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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0240

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463

Neue Kunstwerke

464

das im Pitti bewahrte Bild nach stilistischem Urteile ent-
standen zu sein scheint.

Wert Dr. Bombe brachte neue Forschungen über Federigo
Barocäs Aufenthalt in Perugia zur Kenntnis. Aus der hand-
schriftlichen Chronik (in der Kommunalbibliothek zu Perugia)
eines Zeitgenossen, Raffaello Sozi, erfahren wir außer
interessanten Einzelheiten über Baroccis Kreuzabnahme im
Dom die Daten der Erteilung des Auftrages (November 1567)
und der Vollendung (24. Dezember 1569); die Zahlungs-
vermerke erhalten durch Angaben eines Libro verde der
Mercanzia ihre Bestätigung. Die genannte Chronik berichtet
ferner ausführlich über den 10 m hohen Altaraufbau, der
Baroccis Bild einschloß. Dieses riesige Altarwerk aus Tra-
vertin und vergoldetem und bemaltem Stuck rührt von Lodo-
vico Scalza aus Orvieto und von Giovanni di Domenico da
Firenze her, während die elf Figuren, welche es schmückten;
von Vincenzo di Oiulio Danti modelliert worden sind, wie
sich aus Zahlungsvermerken in dem genannten Libro verde
ergibt. Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Bau zer-
stört bis auf wenige Fragmente, die der Vortragende im
Kreuzgange von S. Lorenzo nachzuweisen vermochte. Eine
detaillierte Zeichnung aus; dem Archiv der Mercanzia wurde
in eigens hergestellter Photographie vorgelegt und lieferte-
die nötigen Aufschlüsse. , Die Schicksale eines anderen-
Bildes von der Hand Baroccis, das die Ruhe auf der Flucht
nach Ägypten darstellt und von Simonetto Anastagi der
Jesuitenkirche zu Perugia geschenkt wurde, konnten bis
1802 verfolgt werden; das Bild kam nach der Aufhebung
des Jesuitenklosters in den Besitz des Papstes und befindet
sich wahrscheinlich noch heute unerkannt in einem der
zahllosen Säle des vatikanischen Palastes1). Ein barocceskes
Werk, das bis zur Zeit der französischen Invasion sich in
S. Agostino zu Perugia befand, wurde von dem Vor-
tragenden mit einem unter dem Namen Federigo Baroccis
im Louvre aufbewahrten Bilde identifiziert, das die
Madonna mit S. Lucia und S. Antonio Abate darstellt.
Als Beweismittel diente eine ausführliche Beschreibung
Baldassare Grsinis (in seiner Guida di Perugia, 1784, p.
142—145), der das Bild noch an Art und Stelle gesehen
hat und es dem Antonio Viviani, detto il Sordo, zuschreibt.
Das Werk galt bisher als Arbeit Federigos, wird aber von
Ottavio Lancellotti (»Scorta Sagra«, Manuskript der Mitte
des 17. Jahrhunderts), von Cesare Crispolti (Perugia Augusta
1648) und von G. B. Morelli (Brevi notizie su Perugia, 1683)
einem bisher unbekannten Schüler Federigos, seinem Neffen
Francesco Barocci, zugeteilt. Mit den zahlreichen Werken des
Antonio Viviano in Rom und Urbino hat das Louvrebild
nur barocceske Anklänge gemeinsam; die Hinweise der
drei Autoren des Seicento gewinnen daher einen besonderen
Wert gegenüber der Aussage Orsinis. Einer der drei

1) Diese Vermutung des Vortragenden hat sich be^
stätigt. Das Bild ist inzwischen von dem Leiter der vatika-
nischen Pinakothek Dr. P. D'Achiardi in den Räumen des
päpstlichen Palastes wieder aufgefunden worden und soll
binnen kurzem in der neuen Vatikanischen Pinakothek dem
Publikum zugänglich gemacht werden. Es ist nach Angabe
Dr. D'Achiardis eine der schönsten Arbeiten Baroccis.

