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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 21,3.1908

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Heft 15 (1. Maiheft 1908)
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Erdmann, Karl Otto: Immoralitäts-Fexerei
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Wider die Konzertagenten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7706#0173
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ohne sich 'oer verachteten, so überaus gemeinen, aber leider nun
einmal unvermeidlichen logischen Funktionen zu bedienen.

Ich wüßte nicht, mit wem ich passender die modischen Herren
vergleichen könnte, die wir ruhig unsre Immoralitätsfexe nennen
dürsen. Karl Otto Erdmann

Wider die KonzertagenLen

^5^.ber die ungeheure Schädigung, die der Musikpflege als einer
I A Kun stpflege fortdauernd durch die Konzertagenten erwächst, sind
^a^auch die Gebildeten in unserm Volke bis jetzt nur zu sehr kleinem
Teile unterrichtet. Um durch eine Klärung über die Frage ein tat-
kräftiges Handeln vorzubereiten, hat der Arbeitsausschuß des Dürer--
bundes die folgende Anregung schon vor längerer Zeit als vertrau-
liches Manuskript an unsre hervorragendsten Tonkünstler und Konzert--
dirigenten verschickt. Die eingegangenen Antworten lauteten durch»
weg zustimmend, wir behalten uns vor, einige davon zu ver-
öffentlichen. Es stellte sich aber heraus, daß wir auf dem Wege
privater Unterhandlungen nur sehr langsam vorwärts kommen, außer-
dem scheinen unsre Ausführungen da und dort doch nicht als streng
vertraulich betrachtet worden zu sein. So sprechen jetzt gegen weitere
Geheimhaltung mehr Gründe als dafür. Der Dürerbund hat des--
halb die Veröffentlichung unsres Rundschreibens durch den Kunstwart
beschlossen, um die Gebildeten unsres Volks zugleich auf diese un--
würdigen Verhältnisse hier energisch hinzuweisen und die Berufenen
um die Erörterung unsrer Vorschläge zu bitten. Dieses Rundschreiben
wird auch als Dürerbund-Flugschrift ausgegeben, um ihre Verbrei-
tung zu erleichtern. A

Rundschreiben des Dürerbundes

Klagen über das Unwesen des Agententums in der Musikpflege
sind heute stärker denn je. Sie sind wohl so alt wie die Ein-
richtung selbst, denn die Betroffenen, die Künstler, haben es nie
an empörten Worten fehlen lassen. Aber das geschah und geschieht,
wie es auch in andern Dingen bei den Tonkünstlern typisch zu sein
scheint, nur im persönlichen Verkehr. Da schütten sie ihr Herz aus,
da schwören sie sich, gegen dies oder jenes sich mit aller Macht auf-
zulehnen, nimmt man sie aber beim Wort und ersucht sie, ihre Em-
pörung in diskutable Form zu kleiden und der Sffentlichkeit zu über-
mitteln, so wollen sie sich den Fall nochmals überlegen, und das
heißt: sie ziehen sich zurück. „Höchstens" geht einmal ein anonymes
Schelten los, das als herrenloses Gut weiter keine Bedeutung erlangt.
Dieser Sachverhalt bietet einen Hauptgrund für das Blühen und Ge-
deihen der Agenten. Die Künstler hassen sie, fürchten sie aber zu-
gleich und stellen sich mit ihnen möglichst gut, so daß es, wenn man
Künstler und Agenten zusammensieht, den Anschein hat, die beiden
seien eigentlich füreinander geschaffen wie Mann und Frau. Die
Agenten kennen die Ohnmacht der Künstler gut genug, sie wissen,
daß sie von ihnen gehaßt, mitunter sogar verachtet werden. Aber
sie befinden sich trotzdem ganz wohl, weil sie den Menschenhaß als

j s. Maiheft V08 j37
 
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