Von vr. Cduard Leisching.
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sten der Ausstellimg und sie cnthält nlle Arten
kirchlicher Gewänder, Wcindbehänge,
Posamenten, Spitzen in den verschiedensten
Techniken, Mnsterungen und Farben, deren
gut erhaltene Leuchtkraft oft wnnderbar ist.
Die nwderne Stickereikunst wird aus dieser
großen Zahl unübertrefflicher Vorbilder die
uiannigfachste Anregnng und Belehrung schöpfen,
uicht nur was die sichere Führung der Nadel
betrifft, sondern vor Allem in Hinsicht der Mo-
tive wie der diskreten und dabei doch wirksamen
Farbenstimmung.
Vor allem historisches Fnteresse flößen die
altchristlichen Leinen- und Wollgewänder aus
dem II.—III. Jahrhundert ein, welche der be-
kannte Theodor Graf, wie die berühmteSamm-
kung alter Gewebe und Stickereien des Mn-
seums und den Papyrus Rainer, auch in
tllgypten zn Tage gefördert hat; die höchst
eigentüniliche Verbindung ägyptisch-heidnischer
und christlicher Motive, welche wir hier finden,
gibt diesen Sachen einen besonderen Reiz.
Die berühmte Glockencasel von Purpur-
seide mit schwarzem Adlermuster aus Brixen,
ivie die Gewänder ans St. Paul und Melk
repräsentiren die wichtigsten und interessantesten
Stücke, welche uns aus dem XII. und XIII.
Jahrhundert erhalten sind. Schöne Flach-
stickereien, des eingehendsten Studiums und der
Nachahmung wert, hat das XV. und XVI. in
großer Zahl überliefert, während die gleichzei-
tigen mährischen Stickereien mit siguralen Dar-
stellungen in Hochrelief kaum mustergiltig wenn
auch sehr sehenswert sind. Große Pracht und
borzügliche Technik zeigen die Arbeiten der
solgenden Jahrhunderte, aus deren bunter Fülle
wir nur den Pfingstornat aus Krems-
münster, die Dalmatiken ans Lambach und
Zwettl und den Ornat aus Sexten hervor-
heben, welcher der Kaiserin Maria Theresia zu-
geschrieben wird. Unser Jahrhundert ist durch
eine schöne Kollektion etwa in den Zwanziger-
sahren in Konstantinopel gearbeiteter Gewänder
der U. ?. Mechitaristen vertreten. Erwähnt
sei noch die Casel und Stola aus Radmer,
deren Stickerei (den Töchtern Ferdinands III.
zugeschrieben) unzweiselhaft japanischen Ur-
sprungs ist; ein überraschender Beweis dafür,
daß man die heute so bewunderte Kunstfertig-
keit der Ostasiaten schon zn jener Zeit zu
schätzen wußte. Mit einem Worte: diese Gruppe
ist so reich und bietet so viel des Schönen und
Lehrreichen, daß sie für sich allein eine Aus-
stellung bilden könnte.
Dasselbe gilt von den Goldschmiedearbeiten.
Alle Zeiten und Stile sind hier und in einer
Weise vertreten, wie kaum zuvor an anderen
Orten. Von den ersten Jahrhnnderten nach
Christi Geburt bis auf unsere Tage läßt sich
die Goldschmiedekunst, soweit sie dem Gebrauche
der Kirche dient, hier in auf- und absteigender
Linie ihrer Entwicklnng verfolgen, Kruzifix,
Kelch, Monstranz lehren nns ihre Geschichte
in lebendiger Anschauung. Wir haben in den
letzten Jahren einige bedeutende Goldschmiede-
ausstellungen gesehen, für das reiche Anwen-
dungsgebiet der Kirche war aber dergleichen
noch nicht da und wird sich nicht so bald wie-
der in dieser Ausdehnung und Pracht ereignen.
Möchten doch unsere zeitgenössischen Gold- und
Silberarbeiter, welche Gegenstände kirchlichen
Gebrauches verfertigen, die günstige Gelegen-
heit nicht versäumen, hier ihr Stilgefühl zu
bilden und den alten Meistern etwas von
der liebevollen Hingebung in der Behandlung
des Materials abzusehen. So tüchtige Arbeiter
wir heute auf diesem Gebiete auch haben, einen
auch nnr annähernden Vergleich halten ihre
Werke mit den alten nicht aus, und das Pub-
likum wird um so kritischer werden, je mehr
es mit den vorbildlichen Arbeiten früherer Tage
bekannt gemacht wird. Da heißt es also teils:
vorwärts! teils: Umkehr!
Den ältesten Gegenstand hat wieder Th.
Graf gebracht: eine frühchristliche Lampe aus
Bronze, deren Körper eine Chimära bildet.
Kremsmünster hat den Tassilokelch, jenes
hochberühmte Werk aus dem VIII. Jahrhun-
dert zur Ausstellung geschickt, welches der von
Karl dem Gr. besiegte Bayernherzog Tassilo
dem von ihm gestifteten Kloster zum Ge-
schenke gemacht hat. Leider konnte dieses Kunst-
werk nicht allgemeiner Besichtigung zugänglich
gemacht werden, sondern wird nnr auf beson-
deres Verlangen gezeigt. Das herrliche Hohen-
furter Kreuz stammt auch aus jener Zeit
und es vermittelt mit einigen byzantinischen
Emails den Übergang zur romanischen Epoche,
welche u. a. durch die überaus kunstvollen und
tresflich erhaltenen Reliquiare (in Limousiner
Art emaillirt) aus dem Besitze der Herren
v. Lanna in Prag, der Klöster Krems-
münster und Klosternenburg, ferner durch
eine Reihe von Aquamanilen, Kopfreliquiaren,
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sten der Ausstellimg und sie cnthält nlle Arten
kirchlicher Gewänder, Wcindbehänge,
Posamenten, Spitzen in den verschiedensten
Techniken, Mnsterungen und Farben, deren
gut erhaltene Leuchtkraft oft wnnderbar ist.
