Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0141

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
265

Archäologisches

— Ausstellungen

266

ARCHÄOLOGISCHES

Rom. Der Consiglio superiore delle antichitä e belle
artl hat beschlossen, die altrömischen Schiffe des Nemisees
aus dem Wasser heben zu lassen.

Ägyptische Porträts aus der 20. Dynastie. Das
für die Archäologie wichtigste amerikanische Museum, das
»Museum of fine arts« in Boston, ist in den Besitz einer
Sammlung von Wandziegeln aus dem neuen Reich (17. bis
20. Dynastie, 1600—1100 v. Chr.) gekommen, die ebenso
großes künstlerisches wie. historisches Interesse bieten.
Das Bulletin des genannten Museums vom Dezember bringt
darüber einen ausführlichen, mit Abbildungen geschmückten
Aufsatz. Die Ziegel bildeten, wie angenommen ist, einen
Teil der Wanddekoration eines von Rhamses III. (1198—1167
v. Chr.) errichteten Gebäudes. Sie wurden in Luxor von
einem Händler angekauft und sollen aus Medinet Habu
stammen, wo Rhamses III. ausgedehnte Bauten hat aus-
führen lassen. Ähnliche emaillierte Wandziegel wurden
auch schon zu Tell-el Yehudiyeh, ungefähr 30 Kilometer
nördlich von Kairo, gefunden. Auch in Koptos fanden sich
Fragmente von solchen, so daß man annehmen kann, daß
unter Rhamses III. derartige Wandziegel allgemein üblich
waren und als Dekoration der Wände auch weit südlich
gebraucht wurden. — Die Wände der ägyptischen Tempel
sind vielfach mit Kriegsszenen geschmückt, wobei als Be-
siegte feindliche Stämme dargestellt sind, die nicht aus dem
eigentlichen Ägypten sind, sondern die, vom Reichtum des
Nillandes angezogen, kriegerische Einfälle daselbst versucht
haben. Da sie in Zahl geringer und nicht so gut aus-
gebildet waren wie die ägyptischen Heere, so wurden sie
meist in den Schlachten besiegt und zu Sklaven gemacht.
So kommt es, daß in den Reliefs so verschiedene Rassen-
typen auftauchen und daß die Hieroglyphen so verschieden-
artige Völkerschaften erwähnen. Aber selten hat man diese
fremden Völkerschaften so leicht identifizieren können,
als in der von dem Bostoner Museum erworbenen Reihe
von Ziegeln, die Rhamses' III. Siege über eine Armee von
zeitweise verbündeten Stämmen illustrieren, welche die
ägyptische Macht in ihrem eigenen Lande angegriffen haben
und in zwei schweren Niederlagen dafür büßten. Von
solchen Heeren, die in Ägypten einfielen, sind die Hettiter,
Amoriter, Takari (Teukrier, Kreter?), die Shardana (Sar-
dinier), die Shaklasha (Siculer), die Tuirsha (Tyrenier) und
die Pulistha oder Philister, die sogenannten Meervölker,
durch die Inschriften bekannt. Auch von Repräsentanten
der schwarzen Stämme von Kush, den Erbfeinden der
Ägypter von den prähistorischen Zeiten her, wissen die
Inschriften zu erzählen, die am zweiten Pylon des Tempels
von Medinet Habu die Feinde und die Triumphe Rhamses' III.
über sie schildern. Im einzelnen sieht man auf den Bostoner
Ziegeln den Philister mit seiner Federmütze — von dem
Typ, wie auch Lykier und Mykener sie trugen — mit
seiner rötlichen Haut und seinem schmalen Spitzbart, der
glatten Oberlippe, dem langen, weiten gefältelten Gewand,
der feinen Stickerei und den dekorativen Fransen; der
ägyptische Künstler hat Weiß, Rot, eine creme und graue
Farbe dafür gebraucht. Der Syrier auf dem Wandziegel
trägt ein langes, graues Gewand mit gestickten Bändern
und Fransen. Sein Kopf ist in ein Tuch gebunden, das
in einem Knoten mit herunterhängenden Enden schließt.
Seine gelbliche Haut und sein kleiner Bart zeigen, wie der
Künstler darauf bedacht war, Charakteristisches darzustellen.
Der Amoriter ist durch und durch semitisch gebildet mit
seinem langen dunklen Bart, seiner lichtgelben Hautfarbe
und seinem geschorenen Kopf. Auch er trägt ein pracht-
volles Gewand und die gelbe, rote, graue, braune und
creme Farbe sind an ihm nicht gespart. Bei dem wichtigen
Hettjter fehlt die untere Partie; aber es bleibt doch genug,

