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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0324

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631

Ausstellungen

632

besitzt eine Anzahl derselben — wird zur Erkenntnis
kommen, daß hier der Eindruck antiker verloren gegangener
Bronzeoriginalien am besten gewonnen werden kann (vgl.
den Aufsatz von Sieveking »Nachbildungen antiker Kunst-
werke im städtischen Museum zu Stettin ,Museumskunde'
Bd. 5, Heft 3«). — Neuerdings hat die Qeislinger Anstalt
wiederum der Erkenntnis antiker Kunst einen Dienst ge-
leistet, indem sie auf Initiative des bekannten New Yorker
Kunstkenners und Mäcens James Loeb eine Anzahl arre-
tinischer Gefäßformen aus seiner berühmten Sammlung,
die neben der im Museo Publico zu Arezzo befindlichen
die bedeutendste und umfangreichste Sammlung arretini-
scher Keramik ist, galvanoplastisch nachgebildet hat. Die
reliefverzierte Töpferware, welche unter den Kunstwerken
des hellenisierten Rom der späteren Republik und des
frühen Kaiserreiches eine große Rolle spielt, sowohl wegen
ihrer technischen Vollkommenheit wie wegen des eigenen
Reizes vieler der sie schmückenden Motive, wurde als ein
billiger Ersatz der Gefäße aus Silber und anderen Edel-
metallen angesehen; denn Form und Details dieser Vasen
erinnern an Vorbilder aus Metall. Die dekorativen Motive,
welche bei vielen der besten Stücke aus einem Fries von
tanzenden, opfernden oder zu Festgelagen versammelten
Figuren, bei anderen aus einer oft recht komplizierten An-
ordnung naturalistischer oder konventioneller Pflanzen-
formen, Girlanden, Masken oder sonstigen Gegenständen
bestehen, sind gewiß zum großen Teil auf Modelle der
Gold- oder Silberschmiedekunst zurückzuführen. Gerade
wegen des Zusammenhangs der arretinischen Tongefäße
mit der alten Metallkunst ist der amerikanische Kunstver-
ständige zu dem Entschluß gekommen, daß er eine Anzahl
der Gefäßformen seiner Sammlung galvanoplastisch nach-
gießen lassen wollte; denn es ist zu bedenken, daß auch
die reichsten Museen arm an Silbergefäßen aus dem Alter-
tum sind, und daß dafür eigentlich nur der Rothschild-
sche Silberschatz von Boscoreale im Louvre, der Silber-
schatz von Hildesheim in Berlin und die reichen aus Süd-
rußland stammenden Schätze in Petersburg in erster Linie
in Betracht kommt. Die Geislinger Art der Reproduktion
ist von einer ganzen Reihe von Archäologen und Kunst-
freunden gut geheißen worden; und die niedrigen Preise,
zu welchen dieselben zum Verkauf angeboten werden,
werden diesen neuen Geislinger Reproduktionen nach an-
tikem Vorbild gewiß bald weite Verbreitung schaffen. —
Ich hatte Gelegenheit, die von Geislingen bereits her-
gestellten neun Stücke genau zu betrachten und bin er-
staunt, in welcher Weise die Metalltechnik des Altertums
auf mechanischem Wege hier in höchster Vollendung zu
neuem Leben gelangt ist. Der matte Silberglanz eignet
die Stücke in ganz hervorragender Weise z. B. zu Tisch-,
Büfett- und Board-Dekorationen, und wenn man sich in
den Schalen einen Glaseinsatz mit Blumen gefüllt — die
den Rand aber nicht überragen dürfen — denkt, so hat
man damit einen ganz entzückenden Zimmerschmuck ge-
wonnen. Mancher, der »in argento plane studiosus«, wie
Petronius den Trimalchio im Gastmahl charakterisiert (»auf
Silbergeschirr bin ich ganz gewaltig versessen«) sein
möchte, kann sich dies nunmehr infolge der wohlgelungenen
Geislinger Nachbildungen gestatten. Aus der Sammlung
Loeb sind reproduziert: Nr. 53, vollständige Form mit
Kalathiskostänzern, d. h. weiblichen Gestalten, welche eine
eigenartige, einem Korb (Kalathiskos) ähnliche Kopfbe-
deckung tragen. Nr. 76, vollständige Form, Symposions-
szenen. Nr. 223, vollständige Form mit Masken, Köpfen,
Bukranien, Tieren, signiert von Rasinius und seinem Sklaven
Certus; die ganze Oberfläche ist von sorgfältig und minutiös
modellierten Löwenfellen eingenommen, man darf an alexan-
drinischen Ursprung dieser Dekorationsart denken. Nr. 17,

