Von Arthur Pabst.
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Verwendung dcr Ornamente, wie sie im Norden
sich ausgebildet haben. Auch hier finden wir
Betonnng der konstrnktiven Teile, daneben aller-
dings reichliche Anwendnng von Ornamenten.
Vor diescm Zimmer bedarf es eigentlich kaum
des Hinweises fiir einen intelligenten Tischler,
welche reiche Quelle von Anregung ihm durch
das Studinm einfacher Möbel erschlossen wird.
Hier ist ohne Frage noch etwas Originales,
Neues zn schaffen, denn, wie im Norden, so
haben sich auch in andern Gegenden unsers
Vaterlandes noch eigentümliche Formen erhal-
te». Beweis dafnr warcn das Berchtesgadencr
Banernstnbchen (P. Zechmeister, Berchtcs-
gaden) nnd die Elscissische Bancrnstube (A. Heck-
mann nnd K. Klotz, Obcrehnheim), wie die
Möbel von F. Luck, ebenda.
Als intercssanter Versnch in gleicher Rich-
tung könncn immcrhin die Möbel von H. Fickler
in Dresden (Entwurf von Naumann) angesehen
werden, ivelche ans Tannenholz in derben For-
men hergestellt, dnrch Bemalnng verzicrt sind.
Die Jdce ist ohne Zweisel gut, doch waren
Formcn und Materie gerade dieser Möbel nicht
eben gelungen.
Einen breiten Raum in der Wohnungs-
ausstattnng nchmen hente mit Recht wieder die
Polstermöbel nnd die Tapezicrarbeiten ein. Auch
hat man über das Ziel oft genug hinaus-
geschossen und schießt noch darüber hinans. Es
waren Einrichtungen vorhanden, die ganz aus
Tapezierarbeiten zn bestehen schienen: Tisch-
beinc, Spiegel und Bilderrahmen mit Sainmet
bezogen gehören heute lcider nicht mehr zu
niigewöhnlicheii Dingen. Daneben aber zeigten
sich doch ersrcnliche Arbciten: die Rokokoformen
haben dic begnemen Stühle nnd Sitze wicder
zu Ehrcn gebracht und ohne Frage werden sich
auch die Renaissancemenschen mit diesen ver-
nünstigen Möbeln befrennden, sobald sie sich
iiberzcngt habcn, das; diese Lehnstühle und
Sofas zweckmcißigcr und branchbarer sind, als
die hoch- nnd steiflehnigcn Stühle mit Kantcii
und Ecken.
Dcr Aufschwung dcr Tapezierkunst, dcr
eng mit der bcsseren Ausstattnng nnserer
Wohnnngen zusammenhangt, trat in cinzelnen
Zimmereinrichtnngen rccht deutlich zu Tage.
Freilich fühlte man auch hicr, das; die Berliner
Dekorateure fern geblieben waren, welche dieser
Gruppe gerade ein völlig anderes Aussehen
verliehen haben würden. Sehr ersreulich war
es zu sehen, wie die Stickerei sich im Hause
immer breitere Gebiete erobert, indem die ge-
werbsmäßige Stickerei dort eintritt, wo die
Hand der künstlerisch veranlagten Hausfrau ver-
sagt. Hier sind ganz erstaunliche Fortschritte
in Technik und gutem Geschmack zu verzeichnen.
Ja man kann sich manchmal der Sorge nicht
erwehren, daß vielleicht zn viel „bestickt" wird,
daß man am Ende noch gestickte Schreibtische
und Wäscheschränke zu sehen bekommt.
Mit anerkennenswertem Eifer haben die
Kunstgewerbeschnlen gerade die Stickerei in ihr
Programm anfgcnvmmen, nnd fast iiberall sind
hocherfrenliche Erfolge dieses Untcrrichts zu
verzeichncn. Hier kann von einem festen Pro-
gramm natürlich nirgends die Nede sein: die
größcre oder geringere Befähignng, der Ge-
schmack dcr betresfenden Lehrerin wird dabei
in erster Linie von Einflus; sein. Daß der
Einflnß der Flachmusterklassen znr Geltnng
kommen, das; diese beiden Abteilungen Hand in
Hand gehen miissen, ist ebcn so einleuchtend,
wie ihr Widerstreit gelegentlich zn Tage tritt.