Die nwderne Stickereikunst wird aus dieser
großen Zahl unübertrefflicher Vorbilder die
uiannigfachste Anregnng und Belehrung schöpfen,
uicht nur was die sichere Führung der Nadel
betrifft, sondern vor Allem in Hinsicht der Mo-
tive wie der diskreten und dabei doch wirksamen
Farbenstimmung.
Vor allem historisches Fnteresse flößen die
altchristlichen Leinen- und Wollgewänder aus
dem II.—III. Jahrhundert ein, welche der be-
kannte Theodor Graf, wie die berühmteSamm-
kung alter Gewebe und Stickereien des Mn-
seums und den Papyrus Rainer, auch in
tllgypten zn Tage gefördert hat; die höchst
eigentüniliche Verbindung ägyptisch-heidnischer
und christlicher Motive, welche wir hier finden,
gibt diesen Sachen einen besonderen Reiz.
Die berühmte Glockencasel von Purpur-
seide mit schwarzem Adlermuster aus Brixen,
ivie die Gewänder ans St. Paul und Melk
repräsentiren die wichtigsten und interessantesten
Stücke, welche uns aus dem XII. und XIII.
Jahrhundert erhalten sind. Schöne Flach-
stickereien, des eingehendsten Studiums und der
Nachahmung wert, hat das XV. und XVI. in
großer Zahl überliefert, während die gleichzei-
tigen mährischen Stickereien mit siguralen Dar-
stellungen in Hochrelief kaum mustergiltig wenn
auch sehr sehenswert sind. Große Pracht und
borzügliche Technik zeigen die Arbeiten der
solgenden Jahrhunderte, aus deren bunter Fülle
wir nur den Pfingstornat aus Krems-
münster, die Dalmatiken ans Lambach und
Zwettl und den Ornat aus Sexten hervor-
heben, welcher der Kaiserin Maria Theresia zu-
geschrieben wird. Unser Jahrhundert ist durch
eine schöne Kollektion etwa in den Zwanziger-
sahren in Konstantinopel gearbeiteter Gewänder
der U. ?. Mechitaristen vertreten. Erwähnt
sei noch die Casel und Stola aus Radmer,
deren Stickerei (den Töchtern Ferdinands III.
zugeschrieben) unzweiselhaft japanischen Ur-
sprungs ist; ein überraschender Beweis dafür,
daß man die heute so bewunderte Kunstfertig-
keit der Ostasiaten schon zn jener Zeit zu
schätzen wußte. Mit einem Worte: diese Gruppe
ist so reich und bietet so viel des Schönen und
Lehrreichen, daß sie für sich allein eine Aus-
stellung bilden könnte.
Dasselbe gilt von den Goldschmiedearbeiten.
Alle Zeiten und Stile sind hier und in einer
Weise vertreten, wie kaum zuvor an anderen
Orten. Von den ersten Jahrhnnderten nach
Christi Geburt bis auf unsere Tage läßt sich
die Goldschmiedekunst, soweit sie dem Gebrauche
der Kirche dient, hier in auf- und absteigender
Linie ihrer Entwicklnng verfolgen, Kruzifix,
Kelch, Monstranz lehren nns ihre Geschichte
in lebendiger Anschauung. Wir haben in den
letzten Jahren einige bedeutende Goldschmiede-
ausstellungen gesehen, für das reiche Anwen-
dungsgebiet der Kirche war aber dergleichen
noch nicht da und wird sich nicht so bald wie-
der in dieser Ausdehnung und Pracht ereignen.
Möchten doch unsere zeitgenössischen Gold- und
Silberarbeiter, welche Gegenstände kirchlichen
Gebrauches verfertigen, die günstige Gelegen-
heit nicht versäumen, hier ihr Stilgefühl zu
bilden und den alten Meistern etwas von
der liebevollen Hingebung in der Behandlung
des Materials abzusehen. So tüchtige Arbeiter
wir heute auf diesem Gebiete auch haben, einen
auch nnr annähernden Vergleich halten ihre
Werke mit den alten nicht aus, und das Pub-
likum wird um so kritischer werden, je mehr
es mit den vorbildlichen Arbeiten früherer Tage
bekannt gemacht wird. Da heißt es also teils:
vorwärts! teils: Umkehr!
Den ältesten Gegenstand hat wieder Th.
Graf gebracht: eine frühchristliche Lampe aus
Bronze, deren Körper eine Chimära bildet.
Kremsmünster hat den Tassilokelch, jenes
hochberühmte Werk aus dem VIII. Jahrhun-
dert zur Ausstellung geschickt, welches der von
Karl dem Gr. besiegte Bayernherzog Tassilo
dem von ihm gestifteten Kloster zum Ge-
schenke gemacht hat. Leider konnte dieses Kunst-
werk nicht allgemeiner Besichtigung zugänglich
gemacht werden, sondern wird nnr auf beson-
deres Verlangen gezeigt. Das herrliche Hohen-
furter Kreuz stammt auch aus jener Zeit
und es vermittelt mit einigen byzantinischen
Emails den Übergang zur romanischen Epoche,
welche u. a. durch die überaus kunstvollen und
tresflich erhaltenen Reliquiare (in Limousiner
Art emaillirt) aus dem Besitze der Herren
v. Lanna in Prag, der Klöster Krems-
münster und Klosternenburg, ferner durch
eine Reihe von Aquamanilen, Kopfreliquiaren,
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