ebenfalls vollständige Form aus der Fabrik des Perennius
und Tigranes; hier sind traubenpflückende und -austretende
Satyrn dargestellt. Nr. 305, mit Festondekoration; darunter
kleine Vögel, Bienen, Amoretten, Eidechsen. Ferner Nr. 1
Opferszenen, musizierender Satyr, Cymbalspielerinnen usw.
Nr. 125, durch fünf Thyrsusstäbe getrennte Felder mit je
zwei tanzenden männlichen und weiblichen Figuren und
einem männlichen Flötenbläser. Endlich noch Nr. 306 Form
aus der Fabrik des Pantagatus und Rasilius mit Lorbeer-
dekoration im unteren und Festons wie in der schon ge-
schilderten Vase im oberen Feld. Ein kleines teetassen-
ähnliches Gefäß Nr. 224 mit ziemlich konventioneller De-
koration macht den Schluß der bereits hergestellten Reihe.
Einzelheiten über die Dekoration findet man in dem ausge-
zeichneten, durch die Liberalität des Herrn Loeb in ver-
schiedene Hände gekommenen Katalog der »Loeb-Col-
lection of Arretine Pottery«, den der bekannte Archäologe
Georg H. Chase hergestellt hat und in dem auf 23 Platten
die größte Anzahl der 589 ganzen und fragmentarischen
arretinischen Formen und Vasen der Loeb-Sammlung in
vortrefflichster Weise abgebildet sind. — M.

AUSSTELLUNGEN

• Die Sonderbund-Ausstellung in Düsseldorf hat

einen außerordentlichen Erfolg beim Publikum zu ver-
zeichnen. Es ist schon jetzt ein erheblicher Teil der aus-
gestellten Kunstwerke verkauft worden. Von jüngeren
deutschen Künstlern sind vor allem Max Ciarenbach, August
Deußer und Karl Hofer mit einer stattlichen Reihe von
Nummern in der Verkaufsliste vertreten, von Franzosen
George Bracque und Othon Friesz. Auch die badenden
Jungen von Max Liebermann gingen in Privatbesitz über.
Unter den Käufern findet sich das Folkwang-Museum in
Hagen und die Ruhmeshalle in Barmen.

Im Stuttgarter Landesgewerbemuseum wurde so-
eben eine Ausstellung eröffnet: der Bucheinband der
letzten 150 Jahre, der in übersichtlichen, nach Jahrzehnten
geordneten Gruppen vorgeführt wird. Es ist sehr inter-
essant, an der Hand dieses reichhaltigen Materials die
Stil- und Geschmackswandlungen seit der Regierung des
Herzogs Karl Eugen bis in unsere Tage zu verfolgen.

Darmstadt. Auf der Darmstädter Ausstellung des
Deutschen Künstlerbundes hat das Hessische Landes-
museum das »Porträt des Fräulein Hasse« von Graf Leopold
von Kalckreuth und Franz von Stucks »Salome« erworben.
Karl Bantzers »Familienglück« kaufte das SchlesischeMuseum
in Breslau. Für das Wallraf-Richartz-Museum der Stadt
Köln wurde das Gemälde »Noli me tangere« des Müncheners
Karl Caspar angekauft. Max Pechsteins Zeichnung »Weiber«
ist von dem Städtischen Museum Elberfeld erworben worden.
Das Gemälde Hans Ungers unter dem Titel »Sonne« ist
nebst der Landschaft des Berliners Robert Hoffmann aus
dem Schwetzinger Park von dem Großherzog von Hessen
angekauft worden. Zahlreich sind auch die in Privatbesitz
übergegangenen Werke anerkannter Meister und jüngerer
Künstler.

X Am l. Oktober wird in den Räumen des Herbst-
salons im Grand Palais zu Paris eine Münchener Aus-
stellung angewandter Kunst eröffnet, die in einer
größeren Anzahl von einzelnen Zimmern und Räumen mit
Sammelgruppen kunstgewerblicher Erzeugnisse einen Über-
blick über die zurzeit in München auf dem Gebiet der
angewandten Kunst tätigen Kräfte darbieten wird. Der
Plan zu diesem Unternehmen entstand vor zwei Jahren,
als die französische »Union provinciale des Arts decoratifs«
zum Besuch der Ausstellung »München 1908« in der baye-
 
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