Fast von allen Mittelpunkten knnstgewerblicher
Thätigkeit warcn vortrcffliche Arbeiten einge-
sandt: die Knnststickereischule des badischen
Frauenvereins in Karlsruhe, der Letteverein
zu Berlin, die Schnlen in Psorzheim, Hanau,
die Privatanstaltcn von Fräulein Jörres in
München, Fräulein Seliger inBerlin nnd Frau
Bcnder in Wiesbaden, Bessert-Nettelbeck
in Berlin und Drcsden mögen hier erwähnt
sein. Eine besonderc Pflege erfordert die kirch-
liche Stickerei: sie sindet dieselbe erklärlicher-
weise in Süddeutschland am reichlichsten; gern
hütten wir eine breitere Vertretung der Para-
mentenvereine gesehen, welche in erster Linie
berufen sein dürsten, diesem Kunstzweig neues
Leben zuznführen.
Einer Künstlerin möge hier noch besonders
gedacht werden, deren Arbeiten bei ganz un-
günstigcr Ansstellung nnd schlcchter Belenchtnng
von viele» Bcsuchcrii nicht geschcn worden
sind: Frau M. Th. Schissmann in München.
Jhre Arbeiten erheben sich über alles, was svnst
anf dem Gcbiete der Stickerci geleistet wird,
nm eines Hauptes Länge; vorwiegend fertigt
sie Applikationsarbeiten unter Verwendung alter
gemustcrter Stoffe, anch nntcr gelegcntlicher An-
wcndnng von Malcrei, welche mit eineni Raf-
fincmcnt nnd eincm Geschmack zusammengesetzt
werden, die erstaunlich sind. Man hat es eben
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Verwendung dcr Ornamente, wie sie im Norden
sich ausgebildet haben. Auch hier finden wir
Betonnng der konstrnktiven Teile, daneben aller-
dings reichliche Anwendnng von Ornamenten.
Vor diescm Zimmer bedarf es eigentlich kaum
des Hinweises fiir einen intelligenten Tischler,
welche reiche Quelle von Anregung ihm durch
das Studinm einfacher Möbel erschlossen wird.
Hier ist ohne Frage noch etwas Originales,
Neues zn schaffen, denn, wie im Norden, so
haben sich auch in andern Gegenden unsers
Vaterlandes noch eigentümliche Formen erhal-
te». Beweis dafnr warcn das Berchtesgadencr
Banernstnbchen (P. Zechmeister, Berchtcs-
gaden) nnd die Elscissische Bancrnstube (A. Heck-
mann nnd K. Klotz, Obcrehnheim), wie die
Möbel von F. Luck, ebenda.
Als intercssanter Versnch in gleicher Rich-
tung könncn immcrhin die Möbel von H. Fickler
in Dresden (Entwurf von Naumann) angesehen
werden, ivelche ans Tannenholz in derben For-
men hergestellt, dnrch Bemalnng verzicrt sind.
Die Jdce ist ohne Zweisel gut, doch waren
Formcn und Materie gerade dieser Möbel nicht
eben gelungen.
Einen breiten Raum in der Wohnungs-
ausstattnng nchmen hente mit Recht wieder die
Polstermöbel nnd die Tapezicrarbeiten ein. Auch
hat man über das Ziel oft genug hinaus-
geschossen und schießt noch darüber hinans. Es
waren Einrichtungen vorhanden, die ganz aus
Tapezierarbeiten zn bestehen schienen: Tisch-
beinc, Spiegel und Bilderrahmen mit Sainmet
bezogen gehören heute lcider nicht mehr zu
niigewöhnlicheii Dingen. Daneben aber zeigten
sich doch ersrcnliche Arbciten: die Rokokoformen
haben dic begnemen Stühle nnd Sitze wicder
zu Ehrcn gebracht und ohne Frage werden sich
auch die Renaissancemenschen mit diesen ver-
nünstigen Möbeln befrennden, sobald sie sich
iiberzcngt habcn, das; diese Lehnstühle und
Sofas zweckmcißigcr und branchbarer sind, als
die hoch- nnd steiflehnigcn Stühle mit Kantcii
und Ecken.