um die Charakteristika, den schwarzen Bart und das schwarze
Haupthaar, die leicht gefärbte Haut und das reiche Gewand
zu zeigen. Ganz klar und deutlich tritt der Negercharakter
bei den Darstellungen der zwei Kushleute zutage: Das ge-
kräuselte Haar, die schwarze Haut, die dicken Lippen, die
großen Ohrringe und nur bis zu den Knien herabreichende
Leinengewänder. Die Technik dieser Ziegel ist erwähnens-
wert. Der Künstler bearbeitete seinen Ton in fiache, recht-
eckige Ziegel und machte darauf eine Versuchszeichnung
der Umrisse, die sich bei dem Amoriten und bei einem
der Eingeborenen von Kush noch auf der Rückseite gut
erhalten findet. Wenn die Zeichnung dann gut gelungen
war, so wurde sie in Relief erhöht und dekorative Details
durch Einlagen von Email und Glas gegeben. Das Glas
wurde in erster Linie für die Augen, bei dem Amoriter,
möglicherweise aber auch für die Waffen gebraucht. Das
Email ist von ganz ausgezeichneter Qualität, hat die Farben
durchweg bewahrt und bringt Feinheiten der Modellieruug
namentlich in den Gesichtern in vorzüglicher Weise heraus.
Dabei ist die Emaillage von außerordentlicher Dünnheit.
Diese Ziegel nehmen in der Geschichte der ägyptischen
Keramik eine ganz eigenartige Stellung ein. Sehr wenige
Exemplare davon sind bekannt, und sehr wenige Samm-
lungen besitzen eine so vollständige Serie davon wie die
von Boston. m.

AUSSTELLUNGEN

X Die diesjährige Sommerausstellung der Ber-
liner Sezession soll am 17. April eröffnet werden. Die
Einlieferung der Kunstwerke hat nach vorheriger Anmel-
dung in der Zeit vom 5. bis 8. April zu erfolgen.

X Im Lesesaal der Bibliothek desBerlinerKunstgewerbe-
museums sind gegenwärtig einige neue Antiqua-Druck-
schriften ausgestellt, die von dem bedeutenden Fortschritt
der deutschen Buchkunst neue Kunde geben. Vor allem
interessieren und befriedigen die schönen Lettern der jüngsten
Behrens-Schrift, die von der Firma Gebr. Klingspor (Offen-
bach) gegossen sind. Es sind sehr vornehme, klare und
dekorativ wirkende Typen, die mit größter Sorgfalt nach
den besten alten Mustern, doch ohne sklavische Kopie in
irgend einer Einzelheit, gezeichnet und geschnitten wurden.
Behrens hat auch die Möglichkeiten der Verkleinerung und
Vergrößerung klug erwogen, und die Kombination der ver-
schiedenen Formate zu Mitteilungen, Einladungen, Pro-
grammen, Menüs usw. ergeben jedesmal Bilder von neuem
Reiz. Dazu hat der Künstler für die Initialen ein feines
und diskretes Ornament geschaffen, das namentlich beim
farbigen Druck dieser Anfangsbuchstaben als zierlicher
Rahmen wirkt, ohne allzu anspruchsvoll zu sein. Auch
sonst bringt Behrens behutsame Farbenabwechslungen in
Vorschlag, rote und blaue Buchstaben, oder etwa eine zart
violette Zeile, die sich in den dunkleren Satzspiegel einschiebt.
Im Gegensatz zu der vollen und kräftigen, doch stets in
der Stärke Maß haltenden Behrens-Schrift stehen die neuen
Antiqua-Lettern von F. H. Ehmcke (von Flinsch in Frank-
furt a. M. gegossen). Sie sind dünner, schlanker, sensibler
gleichsam und eignen sich darum mehr zu einer kürzeren
Mitteilung als zu größeren dekorativen Arrangements. Am
feinsten wirken sie bei Visitenkarten, und besonders gut
steht ihnen die Vergoldung, in der sie* öfters^auftreten.
In diesem beschränkten Kreise aber verdient die Ehmcke-
Antiqua höchsten Respekt. Sie hat durch ihre zarte Struktur
noch eine entfernte Verwandtschaft mit dem Handschrift-
lichen, während die Behrens-Schrift den echten Druckschrift-
Charakter trägt, für dessen Zwecke sie den Wettkampf mit
den vorzüglichsten englischen Fabrikaten aufnehmen kann.
Die Probeslücke, die das Kunstgewerbe-Museum jetzt vor-
führt, sind sämtlich bei Poeschel & Trepte in Leipzig ge-
 
Annotationen