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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0176

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335

Vereine — Funde

336

zur Vervollständigung der Figuren zu finden. Aus den
Berichten wußte man, daß die Torsi in einem unterirdischen
Räume gefunden worden waren inmitten einer großen
Menge von Fragmenten, die dann, als die größeren Stücke
nach Kopenhagen ausgewandert waren, in den Kunsthandel
von Rom und Florenz zerstreut worden waren. Aus einigen
im Jahre 1886 aufgenommenen Photographien konnte man
die Natur der hauptsächlichsten Fragmente kennen lernen,
und so machte sich Professor Studniczka auf die Suche
nach den zerstreuten Gliedern und es gelang ihm auch,
einige wiederzufinden. Außerdem erreichte er es, den unter-
irdischen Saal, wo der Fund in den Gärten des Sallust
gemacht worden war, wieder durchsuchen zu können.
Es handelt sich um einen 17 m unter dem Straßenniveau
liegenden, 9 m langen Saal, dessen Wände mit Mosaiken
und Muscheln geschmückt waren und in welchem noch
die Backsteinbasis der Gruppe steht. Aus den Hunderten
von Marmorsplitterchen, die dort noch lagen, war es möglich,
vieles Interessante zu gewinnen, unter anderen den
Haarschopf und die Spitze des Diadems der Artemis, die
Unterlippe und die Spitze des Kinns der anderen Figur.
Dazu fand man verschiedene wichtige Bruchteile der Glie-
der beider Figuren: den linken Arm mit Hand und das
rechte Bein des halbliegenden Mädchens, den rechten
Arm der Artemis. Aus der Haltung des linken Armes der
zweiten Figur ergab es sich, daß sie von der Stehenden
daran emporgehoben wurde. Eine Stütze am rechten Arm
der Artemis, der Hirschkuhtorso, den man auf einer der
Photographien bemerkte, und der wohlerhaltene Kopf dieses
Tieres, sowie dessen zum Sprunge stark gebogenen Beine
führten zu dem Schluß, daß die Artemis eine springende
Hirschkuh mit der rechten Hand am Geweihe festhielt,
während sie mit der linken ein sinkendes Mädchen unter-
stützte. Artemis also, welche Iphigenia vom Opfertode
rettet: die Lösung ergab sich klar und deutlich.

Auf der erhaltenen Backsteinbasis ist noch eine Vertiefung
zu sehen, welche wohl dem neben der Gruppe aufgestellten
Opferaltar entspricht. Professor Studniczka zeigte die in
Gips ausgeführte Wiederherstellung der Gruppe und be-
sprach dann ihr Verhältnis zu den kompositionellen Prin-
zipien der griechischen Plastik. Er meint die Gruppe in
die gleich auf Lysipp folgende Zeit setzen zu können.

Fed. H.

VEREINE

o Barmen. Der Kunstverein Barmen verschickt jetzt

den Bericht über das Vereinsjahr 1908. Daraus geht aufs

neue hervor, wie wohlberaten diese Vereinigung war, als

sie die Führung ihrer Geschäfte im Jahre 1907 einem

Kunsthistoriker übertrug. Nicht nur ist jetzt in der Wahl

der Ausstellungen eine ordnende und sichtende Hand zu

spüren, auch der Verkauf von Kunstwerken ist ständig im

Wachsen begriffen. Im Jahre 1908 wurden allein für

20883 Mark Kunstwerke an Private aus den Ausstellungen

des Kunstvereins verkauft; mit dem Ankauf für die eben-
falls in der Ruhmeshalle befindliche Galerie sind das

