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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 9 (1. Februarheft 1911)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0258
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bcsonders letztere meine ersten Ver-
suche ebensolcher, von der Natur
losgelöster Linien- und Farben-
sprache vor vierzehn Iahren zeigt,
in den farbigen Hintergründen der
fünf Bewegungsstufen meines
„Walzcrs".

Aber ich will gleich bekennen,
datz die Erfindung derartiger
„freier Linienkunst" nicht aus mir
allein kam, sondern daß einerseits
einige Eindrücke orientalischer Kunst
sowie deren Verbindung mit abend-
ländischer Kunst durch Ian Toorop
und anderseits das Studium okkul-
tistischcr und theosophischer Litera-
tur mich darauf gebracht haben.

Beispicl die Menge ihrer Tränen
sein, k aber etwa der Schwung
ihrer Hoffnung usw. „Adinda
zeichnete Betrübthcit auf ihr Ge-
webe, denn sie hatte Saidjah trau-
rig gesehen", .. das war ihr Ge-
hcimnis und dazu cin Beweis, dasz
sie nicht mehr Kind war". Nach
dem indischen Schönheitsbegriffe
soll eine Malerei nicht nur etwas
Gegenständliches vorstellen, sondern
eine Phantasie sein, verständlich
für den, der den Schlüssel dazu
hat. Lrotzdem zeitigte die morgen-
ländische Kunst einen Stil, der
unsrer Stillosigkeit erst wieder auf-
helfen mußte - ich meiue sogar:

Katharinc Schäfsner, Vffcne Tafel

In betreff der Kunst möchte ich
nur des javanischen Batiks er-
wähnen, wie es in Multatulis
„Max Havclaar" beschrieben ist.
Iavanische Frauen und Mädchen
batiken, das heißt malen frei-
händig eigeutümliche Muster auf
Kleider und Stoffe, wobei jcde
Linie und Farbe Bedeutung hat
und Gefühle ausdrücken soll. Die
Mustcr werden zwar von europäi-
schen Fabriken nachgedruckt, aber
nur arme Leute dort tragen be-
druckte Sarongs, deren Muster
„nichts sagt", uicht „spricht". Die
häßlichstcn Zeichnungen sind oft
die wcrtvollsten für den, der sie
versteht. Wenn eine Adinda für
ihren Saidjah batikt, weiß er, was
jede Linie, jedcs Pünktchcn be-
deutet; die Linie L könnte zum

nicht trotzdem, sondern deshalb.

Aus der theosophischen Literatur
möchte ich der farbig-illustrierten
Mitteilungen von Annie Befant
(„Gedankenformen") und E. W.
Leadbeater („Der sichtbare und der
unsichtbare Mensch") erwähnen.
j Hier wird dargelegt, wie jede
Schwingungsebene der Kraftwir-
kungen auch ihre sichtbareu Erschei-
nungsformen hat und daß es der
Sinn der Bcwußtseinsentwicklung
ist, für jede Wirklichkeit auch
Sinnesorgane zu entwickcln. Et-
was „Unwirkliches" gibt es für
den einsichtigen Menschen über-
^ haupt nicht, und wenn ein Ge-
danke, ein Wille Muskeln und
Berge bewegen (und nicht umge-
kchrt, wie die moderne Dogmatik
erklügelt), so sind sie auch in haus-

(. Fcbruarheft (9((

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