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Die deutsch-nationcile Kunstgewerbeausstellung in Münchcn 1888.
reichischen Museums iu Wien auf die großen dor-
tigeu Fabrikanten. Diese modernen Gewebe in
Sammet und Seide, Brokat und Plüsch können
heute getrost den Vergleich mit den alten
aufnehmen. Kurz möge noch hingewiesen werden
auf die erfolgreichen Bestrebungen, auch das
Tischzeng dnrch farbige Musterung zu beleben
und die mannigfachen trefflichen in Anlehnung
an alte Vorbilder hergestellten Spitzenmustcr.
Nicht nnerwahnt dürfen wir die Bestre-
bnngen von Ziesch L Co. in Berlin lassen,
welche die sog. Gobelinfabrikation cinzuführen
sich bestreben. Die ersten Proben nach sehr
langwierigen, kostspieligen Versuchen sind ohne
Frage vortresslich ansgefallcn; man möchte nnr
wünschen, daß das Jnteresse der Fabrikanten
nicht erlahmt nnd es ihncn gelingt, eine An-
zahl tüchtiger Krafte heranznbilden. Richtig
ist jedenfalls der eingeschlagene Weg: Füllnngen,
Möbclbezüge herznstellen nnd sich nicht an
große Bilder zu wagen. Ob aber die Unter-
nehmer ohne ernstliche Unterstützung vom Staat
oder durch Aufträge in größercm Maßstabe
ihre Rechnnng finden wcrden, möchten wir fast
bezweifeln.
Recht gut waren die Arbeiten in Leder
vertreten. Kaum giebt hier es eine Technik dcr
früheren Zeit, welche heute nicht wieder auf-
genommen wäre. Fehlten anch Leipzig nnd
Stuttgart mit ihrer hoch entwickelten Buch-
binderei gänzlich, so waren doch bayerische Aus-
steller in Menge erschiencn, nnd manche erfreu-
liche Leistung war zu sehen. Für die hvchsten
Leistnngen der Bnchbinderknnst: ganz einfache,
aber nach allen Richtnngen vollendete Einbände,
worin Frankreich so Unvergleichliches leistet,
fehlt scheinbar in Dentschland noch das rechte
Verstündnis nnd das Geld, dicselbcn zu bezahlcn.
Man bringt hier neuerdings den geschnittenen
und bemaltcn Prachtbändcn mehr Verstündnis
entgegen, und diese Arbeiten haben wciter zn dem
großen Aufschlvnng des Lederschnittes nnd
verwandter Arbeiten geführt. Ein weites Feld
künstlcrischcr Thätigkeit hat sich hicr crvfsnct,
desscn Anban lcbhaft betriebcn wird. Neben
dem altcn Namen von Hnlbe-Hambnrg er-
schienen znm ersten Male H. Hirschwald (Ma-
gazin für Berliner Knnstgewerbe) in Berlin
und A. Feucht in Stnttgart auf dcm Plan
bcide konnten sich mit den alten Firmen ge-
trost messen. Freilich war auch hier nicht zu
verkennen, daß gelegcntlich am Ziel vorbci
oder darüber hinans geschosscn wird. Die
völlige Bemalnng der geschnittenen Leder-
arbcit in zum Teil recht unschönen Farben,
so daß von Leder gar nichts mehr zn sehen ist,
ihr wüster natnralistischer Schmnck sogar mit
srei geschnittencn anfgelegtc» Blumen sind arge
Mißgrifse, die wohl der Sncht nach Neuem nnd
dem Streben der Konknrrenz die Spitze zu
bieten, zuzuschreibcn, aber nicht cntschnldbar sind.
(Fortsetzung solgt.)
Fig. I. Jnschrist aus dcr Rückseitc dcc S. 73 Anmcrkung erwiilinten Schiissci.
Die deutsch-nationcile Kunstgewerbeausstellung in Münchcn 1888.
reichischen Museums iu Wien auf die großen dor-
tigeu Fabrikanten. Diese modernen Gewebe in
Sammet und Seide, Brokat und Plüsch können
heute getrost den Vergleich mit den alten
aufnehmen. Kurz möge noch hingewiesen werden
auf die erfolgreichen Bestrebungen, auch das
Tischzeng dnrch farbige Musterung zu beleben
und die mannigfachen trefflichen in Anlehnung
an alte Vorbilder hergestellten Spitzenmustcr.
Nicht nnerwahnt dürfen wir die Bestre-
bnngen von Ziesch L Co. in Berlin lassen,
welche die sog. Gobelinfabrikation cinzuführen
sich bestreben. Die ersten Proben nach sehr
langwierigen, kostspieligen Versuchen sind ohne
Frage vortresslich ansgefallcn; man möchte nnr
wünschen, daß das Jnteresse der Fabrikanten
nicht erlahmt nnd es ihncn gelingt, eine An-
zahl tüchtiger Krafte heranznbilden. Richtig
ist jedenfalls der eingeschlagene Weg: Füllnngen,
Möbclbezüge herznstellen nnd sich nicht an
große Bilder zu wagen. Ob aber die Unter-
nehmer ohne ernstliche Unterstützung vom Staat
oder durch Aufträge in größercm Maßstabe
ihre Rechnnng finden wcrden, möchten wir fast
bezweifeln.
Recht gut waren die Arbeiten in Leder
vertreten. Kaum giebt hier es eine Technik dcr
früheren Zeit, welche heute nicht wieder auf-
genommen wäre. Fehlten anch Leipzig nnd
Stuttgart mit ihrer hoch entwickelten Buch-
binderei gänzlich, so waren doch bayerische Aus-
steller in Menge erschiencn, nnd manche erfreu-
liche Leistung war zu sehen. Für die hvchsten
Leistnngen der Bnchbinderknnst: ganz einfache,
aber nach allen Richtnngen vollendete Einbände,
worin Frankreich so Unvergleichliches leistet,
fehlt scheinbar in Dentschland noch das rechte
Verstündnis nnd das Geld, dicselbcn zu bezahlcn.
Man bringt hier neuerdings den geschnittenen
und bemaltcn Prachtbändcn mehr Verstündnis
entgegen, und diese Arbeiten haben wciter zn dem
großen Aufschlvnng des Lederschnittes nnd
verwandter Arbeiten geführt. Ein weites Feld
künstlcrischcr Thätigkeit hat sich hicr crvfsnct,
desscn Anban lcbhaft betriebcn wird. Neben
dem altcn Namen von Hnlbe-Hambnrg er-
schienen znm ersten Male H. Hirschwald (Ma-
gazin für Berliner Knnstgewerbe) in Berlin
und A. Feucht in Stnttgart auf dcm Plan
bcide konnten sich mit den alten Firmen ge-
trost messen. Freilich war auch hier nicht zu
verkennen, daß gelegcntlich am Ziel vorbci
oder darüber hinans geschosscn wird. Die
völlige Bemalnng der geschnittenen Leder-
arbcit in zum Teil recht unschönen Farben,
so daß von Leder gar nichts mehr zn sehen ist,
ihr wüster natnralistischer Schmnck sogar mit
srei geschnittencn anfgelegtc» Blumen sind arge
Mißgrifse, die wohl der Sncht nach Neuem nnd
dem Streben der Konknrrenz die Spitze zu
bieten, zuzuschreibcn, aber nicht cntschnldbar sind.
(Fortsetzung solgt.)
Fig. I. Jnschrist aus dcr Rückseitc dcc S. 73 Anmcrkung erwiilinten Schiissci.