Dcr Aufschwung dcr Tapezierkunst, dcr
eng mit der bcsseren Ausstattnng nnserer
Wohnnngen zusammenhangt, trat in cinzelnen
Zimmereinrichtnngen rccht deutlich zu Tage.
Freilich fühlte man auch hicr, das; die Berliner
Dekorateure fern geblieben waren, welche dieser
Gruppe gerade ein völlig anderes Aussehen
verliehen haben würden. Sehr ersreulich war
es zu sehen, wie die Stickerei sich im Hause
immer breitere Gebiete erobert, indem die ge-
werbsmäßige Stickerei dort eintritt, wo die
Hand der künstlerisch veranlagten Hausfrau ver-
sagt. Hier sind ganz erstaunliche Fortschritte
in Technik und gutem Geschmack zu verzeichnen.
Ja man kann sich manchmal der Sorge nicht
erwehren, daß vielleicht zn viel „bestickt" wird,
daß man am Ende noch gestickte Schreibtische
und Wäscheschränke zu sehen bekommt.
Mit anerkennenswertem Eifer haben die
Kunstgewerbeschnlen gerade die Stickerei in ihr
Programm anfgcnvmmen, nnd fast iiberall sind
hocherfrenliche Erfolge dieses Untcrrichts zu
verzeichncn. Hier kann von einem festen Pro-
gramm natürlich nirgends die Nede sein: die
größcre oder geringere Befähignng, der Ge-
schmack dcr betresfenden Lehrerin wird dabei
in erster Linie von Einflus; sein. Daß der
Einflnß der Flachmusterklassen znr Geltnng
kommen, das; diese beiden Abteilungen Hand in
Hand gehen miissen, ist ebcn so einleuchtend,
wie ihr Widerstreit gelegentlich zn Tage tritt.
Fast von allen Mittelpunkten knnstgewerblicher
Thätigkeit warcn vortrcffliche Arbeiten einge-
sandt: die Knnststickereischule des badischen
Frauenvereins in Karlsruhe, der Letteverein
zu Berlin, die Schnlen in Psorzheim, Hanau,
die Privatanstaltcn von Fräulein Jörres in
München, Fräulein Seliger inBerlin nnd Frau
Bcnder in Wiesbaden, Bessert-Nettelbeck
in Berlin und Drcsden mögen hier erwähnt
sein. Eine besonderc Pflege erfordert die kirch-
liche Stickerei: sie sindet dieselbe erklärlicher-
weise in Süddeutschland am reichlichsten; gern
hütten wir eine breitere Vertretung der Para-
mentenvereine gesehen, welche in erster Linie
berufen sein dürsten, diesem Kunstzweig neues
Leben zuznführen.
Einer Künstlerin möge hier noch besonders
gedacht werden, deren Arbeiten bei ganz un-
günstigcr Ansstellung nnd schlcchter Belenchtnng
von viele» Bcsuchcrii nicht geschcn worden
sind: Frau M. Th. Schissmann in München.
Jhre Arbeiten erheben sich über alles, was svnst
anf dem Gcbiete der Stickerci geleistet wird,
nm eines Hauptes Länge; vorwiegend fertigt
sie Applikationsarbeiten unter Verwendung alter
gemustcrter Stoffe, anch nntcr gelegcntlicher An-
wcndnng von Malcrei, welche mit eineni Raf-
fincmcnt nnd eincm Geschmack zusammengesetzt
werden, die erstaunlich sind. Man hat es eben
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