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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 5.1889

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Heft 11
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Aus der Ornamentstichsammlung des Leipziger Kunstgewerbemuseums, 3: Jaques Androuet du Cerceau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3586#0192

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Aus der

Grnainentstichsamnüuilg des Ceixziger Kunstgewerbenmseums.

Z. Iaques Androuet du (Lerceau.

I. Androuet du Cerceau ist einer der
letzten großen Künstler der frcmzösischen Renais-
sance des 16. Jahrhnnderts. Er gehört zwar
nicht zn den großen Architekten, welche diese
Periode zu ihrer Höhe geführt haben; für die
Erkenntnis jener Kunstepoche ist er aber weit
weniger entbehrlich, als mancher seiner größeren
Vorgänger.

Andronet war Architekt, Zeichner und
Kupferstecher. Über seine Thätigkeit als prak-
tischer Baumeister läßt sich heute ein sicheres
lkrteil nicht mehr fällen. Jn Paris, in Orleans
und in Montargis werden ihm Werke znge-
schriebeu, sicherer bezeugt ist jedoch die große
Schätzung, die seine Baukunst bei den Zeitge-
nossen gefunden. Den Nachruhm hat er sich
indes als Zeichner und Kupferstecher begründet,
und hierin liegt auch bereits zu seinen Leb-
zeiten der Schwerpunkt seines Wirkens.

Das Produkt derselben ist ein Ornament-
stichwerk, wie es nach der Zahl der Blätter,
nach Schönheit und Mannigfaltigkeit der Mo-
delle kaum seinesgleichen hat. Es giebt kein
Gebiet, für das er nicht ornamentale Vorlagen
geliefert. Mit großen Folgen von Stichen nach
antiken und modernen italienischen Bauten an-
fangend, liefert er weiter, bald in Kopien, bald
in eigenen Erfindnngen, Grotesken, Friese, Tro-
phäen, Vaseu, Kirchen- und Hausausstattung,
Kartuschen, Niellen nnd Schmuck aller Art.
Bezeugt ist auch, daß er für die Buchausstattung
thätig gewesen. Hochgepriesen waren seine theo-
retischen Werke über Architektur, die er zwei-
sprachig, französisch und lateinisch, herausgab.
Haben diese für uns heute nur noch ein histo-
risches Jnteresse, so sind seine ornamentalen

Erfindungen mustergültig geblieben. Unver-
kennbar an ihnen ist ein Zug ins Große; die
Schulung als Architekt hat den Meister vor
dem Kleinlichen und Handwerksmäßigen glück-
lich bewahrt.

Solcher großen Erfindungskraft steht dic
Schöuheit der ausgeführteu Blätter würdig zur
Seite. Fest und elegant ist der Strich, leicht
und kühn die Schraffirung. Eben diese technische
Vollendung gab den Werken des Meisters von
jeher einen besonderen Wert in den Augcn der
Kupferstichfreunde.

Von diesen technischen Gesichtspunktcn aus-
gehend, hat man die Thätigkeit Androuets in
bestimmte Perioden geteilt. Aus gewisscn Ände-
rungen in der Führuug der Nadel, der Schraf-
firung und Schattengebung ließcn sich drei
Arbeitsperioden feststellen, die jcdoch kcineswegs
chronologisch aufeinander folgen. Eine Ein-
teilung des weitschichtigen Materials erscheint
wohl nötig, ist zu bezweifeln, ob mit diesen
höchst subtilen Unterscheidungeu ctwas sür das
Verständnis oder die Übersicht gewonnen ist.
Wir setzen statt dessen eine Einteilung nach deni
Jnhalte des Werkes und unterscheiden seine
Studien, die selbständigen Entwürfe und theo-
retischen Werke.

Die Periode der Stndien wird dargestellt
durch eine große Zahl vvn Aufnahmcn italieni-
scher, vorzüglich römischer Bauteu, von denen
einige heute nur noch durch diese Stiche bekannt
geblieben sind. Daran reihten sich Kopien nach
italienischen, gelegentlich auch deutschen und
niederländischen Ornamentisten. Freilich kopirt
Andronct weniger, als er die Vorlagen zu freien
Unmrbeituugen benutzt. Wie er kopirt, diese
 
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