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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 9 (1. Februarheft 1911)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0266
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Nachträgliches zu Miel-
tschin

ie Zeitungen sind nun einiger-
maßen znr Ruhe gekommen —
erinnern wir nns aber jetzt der
Stimmnng, die in all den Lrörte--
rungen über den Prozeß waltete,
worin klang sie znsammen? Em-<
pörung, ja, das war eines, aber
eigentlich nur der Anfang, das
Ende war: Hohn. Spott und Hohn
im Witzblätterstil. Diese Stim--
mung war durch die Verhandlung
gegen Breithaupt und Genossen
auch nicht erst erzeugt, soirdern
nur verstärkt, sie lebte schon lange
im Volk, dank Vorläufern des
Hcrrn Breithaupt vom glcichen
Schlag. „Lieber ins Zucht-- als
insFürsorgehaus!" Vondcrviclen
treuen unsäglich schwierigen und
aufopferungsvollen Arbeit, die
Menschen in anderen derartigen
Anstalten besten Willens auf--
gewendet haben und aufwenden,
weiß das Volk nichts. Es weiß
auch wenig davon, um eine wie
wichtige Sache es sich da handelt.
And doch wäre die Teilnahme der
Sffentlichkcit geradc an diesen Din-
gen dringendst zu wünschen: Pu-
blikum und Behörden brauchen
hier einander, müssen voneinander
lernen und gemeinsam arbeiten.
Von den Behörden aus ist der
Wcg dazu jetzt betreten. Die Be-
hörden erkennen an, daß sich die
Aufgabe auf die bisherige Weise
nicht lösen läßt, mögen sie die
außerhalb der „Fachkreise" stehen-
den „Laien" zur Mitarbeit finden.
Und mögen die Volks-, die
Menschenkenner, die Praktiker im
Publikum mithelfen, daß sich der
„grün^ Tisch" nun einmal in ein
Saatfeld verwandle. Hemmt nicht
die Lösung auch aller solcher
Aufgaben immer wieder die
gleiche Erscheinung: daß sie

als Parteisachen behandelt
werden?

Ein Europäer über die
Japaner

in vorzüglicher Kenner Iapans
schreibt uns:

Unter dem Stichwort „Ein Iapa-
ner über uns" hat der Kunstwart
neulich gezeigt, wie man in Ost-
asien über uns denkt. Vielleicht
interessiert es nun auch die Iapa-
ner, wie ein Europäer aus ver-
trauter Bekanntschaft von ihnen
über diejenigen Dinge denkt, die
ihr Landsmann an uns so sehr
auszusetzen hat — und vielleicht
interessiert das auch einige Euro-
päer.

Ich fürchte, Herr Tamori ist da
etwas in den allgemein mensch-
lichen Fehler verfallen: je weiter
wir uns von der Heimat entfernen,
in um so idealerem Lichte erscheint
sie uns, je mehr wir sie zu ver-
teidigen haben, um so mehr schwin-
den ihre Fehler und Flecken aus
unscrm Bewußtsein.

Sind wirklich die Gegensätze zwi-
schen Armen und Reichen, zwischen
Volk und Gebildeten so gering in
Iapan? Wir wollen gar nicht
an die noch nicht so lange ent-
schwundene Feudalzeit denken, in
der es ja unüberbrückbare Klassen-
unterschiede gab, die Gegenwart
bietet der Gegensätze auch drüben
genug. Die Zahl der Reichen ist
zwar in Iapan noch gering, aber
das Großunternehmertum ist auch
dort in schnellem Wachstum begrif-
fen und in viel stärkerem noch das
Proletariat der modernen Indu-
striestädte. Welches Elend da viel-
fach unter den den Anternehmern
schutzlos ausgelieferten Arbeitern
(Männern, Frauen und Kindernl)
herrscht, darüber vergleiche man
Professor Schachners kürzlich in
der „Internationalen Wochenschrift"

(. Februarheft (M 2(9

3u den Tages-
ereigniffen

Vorn Ansland
 
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