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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Kunstgewerbliches aus München, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0097

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Kunstgewerbliches aus München.

Wns die Arbeiten in Leder betrifft, so ist
Attenkofer durch einige sehr hübsche Sachen
in Pressung und geschnittener Arbeit vertreten,
darunter ein kofferartiges Kästchen mit ge-
wölbtem Deckel, das auf seiner Oberfläche sehr
geschickt geführte Ornamente wie auch gut ge-
zeichnete Figuren aufweist. Einzelnes Gute der
nämlichen Gattung ist unter der Ausstellung
von Hulbe in Hamburg zu finden. Grob
dagegen in den Farbenkontrasten sind Stühle
mit gepreßtem Sitz und Rücklehne (von Klöpfer
iu München), welch letztere mit den Farben nur
gerade so heraus knallt. Die Anwendung etwas
stumpferer Töne dürfte entschieden nichts schaden,
wenigstens einem verfeinerten Geschmacke gegen-
über nicht; ob die farbigen Pressungen am Ende
Bestellung eines Münchener Kunstliebhabers
waren, weiß ich nicht; das würde die Sache
allerdings ändern.

Nnter den Möbeln spielt noch immer der
architekturartig cntwickelte Kasten des ansgehen-
den 16. und des 17- Jahrhunderts, dann jene
Kategorie von Stühlen, die spaßweise nicht ganz
mit Unrecht als „Folterstühle" bezeichnet wer-
den, eine große Rolle. Wohlthuend durch die
Einfachheit der Anordnung, die Anspruchslosig-
keit der Erscheinung und dennoch wohl über-
legte Anbringung des geringen plastischen
Schmuckes wirkt ein Schrank von O. Fritzsche,
mit gestochenen Füllungen und ganz zierlichen,
gotisirenden Halbsänlchen; nicht minder ein
Büffetschrank mit eingelegter Arbeit von ein-
sachem, sorgfältig ausgeführtem Muster, wie
denn auch die Gesimse und Verkröpfungen
von untadelhafter Genauigkeit sind. Das Mö-
bel, im Stil Louis XV., rührt vom Schreiner-
meister Dill her. Walch in Berchtesgaden
macht seine geometrischen Muster in gestochener
Arbeit genau noch mit derselben Langenweile wie
vor Jahren; sehr flott dagegen in der Führung
des Schnitzmessers sowohl als im Entwurfe des
Ganzen ist ein Rococospiegelrahmen von Anton
Pütterich (nicht zu Verwechseln mit dem Hof-
vergolder gleichen Namens) und lustig wirken
die gebrannten Arbeiten von Hesser. Was für
ein Kobold anf das Klavier von Franz
Lechner ein Musikstück, betitelt „Phantasie-
stücke" legte, weiß ich nicht. Der Titel steht
offenbar zum Extörieur des Klaviers in keiner
Beziehung. Wie immer, hat die Firma Rad-
spieler einige pikante Rococoschnitzereien mit
mäßiger Bemalung in der Ausstellung; der

Spiegel mit der Früchtewurst ringsum ist wohl
ein bischen weniger gut gelungen.

Große Bestellnngen hat Fürst Karl von
Rumänien in München für die Ausschmückung
seines Schlosses in Sinaia gemacht. Dahin ge-
hören auch zwei beinahe lebensgroße, holzge-
schuitzte Figuren vom Bildhauer Carl Fischer.
Die eine stellt Jost Niklaus, Graf zu Zollern,
die andere den derselben Familie angehörigen
mit Namen „Eitelfritz" betitelten edlen Herrn
dar, beide in voller Rüstung, der eine gotisch,
der andere in Renaissance. Ohne Zweifel schweb-
ten dem Künstler die Figuren des Kaiser-Max-
Denkmales zu Jnnsbruck Vvr, und er hat, was
die äußere Seite der Erscheinung betrifft, an
jenen offenbar viel Technisches gelernt.

Unter die Holzarbeiten, die wie für eine
Fassade berechnet aussehen, gehört ein gewaltiges
Büffet, entworfen vom Baurat Schulze, aus-
geführt von Steinmetz für das fürstl. Taxis-
sche Palais zu Regensburg. So gut wie die
Arbeit vom handwerklichen Standpunkte aus
zu nennen ist, so verfehlt ist sie in ihrer An-
ordnung. Jn der zweiten Etage, wenn ich die
einzelnen Abteilungen so nennen soll, toskanische
Säulen, gegen welche die Karyatiden des Unter-
satzes die reinsten Heringsseelen sind, die schweren
Baluster der Mittelabteilung und anderes mehr,
das sind Dinge, die an und für sich betrachtet
recht gut sein mögen, in dieser Zusammenstellung
aber auch gar nicht zusammen passen. Dabei hat
das Ganze, trotz seiner wehrhaften Erscheinnng,
nichts von dem, was man als gute Silhouette
bezeichnen könnte. Am passeudsten wäre es jeden-
falls für eine Speiseanstalt für schwere Reiterei.

Unter den keramischen Produkten fielen mir
ein paar Platten in majolikaartiger Ausfüh-
rung anf, japanische Motive darstellend. Das
dürsten wir nun füglich bleiben lassen, denn
dergleichen Nachahmungen entbehren, zumal
wo es sich um figürliche Typen handelt, durch-
aus der Originalität, und echte Ware ist schließ-
lich, alle andern Vorzüge mit eingerechnet, be-
deutend wohlfeiler. Dagegen aber haben andere
Erzeugnisse derselben Gattung und derselben
Werkstatt, M. v. Heider, einen Vorzug. Es
sind Jmitationen von alten Majoliken, die, in
rein dekorativer Absicht gemacht, was Farbe
und Zeichnung anbelangt, zuweilen als gut
gelungen zu bezeichnen sind, und zweifels-
ohne als Zierglieder inmitten von Holzarchitek-
tur, als Wanddekoration beispielsweise, eine
 
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