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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 21,3.1908

DOI Heft:
Heft 13 (1. Aprilheft 1908)
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Avenarius, Ferdinan: Frau Wahrheit und Herr Klapperstorch: zu dem neuen Preisausschreiben des Dürerbundes
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Spitteler, Carl: Aus der Werkstatt des Dichters
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https://doi.org/10.11588/diglit.7706#0016
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gedacht: die Aufklärung über die Fortpflauzung des Menschen--
geschlechts dem Zufalle aus der Hand zu nehmen und sie den Eltern
und Erziehern zu übergeben, damit die Heranwachsenden das Heilig--
tum des Lebens schon früh als solchss erfassen und als solches werten
können. Ie nach dem Alter der Heranwachsenden und nach unserm
eigenen, aber auch nach beider Persönlichkeit und Lebensumständen
ergeben sich die verschiedensten Möglichkeiten.

Z 2. Für Preise sind ausgesetzt: 3500 Mark. Sie werden
unter den nach Ansicht der Preisrichter bestgeeigneten Eingängen
nach dem Billigkeitsgefühl der Preisrichter verteilt.

3. Das Preisrichteramt übernimmt der Arbeitsausschuß des
Dürerbundes.

Z Der Dürerbund behält sich die Erwerbung auch nichtgekrönter
Arbeiten vor. Auch um die Einsendung etwa schon gedruckter Llterer
oder neuerer Beiträge sowie um den tzinweis auf solche wird ge--
beten. Solcherlei Beiträge können zwar nicht am Wettbewerbe mit
teilnehmen, wohl aber kommt auch ihre Erwerbung für die geplante
Veröffentlichung des Dürerbundes in Frage.

Z 5. Die preisgekrönten Arbeiten gibt der Dürerbund zusammen
mit den angekauften zu einem Vande vereinigt bei der Verlags--
buchhandlung Alexander Köhler in Dresden heraus, welche die Kosten
des Preisausschreibens und der Erwerbungen trägt und dafür das
Verlagseigentum der Veröffentlichung erhält.

8 6. Die Eingänge sind bis zum s. Iuni ML mit dem Ver--
merke „zum zweiten Preisausschreiben" an den „Arbeitsausschuß
des Dürerbundes in Dresden-Blasewitz" zu senden.

Dresden-Blasewitz im März i908
Der Arbeitsausschuß des Dürerbundes
Der Vorsitzende: Ferdinand Avenarius

Aus der Werkstatt des Dichters

1. Die künstlerische Entwertung eines dichterischen Themas

^^-s kommt vor, und sogar häufig vor, daß ein dichterisches Thema
E^um einen Teil seines ursprünglichen Wertes erleichtert werden
^>^muß, um künstlerisch brauchbar zu sein. Das gewöhnlichste, all-
tägliche Beispiel hiervon ist die Entwertung durch Verkleinerung
der Kunstform. Was ursprünglich als Tragödie oder Epos oder
weltumstürzendes Universalwerk gemeint war, will nie gelingen, später
macht man eine Ballade daraus, und sie gelingt. Keinem Dichter
ist es erspart, einige seiner Stoffe nur unter dieser Bedingung, also
unter der Bedingung der Verkleinerung der Kunstform zu retten.

^ Es braucht natürlich schwerer Entsagung und meist langjähriger Brach-
legung des Stoffes, ehe sich einer zu dieser Entwertung versteht.
Aber sie wird belohnt, denn die „Ruinengedichte", wie ich sie nenne,
gelingen immer. Faust ist ein Ruinengedicht, die meisten Novellen
von Conrad Ferdinand Meyer sind Ruinengedichte, nämlich einst
geplante und zusammengebrochene Dramen. Dann die Verkürzung.
Wer ein groß angelegtes Werk schafft, dem ist die Verkürzung die
erste und oberste Aufgabe seiner Tagesordnung. Die dichterische

H Kunstwart XXI, s3 ^
 
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