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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 4 (2. Novemberheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0187

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dcm Kreise der Gesiiinungsgenossen
hundert- und tausendfach erfährt.
Aber auch unsrc jungen Poctcn,
Gcucke z. B., finden in solcher Markt-
schrcicrei nichts Arges, sonst würden
sie ihren Vcrlcgern dic betreffendcn
Privatbriefc doch wohl nicht für ihre
Jnserate liefern. So nähert sich die
Literatur-Reklame dcrjenigen, die
bisher nur für Sortiments-Zigarrcn
und Bandwurmmittel üblich war.
Soll das so blcibcn?

* Vom Vertrödeln unsrcs
Vätererbes läuft durch die Zei-
tungen folgcnde Nachricht: „Aus dem
Wcspienschen Patrizicr-Haus in Aachen,
dcm bcrühmten B ü r g e r m e i st e r -
hause, wird jctzt die Jnncn-Aus-
stattung erbtcilungshalber öffcntlich
vcrkauft. Es ist nicht gclungcn, das
Haus in sciner Einhcitlichkeit zu cr-
halten. DaS hcrrliche Gefüge soll au--
cinandcrgerissen, die einzelnen Tcilc
sollen zcrstrcut wcrdcn und wandcrn
zum Tcil ins Auöland. Und dabei gilt
daS Wespicnschc HauS, das aus dcm
t8. Jahrhundcrt stammt, als eines
dcr schünstcn Privathäuser Dcutsch-
lands. Es wurde 1754 bis 42 sür
den Aachcner Bürgcrmeister Iohann
von Wcspicn durch Couven erbaut
und eingcrichtct und blieb seitdcm un-
verändert crhaltcn. Der Versteigerung
wohnten dcutschc, französische nnd eng-
lischc Händler bei, ferncr Privatleute
und Dertreter deutscher Musecn. Das
Gobclinzimmer im Erdgeschoß kauste
für 57000 N!k. das Gcrmanische Mu-
scum zu Nürnberg, dcn Gobelin

'Europa- für t7200 Mk. ein Privat-
mann in Frankfurt a. M., »Asien- und
>Amerika« für tsooo bezw. 6600 Mk.
Kommissionär Maurer in Berlin,
'Australicn« für 7000 Mk. Jarislowski
in Berlin. Tie Gebr. Hamburger in
Amstcrdam kauften >Afrika« für86o Mk.,
die gesamten Holzarbeitcn des grotzen
Saales, zwei Kamine und zwei Kamin-
aufsätze mit Porträts für Y850 Mk.,
cine Doppelthür für 8^0 Mk., cinen
Kaminaufsatz für 510 Mk., cin schmiede-
eisernes Treppcngeländcr für 7000 Mk.,
eine Treppenverschalung für tsoo Mk.
Das Kölner Gewerbemuseum kaufte
cine geschnitzte Thür für 8t0 Mk., ein
Balkongitter für 6io Mk."

Wie vicle derartige Berichtc haben
wir schon gelesen! Die Einzelnen
können vielleicht nicht anders, die
trifft möglicherweise kein Vorwurf, wo
aber greift das deutsche Volk als Ge-
samtheit cin, sein Vätererbe zu wahren?
Wird einmal die Zeit kommcn, da
man's mit Scham empfindet, der-
artiges lesen zu müffen? Auch hier
wartet des Dürer-Bundes Arbeit.

* Was ist Kunst?

Wer's nicht wcitz, möge Kurt
Breysigs eben erschienene grotze ,Kul-
turgeschichte der Neuzeit" aufschlagen.
„AlleKunst istSpiel und, wie
jedes Spiel, die tändelnde
Nachahmungwirklichen Schaf-
fens und Lebens.' So etwas
also kann noch im zwanzigsten Jahr-
hundert von einem ernsthaftcn Ge-
lehrten geschrieben werdenl

2. rlovembcrhcft i?0l
 
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