genannten Autoren, Ottavio Lancelotti, gibt als Werk Fran-
cesco Baroccis noch eine Anbetung der Hirten in S. Maria
del Popolo an, die Dr. Bombe im Oratorio di San Bernar-
dino wieder aufgefunden hat. Das Bild ist baroccesk, aber
sicher keine Schöpfung des Künstlers, der das Louvrebild
gemalt hat. Die Mitteilungen Dr. Bombes sind seither
ausführlich in der Zeitschrift »Augusta Perusia« erschienen.

Prof. Brockhaus sprach über die große, von Giov.
Batt. de' Rossi herausgegebene Ansicht von Rom in Mantua,
die um 1530 nach einer älteren Vorlage angefertigt worden
ist, stellte sie neben die große im Berliner Kupferstich-
kabinett aufbewahrte Ansicht von Florenz aus der Zeit von
1470-80 und wies darauf hin, daß große Ansichten beider
Städte in einem Florentiner Geschäfts-Inventar der Erben
Rosselli 1528 vorkommen. Hiervon ausgehend vermutet
der Vortragende als Zeichner der in Berlin bewahrten
Ansicht von Florenz und einer ähnlichen aber verschollenen
von Rom, auf welche die in Mantua erhaltene zurückgeht,
den Bruder des Cosimo, Francesco Rosselli, der Maler und
insbesondere »Kosmograph« gewesen ist, als welcher er
besonderes Interesse an Städten und Ländern gehabt haben
wird. Das genannte Inventar Verzeichnet den Nachlaß
seines Sohnes Alessandro. Der; Rossellische Schnitt der
Ansicht von Rom, der noch 2ji suchen ist, wird etwa
90 zu 180 cm messen und sich hoffentlich noch finden.
Das auch sonst interessante Inventar, das von Del Badia
in »Miscellanea Fiorentina di erudizione e storia« (vol. II,
1894, pag. 24) herausgegeben worden ist, soll in der nächsten
Sitzung besprochen werden.' JMäheres werden die »Mit-
teilungen des Kunsthistorischen Instituts in Florenz« im
2. und 3. Heft bringen. h. b.

NEUE KUNSTWERKE
In Stuttgart ist ein »Hans im Glück«-Brunnen, ge-
schaffen von dem aus Fürth gebürtigen Bildhauer Joseph
Zeitler-Stuttgart, auf dem Geißplatz zur Aufstellung gelangt.
In einer bronzenen Brunnengruppe und sechs Reliefs wer-
den die einzelnen Szenen des bekannten Märchens zur
Darstellung gebracht.

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Inhalt: Emil Utitz, Grundzüge der ästhetischen Farbenlehre; Dr. R. Anheißer, Malerische Baukunst in Tirol; Dr. Max Kemmerich, Die frühmittel-
alterliche Porträtmalerei in Deutschland; Arthur Mayger Iflind, A Short History of Engraving and Etching; Deutsche Kunsterziehung;
M. Zucker, Albrecht Dürer in seinen Briefen; Hausschatz deutscher Kunst; Friedrich Ostendorf, Die Geschichte des Dachwerks; Catalogus
van de Meubelen; M. Slevogt, Achill; Wilhelm Bodes Florentiner Bildhauer der Renaissance; D. C. Eaton's Handbook of Modern French
Painting; Allah Marquand, Greek Architecture. — Felix Henri Giacomotti f; Emile Michel f. — Personalien. — Denkmal für Max von Petten-
kofer in München; Denkmal für Professor von Kußmaul in Preiburg. — Die Ausgrabungen der Amerikaner in Korinth. — Giorgioneent-
deckungen. — Ausstellungen in München, Nürnberg, Hamburg, Madrid. — Kunsthistorisches^Institut in Florenz. — Hans im Glück-Brunnen
in Stuttgart.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. g. m. b. h. Leipzig
 
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