
benen Fürsten Strozzi in Florenz ein hochinteressantes Bild
mit einer Quattrocentodarstellung Neapels und seines
Hafens mit zahlreichen Kiegsschiffen an. Man glaubte,
der lange Zug der bewimpelten Fahrzeuge bezöge sich
auf die Botschaft, welche 1479 Lorenzo de' Mediä und
Filippo Strozzi an König Ferrante von Neapel sandten,
um sich seinen Beistand für ihre politischen Pläne zu
sichern. Nun ist aber Prof. Viltorio Spinazzola, Direktor
des Museo di San Martino, ganz anderer Meinung. Er
glaubt beweisen zu können, daß es sich statt dessen um
einen Triumphzug der aragonesischen Flotte nach blutiger
Besiegung der letzten Parteigänger der Angioinen handelt.
Bei Ischia hatten am 6. Juli 1465 die Schiffe König Ferrantes
von Aragonien die Flotte Carlo Torrellas, eines mächtigen
Parteigängers Johanns von Anjou, besiegt. Auf den sieg-
reichen Schiffen flattert hoch am Mast die Fahne Ara-
goniens, während am Bug der entmasteten besiegten
Anjous Banner im Wasser schleift. Das kostbare Bild,
wohl Arbeit eines toskanischen Malers, ist besonders für
die Topographie des mittelalterlichen Neapels kostbar, weil
der Maler mit peinlichster Sorgfalt jedes Haus, jede Kirche
und vor allem das mächtige Castel Nuovo mit allen Einzel-
heiten dargestellt hat.

-f In St. Moritz ist Mitte Januar das Segaritini-Museum
der Gemeinde übergeben und offiziell eröffnet worden.

Eine Kanne aus geschliffenem Bergkristall und ver-
goldetem Silber, die auf einen Entwurf Hans Holbeins d.J.
zurückgeht, ist, wie Direktor Otto von Falke in den amt-
lichen Berichten mitteilt, für das Berliner Kunstgewerbe-
museum auf einer englischen Auktion erworben worden.
Sie stammt aus dem Nachlaß der Marchioness Conyngham.
Holbein hat viele Entwürfe für Goldschmiedearbeiten gelie-
fert, aber es sind ganz wenige ausgeführte Werke erhalten.

VEREINE

Die ordentliche Hauptversammlung der Allgemeinen
Deutschen Kunstgenossenschaft wird am 22. März d. J.
in München stattfinden.

-f Der Bund schweizerischer Architekten hielt am
23. Januar in Zürich seine Generalversammlung ab, in
welcher er die von der Wagnerschen Verlagsanstalt in Bern
herausgegebene Zeitschrift »Die schweizerische Baukünste
zum Vereinsorgan erklärte. Eine Kommission wurde er-
nannt zur Prüfung der in der Schweiz bestehenden Wett-
bewerbs- und Honorarnormen für Architekten. Als Ort
der nächstjährigen Generalversammlung des Bundes (B. S. A.)
wurde Bern bestimmt. Dr. C. H. Baer hielt einen Vortrag
über die künstlerische Ausgestaltung unserer Bauten.

In Paris hat sich nach dem Vorbilde der englischen
Vasari-Gesellschaft eine Sociale pour la Reproduction des
Dessins de maitres gebildet, die Handzeichnungen alter
und moderner Meister in privaten und öffentlichen Samm-
lungen zu publizieren gedenkt, soweit sie der Allgemeinheit
nicht schon bekannt sind. m.

VERMISCHTES
Aus Messina erhalten wir die Nachricht, daß die
Kreuzabnahme von Colijn de Coter aus dem Museo
Civico, über deren Schicksal bis vor kurzem noch Ungewiß-

heit herrschte (vergl. Kunstchronik Nr. 15) aus den Trümmern
gerettet worden ist.

X Der »Verein Berliner Künstler« hat die An-
regung gegeben, daß die Ausschmückungskommission
des Reichstages sich künftig durch einige Mitglieder der
Künstlerschaft ergänzen wird. Die Vorgänge bei der Ab-
lehnung der Jankschen Gemälde haben den Verein zu dem
sehr vernünftigen Schritt veranlaßt, in einer Eingabe dem
Reichstage diesen Vorschlag zu unterbreiten, der bei den
Abgeordneten, wie es scheint, günstige Aufnahme gefunden
hat. Es heißt, daß vor allem Paul Wallot gebeten werden
soll, der Kommission beizutreten. Daneben sollen dann
andere Künstler aus dem ganzen Reich kooptiert werden.

Der Katalog der wertvollen Sammlung italienischer
Majoliken im Weimarer Goethe-Nationalmuseum
ist jetzt abgeschlossen worden; ein Verzeichnis der Bronzen
soll folgen.

