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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Kleine Mitteilungen
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Goldstickerci auf Scide. Jtalien, 16. Jahrh. — Kunstgcwerbcmuseum zu Leipzig.

Rleine 2Nitteilttttgen.

Au^stclllm^en.

Landesausstellung in Lzernowitz.

Ein bereits 1884 gefaßtsr Beschlutz, in Czerno-
witz eine Landesausstellung zu veranstalten, ist im
Sonimer 1888 unter lebhafter Beteiligung aller Kreise
der Bukowina zur Ausführung gelangt. Die Zahl
der Ausstellungsbauten wuchs mit der stets sich
steigernden Zahl der Anmeldungen, so daß ein Teil
der Ausstellung in das Gebäude der Staatsgewerbe-
schule verlegt werden mußte, wo man dis Ausstellung
des Asterreichischen Museums für Kunst und Jndustrie,
des Technologischen Gewerbemuseums, des städtischen
Gewsrbsmussums in Lemberg, der k. k. Fachschule für
Holzindustrie in Walachisch-Meseritsch, der Landes-
spitzenklöppeleischule in Zakopane, dann die Ausstellung
von Objekten der alten kirchlichen Kunst und eine Reihe
von Schulausstellungen u. s. w. unterbrachte. Auch waren
daselbst von der rumänischen archäologischen Gesell-
schaft in der Bukowina einige für dsn Archäologen
bemerkenswerte Funde exponirt. Die Gegenstände
der kirchlichen Kunst, welche aus drei griechisch-orien-
talischen Klöstern und Kirchen der Bukowina ent-
nommen wurden, gehören zu den wichtigstsn Erzeug-
nissen des Kunstgewerbes im Mittelalter, und es ist
kein geringes Verdienst dsr Czsrnowitzer Ausstellung,
dah durch sie diese prachtvollen und in ihrer Art
wohl kaum übertroffenen Objekte bekannt und nun
durch eine Spezialpublikation auch weiteren Kreisen
vorgeführt werden sollen. Die gesamte Schulen- und
Frauenarbeitsausstellung, welche musterhast installirt
ist, zeigt eine ununterbrochene Reihe von Kontrasten.
Neben der durch die kunstgewerbliche Bewegung der
i8egenwart herbeigeführten Wiederkehr zu den Tradi-
kionen alter Kunst und solider Technik, welchs in
dieser Ausstellung vielfach erfreuliche Spuren zeigt,
findet man das denkbar Geschmackloseste und Schlechteste
rn Beziehung auf Zeichnung und Aussührung auf-
gestapelt. Aus dem immensen Vorrate an dekorativen
Elementen, welche in den rumänischen und in den
ruthenischen Frauengewändern, in dem gestickten Hemd,
in der Schürze, in den Gürteln u. s. w., ferner in
dem rumünischen Teppich (sooura) vorhanden sind,
wird auch von den Schulen für weibliche Handarbeiten
ünd von den Dilettantinnen aus dem Kreise der

Kunktgewerbeblatt. III.

wohlhabenden Familien dss Landes vielfach mit Ge-
schick und Verständnis die Anregung sür gute neue
Schöpfungen gewonnen. Auf dem eigentlichen Aus-
stellungsplatze ist es der Pavillon der Hausindustrie,
welcher vor allem die Besucher anzieht und den Fach-
mann fesselt. Jn diesem Pavillon sind dis vorwiegend
der Texlilindustrie angehörigen Objekte, Teppiche,
Taschen und Gegenstände der Bekleidung, nach den
Bezirken des Landes geordnet, in recht geschmackvoller
Weise gruppirt. Mit dieser Darstellung der Buko-
winaer Hausindustrie wurde eigsntlich dieselbe für
das grohe Publikum erst entdeckt und ein von Gali-
zien gegebenes Beispiel in glücklichster Weise nach-
geahmt. Jn Galizien hat man längst durch die
Thätigkeit einiger bekannter Amateure dis Reste des
Vorkommens an Hausindustrie aufgesucht und sür
Museen und Ausstellungen verwertet. Dadurch schon
wurde man mit den Erzeugnissen des ruthenischen
Landvolkes, und zwar namentlich mit dcn Produktsn
des Webstuhles und der keramischen Jndustrie, endlich
der Holzindustrie bekannt. Dis Bukowina besitzt aber,
wie es scheint, vorwiegend in den Rumänen im Mittel-
punkte des Landes und in den Huzulen noch Völker-
schaften, welche nicht nur dem Hausfleiße ergeben sind,
sondern auch Hausindustrie betreiben und in Be-
ziehung auf ihre Erzeugnisse hinter der besten Pro-
duktion galizischer Hausindustrie nicht zurückbleiben,
soweit es sich um den Webstuhl und um die Nadel-
arbeit handelt. Aber auch da bemerkt man genau so
wie in Galizien und wie im vorigen Jahrs in Pest
in den dortigen Abteilungen für Hausindustrie das
rapide Umsichgrsisen des Anilins und der geschmack-
losesten, im Westen Europas längst schon aufgegebenen
Blumsnmuster und gedankenlosen Kombinationen von
Ornamenten und Schnörkeln der verschiedensten Kunst-
perioden. Auf der Ausstellung sind von besonderem
Jnteresse ein Huzulenhaus und ein rumänisches
Bauernhaus. Das erstere ist nach einem an der Bu-
kowinaer galizischen Grenze gelegenen genau kopirt,
von eingsborenen Arbeitsrn errichtet, mit dem orts-
üblichen Hausrat angefüllt und von siner schmucken
Huzulenfamilie bewohnt. Das Bemerkenswerteste in
diesem Hause bildet die Sammlung von Messing-
arbsiten: Pulverhörnern, Stöcken in Form einsr
Hacke, Hängetaschen u. s. w., welche in einer dem
Huzulenvolke eigentümlichen Technik und höchst an-

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