40389 Mark. Aus einer Kollektivschau von/. O. Dreydorff

in Knocke, die der Berichterstatter im letzten November

in Barmen sah, sind allein sieben Gemälde verkauft worden,

darunter eins der schönsten »Stille Mondnacht« an den

»Verein der Kunstfreunde« für die Galerie. Man denke

sich: von Dreydorff, dem oft strengen Koloristen, dem so

gar nicht zu Konzessionen geneigten Verherrlicher der Ein-
Inhalt: Neues aus holländischen Museen und Sammlungen. Von K.F. — Karl Roeltgen t; Henriette Ronner t; Hermann Knauer t; August Geigen-
berger f. — Personalien. — Wettbewerb der Bremer Terraingesellschaft. — Bericht der Kommission zur Erhaltung der Kunstaenkmaler
im Königreich Sachsen. — Freiligrath-Denkmal in Soest. - Ausstellungen in Berlin, Wien, Leipzig; Die Jury der Grollen Berliner Kunst-
ausstellung ; Pariser Herbstsälon. — Amerikanische Notizen ; Erwerbung des keramischen Museums der Porzellanmanuraktur in bevres. —
Der zweite internationale Archäologen-Kongreß in Kairo. — Kais, deutsches archäologisches Institut in Rom. — Kunstverein in Barmen;
Oldenburger Galerie-Verein. — Gemälde mit der Signatur Rembrandts entdeckt.__

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. g. m. b. h. Leipzig

samkeit! Dem bösen Wort »Publikumserfolg« scheinen
die kunstsinnigen Bewohner Barmens eine neue, bessere
Prägung geben zu wollen.

Der Jahresbericht geht ausführlich auf die auch in
diesen Blättern besprochene »Ausstellung altbergischer
Innenkunst« ein, die ebenfalls von gutem Gelingen be-
gleitet war. Die Neuausstattung der Räume, die damals
nötig wurde, hat sich für die Galerie und die Ausstellungs-
säle als segensreich erwiesen; nicht mit Unrecht zählt sie
der Verfasser des Berichtes zu den schönsten im Rhein-
lande. Noch wichtiger ist jedoch die Neuordnung der
Bildersammlung, die dem Konservator Dr. R. Reiche ver-
dankt wird. Er hat mit Energie und Umsicht alle die-
jenigen — und nicht wenigen -— Gemälde ins Magazin
verbannt, die ihm den Eindruck der echten Kunstwerke
zu schädigen schienen, vor allem jene Produkte malender
Betriebsamkeit, die einstmals in Amerika den Bilderimport
aus Düsseldorf so umfassend machten und die jetzt noch
in so vielen rheinischen Sammlungen jeden Kunstfreund
verstimmen und ärgern. Auf diese Weise wurde Platz für
die sehr bedeutenden Neuerwerbungen des Jahres 1908
geschaffen, an der Spitze für das umfangreiche Hauptwerk
Oskar Zwintschers »Melodie«, das, mit besonderem Ver-
ständnis gehängt, eine wahrhaft faszinierende Wirkung auf
die Galeriebesucher ausübt. Neben der Dreydorffschen
Schöpfung erhielt die Galerie vom Verein der Kunstfreunde
in Barmen noch ein meisterhaftes Stilleben (Äpfel und
Trauben) von Charles Schuck; Herr Hugo Toelle, der be-
kannte verdienstvolle Sammler, schenkte die »Pfauen im
Schnee« von R. Sckramm-ZUtau; Freiherr August v. d.
Heydt in Elberfeld stiftete die beiden Bronzen »Salome«
und »Die Badende« von Max Klinger.

Vielleicht tragen diese Zeilen dazu bei, auch auswärtige
Kunstfreunde auf die kleine gewählte Galerie in Barmen,
die bisher gegen das so reichhaltige Museum von Elber-
feld nicht recht aufkommen konnte, aufmerksam zu machen.
Die beste Unterstützung wäre freilich, dem Verein als aus-
wärtiges Mitglied beizutreten. Denn der Bericht verzeichnet
es als bedauerliche Tatsache, daß die Zahl der Mitglieder
trotz der großen künstlerischen Erfolge zurückgegangen sei.

Ein Oldenburger Galerie-Verein hat sich in einer
Versammlung zu Bremen gebildet. Der Verein verfügt be-
reits auf fünf Jahre über je 5000 M.

FUNDE

Ein^Gemälde mit der Signatur Rembrandts und

der Jahreszahlli63i ist in England entdeckt worden, es war
von einem Kunsthändler für einen niedrigen Betrag erworben
worden. Sachverständige, darunter Berliner Autoritäten,
halten es für möglich, daß es sich um ein echtes Jugend-
werk des Meisters handelt. [.Das Bild stellt David dar, der
das Haupt und Schwert Goliaths dem König Saul überreicht.

Verzeichnis über die bei mir erschienenen

Original-Radierungen

steht Interessenten unberechnet zu Diensten

Verlag E. A. Seemann in Leipzig
 
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