Die Chronique des arts meldet, daß in Parts eine große
Bibliothek zum ausschließlichen Gebrauch Von Künstlern,
Kunsthistorikern und Sammlern errichtet werden soll. m.

X Der Entwurf einer Nachlaßsteuer, der jetzt den ge-
setzgebenden Körperschaften des Reiches zur Beratung vor-
liegt, hat der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft
Anlaß zu einer Eingabe an die Regierung wie den Reichs-
tag gegeben, deren Zweck es ist, die Nachlaßbesteue-
rung von Kunstwerken nach den Prinzipien der Ge-
rechtigkeit zu regeln. Jeder Künstler hinterläßt bei seinem
Tode seinen Angehörigen eine oft sehr große Anzahl von
Studien, Skizzen, Entwürfen, Modellen, Gipsabgüssen usw.,
deren Ertragswert für die Hinterbliebenen ein sehr be-
dingter ist. Die Kunstgenossenschaft erhebt gegen die
Einführung der Steuer, gegen diese Art des künstlerischen
Nachlasses Einspruch. Sie stellt dafür als "Beispiel den
Fall auf, daß ein Künstler etwa nach vierzigjähriger
Arbeit 2000 solcher Stücke hinterläßt — was sehr wohl
möglich ist, wenn man bedenkt, daß Menzels Nachlaß
über 6000 Nummern betrug —; dann würde sich, wenn
die Steuerbehörde diesen Nachlaß mit 50 oder 100 Mark
pro Stück bewertete, eine steuerpflichtige Summe von
100000 bis 200000 Mark ergeben! Daß darin eine große
Ungerechtigkeit liegen würde, bedarf keiner näheren Be-
weisführung.

-f Über einen der bedeutendsten Tessiner Künstler des
18. Jahrhunderts, Giuseppe Antonio Petrini, dessen
Persönlichkeit bis jetzt fast völlig im Dunkel geblieben,
haben Forschungen von Dr. Siegfried Weber manches zu-
tage gefördert. Weber berichtet über seine Ergebnisse im
3. Heft des Jahrgangs 1908 des »Anzeigers für schweize-
rische Geschichte«. Das bisher angenommene Geburtsjahr
des Künstlers (1681) ist irrig, er ward zu Carona am Lu-
ganersee 1677 geboren und dürfte 1758 gestorben sein.
Ein Eintrag von 1759 belegt, daß er in jenem Jahre nicht
mehr am Leben war. Am meisten gesichert von Petnnis
Malereien können Fresken in der Wallfahrtskirche Madonna
dell' Ongero bei Carona genannt werden, daneben eine
Rötelzeichnung im Besitze eines Privaten in Lugano. Ziem-
lich sicher von ihm stammt ein Bild in Sta. Maria degli
Angioli in Lugano (Stigmatisation des hl. Franziskus).
Petrini dürfte den bedeutenden Malern der italienischen
Schule des 18. Jahrhunderts zuzurechnen sein.

Inhalt: Londoner Brief. Von O. v. Schleinitz. — K. Müller-Kaboth f; Joseph Knightf; Max Hoenow f. — Wettbewerbe: Plakat für die Ausstellung
in Baden-Baden, Entwürfe iür Fremdenartikel, Umgestaltung der Oberthorstraße zu St. |ohann, Preisaüfgaben des Berliner Architekten-
vereins, Reuter-Denkmal in Stavenhagen, Denkmal Peters d. Or. in Riga, Kurhaus in Warnemünde. — Heimatschutz in Braunschweig;
Oesetz gegen Verunstaltung des Stadlbildes in Hamburg. — Burckhardt-Denkmal in Stuttgart; Mendel-Denkmal in Berlin; Kleist-Denkmal
in Frankfurt a. O.; Denkmal von Riesendimensionen. — Ein wiedergefundener Ltonardo; Zwei wichtige Porträts; Ein wiedergefundenes
Werk Antonellos da Messina; Neuentdeckte Arbeiten von Veit Stoß; Freskenfund in Zürich. — Ausstellungen in Berlin, Zurirh, Genf,
Dresden, Brüssel, München, Stockholm, Braunschweig. — Die Engländer des Kaiser-Friedrich-Museums; Erwerbungen der Galerie Borghese
und des Thermenmuseums in Rom; Ankauf für das Kgl. Museum von San Martino; Segantini-Museum in St. Moritz; Kanne von Holbein d.J.
— Allg. Deutsche Kunstgenossenschaft; Bund schweizer. Architekten; Sociel£ pour la Reproduction des dessins de maitres. — Vermischtes.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: e. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von ernst Hedrich Nachf. g. m. b. h. Leipzig
 
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